Zwängerei oder Flickerei?
07.06.2024 Auw, Region OberfreiamtZustimmung im zweiten Anlauf
Die Einwohnergemeindeversammlung in Auw befasste sich einmal mehr mit der Kantonsstrasse von Rüstenschwil gen Mühlau. Vor zwei Jahren hatte man den Ausbauplänen des Kantons noch eine Abfuhr erteilt. Die Rüstenschwiler ...
Zustimmung im zweiten Anlauf
Die Einwohnergemeindeversammlung in Auw befasste sich einmal mehr mit der Kantonsstrasse von Rüstenschwil gen Mühlau. Vor zwei Jahren hatte man den Ausbauplänen des Kantons noch eine Abfuhr erteilt. Die Rüstenschwiler stören sich insbesondere daran, dass eine breitere Strasse künftig auch mehr Schwerverkehr anziehen dürfte. Zudem wird die Notwendigkeit von Trottoir und Strassenbeleuchtung infrage gestellt. Dagegen argumentierte der Gemeinderat mit einer Verbesserung der Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer – und insbesondere für die Fussgänger.
Auch wenn vor allem einige Rüstenschwiler den Kreditantrag über 340 000 Franken gerne nochmals bachab geschickt hätten, resultierte diesmal nach längerer Diskussion ein zögerliches Ja. --tst
Eine Strassensanierung polarisierte an der «Gmeind» in Auw – nicht zum ersten Mal
Es ist das Traktandum sechs, welches die Leute an die Gemeindeversammlung gelockt hat. Es geht um einen Kreditantrag über 340 000 Franken für die Kantonsstrasse zwischen Rüstenschwil und Mühlau.
Thomas Stöckli
«Jetzt ist der Zeitpunkt, einen Entscheid herbeizuführen – und den dann auch so zu belassen», sagt Frau Gemeindeammann Marlis Villiger. Es ist mucksmäuschenstill im Mehrzweckgebäude, als sie die Abstimmungsfrage stellt. Die Gemeindeversammlung dauert nun schon 74 Minuten. Einen grossen Teil davon hat die Diskussion eingenommen zur geplanten Sanierung und Verbreiterung der Kantonsstrasse K 350 Rüstenschwil–Mühlau. Eine Diskussion, die sich hauptsächlich ums Trottoir und um die Beleuchtung drehte. Für manche ist beides unnötig – die Rede ist von fünf Personen pro Woche, welche dort zu Fuss unterwegs seien –, andere hätten sich die Fussverbindung auf der anderen, der südlichen Strassenseite gewünscht, als «Pufferzone» zu den eigenen Grundstücken. Der Kanton beharrt allerdings auf der Nord-Variante, vor allem wegen der Erschliessung der Wohnquartiere.
Verbreiterung kommt ausserorts sowieso
Dass der Kanton auf ihre Änderungsvorschläge gar nicht eingegangen sei, rügten verschiedene Rüstenschwiler. Entsprechend sahen sie nur einen gangbaren Weg und empfahlen der Versammlung, mit Nein zu stimmen. Andere Votantinnen und Votanten unterstützten dies, sprachen von «Zwängerei» des Kantons, appellierten an die Versammlung, die Rüstenschwiler in ihrem Anliegen zu unterstützen. «Sie sind es, die den Mehrverkehr haben.» Mehrverkehr, den die Rüstenschwiler durch die Verbreiterung der Strasse erwarten.
Kaum Einfluss hat die Gemeinde auf den Ausserortsbereich. Der liegt in der Hoheit des Kantons. Und der wird die Fahrbahn in jedem Fall auf 5,5 Meter verbreitern. «Wenn wir da hätten mitreden wollen, hätten wir die Strasse als Gemeindestrasse übernehmen müssen», führte Gemeinderat Christoph Villiger aus. Da dies nicht geschah, müsse man nun mit den Plänen des Kantons leben. Und der richte sich nach seinen Ausbaustandards. Ziel der Verbreiterung sei eine Erhöhung der Verkehrssicherheit, hielt der Tiefbauvorstand fest. Und das gelte insbesondere für die Fussgänger.
