Wichtiger Entscheid fürs Dorf
09.06.2023 Waltenschwil, Region OberfreiamtDer Widerstand ist da
In Waltenschwil soll der Sportplatz Bannegg saniert und ein Kunstrasenfeld gebaut werden
Es ist das Traktandum, das an der «Gmeind» vom 22. Juni wohl am meisten diskutiert wird. Das zeigte sich schon an der ...
Der Widerstand ist da
In Waltenschwil soll der Sportplatz Bannegg saniert und ein Kunstrasenfeld gebaut werden
Es ist das Traktandum, das an der «Gmeind» vom 22. Juni wohl am meisten diskutiert wird. Das zeigte sich schon an der Informationsveranstaltung im Vorfeld.
Annemarie Keusch
Fragen, Bedenken, Skepsis. Gegner des Projekts sprechen von Unverhältnismässigkeit, von Augenwischerei, von einer Anmassung. Andere bezeichnen es als wichtige Investition für die Zukunft eines attraktiven Dorfes. Für 1,2 Millionen Franken soll in Waltenschwil der Sportplatz Bannegg saniert und ein Kunstrasenfeld eingebaut werden. Nach einem Überweisungsantrag an der letzten «Gmeind» kommt diese Variante nun vor die Stimmbürger. Was die Gegner vor allem stört, ist einerseits, dass die Schularealplanung noch nicht abgeschlossen ist. Gemeinderat Pascal Vontobel erwidert: «Bei allen bisherigen Varianten dieser Planung ist der Sportplatz hier.» Und er betonte, dass die Schularealplanung in der zweiten von drei Phasen stecke, in jener der Zustandsanalyse. «Als Nächstes gehen wir die Vereine an, um ihre Bedürfnisse abzuholen», sagt Vontobel.
Dass eines davon mehr Hallenkapazität ist, davon ist auszugehen. «Das wäre auch vorgezogen worden, wenn der Überweisungsantrag nicht gekommen wäre», sagt Gemeinderat Vontobel. Nun hat der Sportplatz Priorität. «Dieser sorgt aber auch für Entspannung in den Hallen», sagt Ammann Simon Zubler. Der Kunstrasen etwa könne das ganze Jahr bespielt werden. Davon überzeugt sind aber nicht alle Stimmbürgerinnen und Stimmbürger.
Viele Fragen am Informationsabend um die Sportplatzsanierung in Waltenschwil
Den Sportplatz Bannegg sanieren, ein kleines Kunstrasenfeld bauen. Diesen Kompromiss haben Gemeinderat und Fussballschule Waltenschwil gefunden und bringen ihn an der «Gmeind» vor. 1,2 Millionen Franken kostet das Projekt und löst einiges an Fragen und Skepsis aus.
Annemarie Keusch
Dass der Sportplatz Bannegg in schlechtem Zustand ist, das ist kein Geheimnis. Auch wenn das Grün für das Auge gesund aussieht, hat es in den 40Jahren seit der letzten Sanierung gelitten. Bünzseitig hat sich das Feld um einen halben Meter gesenkt. Steine und Löcher kommen immer mehr vor. Die Sickerleitungen sind längst nicht mehr so leistungsfähig, dass die Regenmassen abgeführt werden können. Zudem ist das Feld zu schmal, sodass Spiele der D-Junioren nur mit Goodwill seitens des kantonalen Verbandes möglich sind. In gutem Zustand ist hingegen die Fussballschule Waltenschwil, eine Untersektion des FC Wohlen. Sie wächst stetig. 90 Kindern wird in Waltenschwil aktuell das Fussball-ABC beigebracht, ganze 22 stehen auf der Warteliste.
Aufgrund eines angenommenen Überweisungsantrags an der letzten «Gmeind» soll das Sanierungsprojekt nun vorgezogen werden. Die Vorbereitungsarbeit ist getan, in Absprache mit der Fussballschule Waltenschwil hat sich der Gemeinderat für die eine der drei möglichen Varianten entschieden. Jene mit dem grossen Rasenfeld und dem kleinen Kunstrasenfeld. Der zuständige Gemeinderat Pascal Vontobel erläuterte an der Informationsveranstaltung direkt beim Sportplatz die Vorteile: «Das Kunstrasenfeld ist wetterunabhängig. Damit kann die Fussballschule ihre Kapazität erhöhen, gleichzeitig wird mehr Kapazität in den Turnhallen für andere frei, rund acht Stunden wöchentlich.»
Kunstrasen werden immer besser
1,2 Millionen Franken kostet das Projekt, rund 350 000 Franken mehr, als die Sanierung des Platzes und Beibehaltung des Naturrasens auf der ganzen Fläche kosten würde. Vontobel zeigt eine Berechnung, laut der der unverfüllte Kunstrasen pro Nutzungsstunde am günstigsten ist. «Er kann dreimal mehr genutzt werden als ein Naturrasenplatz und lebt 20 Jahre lang», erklärt er.