Keine neuen Argumente
Vor zwei Jahren hat Auw das Strassenprojekt bereits einmal abgelehnt. Mühlau, wo die Gemeindeversammlung ihren Kostenanteil gleichzeitig genehmigt hat, wartet seither auf die Umsetzung. Dass nun die Vorlage praktisch unverändert nochmals komme, daran stören sich manche im Saal. Ein erneutes Nein aus Auw würde das Projekt allerdings nicht mehr weiter aufhalten, stellte Christoph Villiger klar. In dem Fall würden die Strassenarbeiten einfach bis an den Innerortsbereich heran ausgeführt. Im Ortsteil Rüstenschwil entstünde so ein Flickwerk, das für den Steuerzahler ebenfalls Kosten verursache.
Nach intensiv geführter Diskussion, wobei allerdings im Vergleich zu den Anfang Jahr durchgeführten Informationsveranstaltungen keine neue Argumente ins Feld geführt wurden, dürfen die Stimmenzähler endlich zur Tat schreiten. Mit 56 Ja- zu 34 Nein-Stimmen, bei 27 Enthaltungen, heisst die «Gmeind» den Kreditantrag über 340 000 Franken gut.
Steuern auf Vorrat?
Der Strassenkredit war das einzige Traktandum, das polarisiert hat. Alle anderen Geschäfte wurden deutlich bis einstimmig angenommen. Auch die Rechnung, die mit einem Aufwand von 7,44 Millionen und einem Ertrag von 7,86 Millionen mit einem operativen Ergebnis von rund 448 000 Franken abschliesst. Ein ausserordentlicher Ertrag aus der Auswertungsreserve lässt das Plus gar noch auf 653 000 Franken ansteigen. «Deutlich besser als budgetiert», ordnete Gemeinderätin Claudia Huwiler ein.
Genau das wurde dem Gemeinderat allerdings auch vorgeworfen: Über eine Million Unterschied zwischen Budget und Rechnung, das sei zu viel, rügte ein Votant und forderte eine Steuersenkung: «Mit einem Steuerfuss von 95 Prozent wären wir auch durchgekommen.»
Claudia Huwiler rief in Erinnerung, dass man schon auf dieses Jahr hin um zwei Prozentpunkte reduziert habe. Weiter stehen mittelfristig, also bis 2027, Investitionen von 4,25 Millionen Franken an. Darunter 1,6 Millionen für Strassenprojekte, 1,2 Millionen für Flurwege im Rahmen der periodischen Wiederinstandstellung der landwirtschaftlichen Infrastruktur (PWI) sowie eine Million für den Erwerb einer Liegenschaft. Raum sei gefragt für die Schule ebenso wie für die Unterbringung von Asylsuchenden, so Huwiler.
«Wir werden den Steuerfuss im kommenden Budgetprozess wieder anschauen», stellte die Finanzvorsteherin in Aussicht, betonte aber auch, dass der Gemeinderat Stabilität anstrebe und nicht kurzfristige Senkungen, die dann wieder nach oben korrigiert werden müssen.
Acht neue Auwer willkommen geheissen
Mit grossem Mehr sicherte die Versammlung dann noch acht Personen das Gemeindebürgerrecht zu. Gemeinderat Erich Leu stellte die Bewerberinnen und Bewerber mit deren eigenen Worten vor. «Das ist der Ort, an dem wir den Rest unseres Lebens bleiben wollen», sagt etwa eine Mutter, die sich um die Einbürgerung von ihrem Sohn und sich selber bemüht hat. Und: «Wir wollen aktiv an der Gesellschaft teilhaben.» Mit Blumen und einem warmem Applaus wurden die Neu-Auwer willkommen geheissen.
Mit Applaus wurde auch der Gemeinderat bedacht, als Marlis Villiger die Versammlung nach knapp zwei Stunden formell schloss und mit dem Dank für die aktive Teilnahme sowie das entgegengebrachte Vertrauen zum Apéro überleitete. Dieser wurde denn auch von fast allen der Anwesenden noch frequentiert.
Die Beschlüsse
Von 1372 Stimmberechtigten nahmen deren 117 an der Einwohnergemeindeversammlung teil. Ohne Gegenstimme sagten sie Ja zum Protokoll, zur Rechnung, zum Rechenschaftsbericht, zum angepassten Gemeindevertrag bezüglich Regionalpolizei, zum Kreditantrag von 540 000 Franken für den Generellen Entwässerungsplan, Generation 2, sowie zu acht Einbürgerungen. Der Kredit über 340 000 Franken für die Sanierung und Verbreiterung der Kantonsstrasse K 350 wurde ebenfalls genehmigt. Alle Beschlüsse ausser den Einbürgerungen unterliegen dem fakultativen Referendum.