Es sind viele Fragen, die an diesem Abend gestellt werden. Warum nicht das grosse Feld mit Kunstrasen ausgestattet werde? «Weil damit der Zaun, der ein solches Feld umgeben muss, in Richtung Buneggli gebaut werden müsste. Das geht nicht», sagt Vontobel. Warum der Kunstrasen denn eingezäunt werden müsse? «Damit niemand mit dem Velo oder dreckigen Schuhen auf den Rasen geht. So ginge er schneller kaputt. Das wird überall so gehandhabt», erklärt Andy Wyder, der beim FC Wohlen und beim FC Muri Kunstrasenprojekte begleitet hat. Er betont, dass Kunstrasen – im Waltenschwiler Projekt ein unverfüllter – in den letzten Jahren massive Fortschritte gemacht hätten: geringere Verletzungsgefahr, höhere Umweltverträglichkeit, längere Lebensdauer. Ein anderer Anwohner wollte wissen, wie die Fussballschule in die Zukunft blicke, ob es diese in zehn Jahren überhaupt noch gebe. Co-Leiter Michael Zehn verdeutlichte: «Seit Jahren ist es Saison für Saison nicht einfach, genug Trainer zu finden, aber wir bemühen uns. An den Kindern, die bei uns Fussball spielen wollen, mangelt es sicher nicht.»
Diverse Appelle an die Vernunft
Es sind aber auch kritische Fragen, die kommen. Etwa, warum nicht der FC Wohlen dieses Projekt finanziere, ist die Fussballschule Waltenschwil doch eine Untersektion des Vereins. Präsident Mike von Wyl betonte: «Wir zählen total 670 Mitglieder. Ich bin sicher, da wird einiges möglich sein.» Konkret sei nichts, Ideen aber vorhanden, ein Tausender-Club etwa. Dass der FC Wohlen der Nutzniesser sei, das wollte er nicht gelten lassen. «Wir unterstützen die Fussballschule, sind im regen Austausch.» Und auch Michael Zehn sagte, dass die Kinder nach den maximal sechs Jahren an der Fussballschule als Jugendliche beim FC Wohlen weiter ausgebildet würden. «Zudem nutzenwir Waltenschwiler allgemein in Wohlen so manche sportliche Infrastruktur, die wir nicht mitfinanziert haben.»
Vernunft, es war das an diesem Abend wohl meist ausgesprochene Wort. Die einen appellierten an die Vernunft, «ein solch völlig überrissenes» Projekt nicht anzunehmen. Andere störten sich daran, dass die Fussballschule jetzt von Vernunft spreche, aber auch bei Regen den Platz bespiele, ihn für andere Nutzer dann aber wieder sperre. Und um Vernunft ging es auch bezüglich Reglement für die Nutzung des Platzes – in jetzigem Ausbau, aber auch im künftigen. «Es gilt Fahrverbot, aber daran hält sich niemand. Auch nicht die Eltern, die ihre Kinder zum Fussballtraining fahren», sagt ein Anwohner. Zudem gebe es regelmässig private Festivitäten auf dem Gelände. «Es muss klar sein, wer das kontrolliert.» Mangelnde Vernunft machen aber auch Trainer der Fussballschule geltend und erzählen, dass sie teilweise mit den Junioren vor dem Training die Felder ablaufen, um Hundekot aufzusammeln.
Andere sollen Kunstrasen auch mitnutzen
Es sind kritische Stimmen, die sich zu Wort melden, gar von Anmassung sprechen oder davon, sich nicht vom Fussballverband zwingen zu lassen. «Die Fussballschule trainiert so oft, es bleibt auch in Zukunft kaum Platz für andere Vereine oder Private», meinte jemand. Dass der Platz durchandere Vereine oder die Schule genutzt werde – künftig auch der geplante Kunstrasenplatz –, das sei durchaus gewünscht, betont Michael Zehn. «Dieses Projekt nur für den Fussball zu realisieren, das wäre nicht sinnvoll», sagt Zehn.
870 000 Franken. So viel kostet die Sanierung des Sportplatzes, auch wenn kein Kunstrasenfeld gebaut wird. «Eigentlich diskutieren wir über 350 000 Franken», meinte eine Einwohnerin. «Bei einer Sportart, die alle Kinder ausüben können, egal welche sozialen Hintergründe sie haben. Einer Sportart, die beste Integrationsarbeit leistet, auch hier in Waltenschwil. Das Dorf wächst, also müssen wir auch die Infrastruktur à jour bringen.» Auf ihre Worte folgte Applaus. Zumindest von einem Teil der rund 40 Anwesenden. An der «Gmeind» dürften es viel mehr sein. So hofft es auch Gemeinderat Pascal Vontobel. «Dort entscheiden wir, welches Waltenschwil wir sein wollen, ob ein standortattraktives mit einer lebendigen Fussballschule. Es ist ein wichtiger Entscheid für die Zukunft des Dorfes.» Und für die Zukunft der Fussballschule wohl auch.
Frühestens im Frühling 2024 wäre der Baustart möglich. «Realistisch ist es im Frühling 2025», sagt Vontobel. Er rechnet mit rund sechs Monaten Bauzeit.