200 Jahre Sport und Gemeinschaft
05.09.2025 Sport, Region Oberfreiamt, Vereine, SchiessenDie Schützengesellschaft Boswil empfängt zum Jubiläums- und Freiämterschiessen
50 Jahre sind schon ein Grund zu feiern. 100 Jahre noch mehr. Die Schützengesellschaft Boswil blickt bereits auf eine 200-jährige Geschichte zurück. An den ...
Die Schützengesellschaft Boswil empfängt zum Jubiläums- und Freiämterschiessen
50 Jahre sind schon ein Grund zu feiern. 100 Jahre noch mehr. Die Schützengesellschaft Boswil blickt bereits auf eine 200-jährige Geschichte zurück. An den kommenden beiden Wochenenden kommt mit der Jubiläumsfeier ein weiteres Kapitel dazu.
Thomas Stöckli
200 Jahre – als «irgendwie unvorstellbar» bezeichnet Präsidentin Annemarie Keusch die Tradition, auf die ihre Schützengesellschaft Boswil aufbaut. Dabei geht die Schützengeschichte noch weiter zurück. Vor 200 Jahren wurde eigentlich «nur» die schon länger existierende Gesellschaft in eine Vereinsstruktur eingebettet. «Unvorstellbar, wie viele Menschen sich im Verlaufe dieser langen Reise für den Verein eingesetzt haben», findet die heutige Präsidentin und nennt ihre Amtsvorgänger, aber auch Kassiers und Aktuare, Stubenwarte und Jungschützenleiter sowie ganz viele weitere Freiwillige, die bei Umbauten und Anlässen mit angepackt haben.
Über 500 Schützinnen und Schützen aus nah und fern
Anzupacken gilt es für die Schützinnen und Schützen auch dieses und nächstes Wochenende. Am Jubiläumsschiessen und am 4. Freiämterschiessen wird jeweils am Freitagabend und den ganzen Samstag ordentlich Betrieb herrschen. «Wir sind zuversichtlich, über 500 Schützinnen und Schützen aus nah und fern begrüssen zu dürfen», sagt Annemarie Keusch. Und am Freitag, 12. September, schliesst sich an den Schiessbetrieb ab 16 Uhr das öffentliche Feierabendbier mit Barbetrieb an. Für Unterhaltung sorgen dabei die Moräne-Örgeler aus Menzingen. «Dabei wollen wir unseren Geburtstag mit der Bevölkerung ausgiebig feiern», sagt die Präsidentin.
In der Vereinsgeschichte ging es nicht immer so friedlich-feierlich zu und her, wie in der Vereinschronik nachzulesen ist: Im Rahmen der aargauischen Kulturkampfperiode wollten demnach einige Schützen von Boswil die drohende Klosteraufhebung verhindern und seien bewaffnet mit gleichgesinnten Freiämtern gegen die Regierungstruppen von Aarau gezogen. Die Revolte scheiterte allerdings und einige der Aufrührer kamen vor Gericht, etwa der Gemeinderat Joseph Plazit Mäder, der beschuldigt wurde, beim Eisenwarenhändler Abt in Bünzen 40 Pfund Blei gekauft zu haben, um daraus Kugeln zu giessen.
Weiter hält die Chronik fest, dass früher nach der Generalversammlung und dem gemeinsamen Essen im «Sternen» noch getanzt wurde. Über die Jubiläumsfeierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen schrieb der damalige Aktuar im Jahr 1875: «Unter den schmetternden Tönen eines schönen Marsches zogen wir auf den Schützenplatz, welcher bei den Hohmoosäckern unterhalb der Landstrasse ausgewählt war. Es wurde diesen Tag sehr viel geschossen.»
Flobertgewehre im Weltkrieg
1905 wurde das alte Boswiler Schützenhaus gebaut – für 1037 Franken und 40 Rappen, wie genau festgehalten ist. Ein Scheibenbild sowie ein Aargauer und ein Boswiler Wappen zierten ursprünglich die Fassade. Später erhielten die Fensterläden einen kunstvollen Anstrich in den Freiämter Farben. Und natürlich blieb die Schützengesellschaft auch von den Wirren rund um die beiden Weltkriege nicht verschont: Da 1943 infolge des Krieges keine Ordonnanzmunition zur Verfügung stand, musste etwa das Chilbischiessen mit Flobertgewehren durchgeführt werden.
Im Rahmen der Aufbruchstimmung nach dem Krieg wurden 1946 das Schützenhaus und der Scheibenstand elektrifiziert. In den 80er-Jahren folgt der Schützenhaus-Neubau – nach langen Diskussionen über die Anzahl Scheiben und die künftigen Besitzverhältnisse der Parzelle. Aus der jüngeren Vergangenheit bleibt das 175-Jahr-Jubiläum in Erinnerung. Knapp 1100 Schützen nahmen daran im Jahr 2000 teil, das Vorwort für die Jubiläumsbroschüre verfasste Bundesrat Adolf Ogi. Zum kantonalen Kick-off-Event des Feldschiessens 2014 gab sich Prominenz aus Politik und Militär in Boswil die Ehre. Das Jahr 2023 stand dann ganz im Zeichen des letzten Schützenhaus-Umbaus. Mit viel Fronarbeit und finanzieller Unterstützung der Ortsbürger- und Einwohnergemeinde gelang es, die Umbauarbeiten zu stemmen. Nicht der einzige «Hoselupf» des Jahres: Im Rahmen des Aargauer Kantonalschützenfests, das im Bezirk Muri stattfand, haben die Boswiler an zehn Schiesstagen Schützinnen und Schützen aus der gesamten Schweiz empfangen.
Miteinander – über alle Generationen hinweg
Natürlich sind die 200 Jahre Schützengesellschaft Boswil auch geprägt von unzähligen Höchstresultaten: Medaillen in der Bezirksmeisterschaft, an Kantonalfinals und Teilnahmen an nationalen Wettkämpfen. Stärker als diese ist es allerdings das Miteinander, was den Traditionsverein ausmacht. «Der heutigen Generation Schützinnen und Schützen unter dem Präsidium von Annemarie Keusch gebührt Dank und Anerkennung, einem in der heutigen Zeit gern kritisierten Sport ihre Treue zu geben und so das 1825 gegründete Vereinsleben noch viele Jahre in die Zukunft zu tragen», wird Michael Weber, Gemeindeammann Boswil, in der Festschrift zitiert. Und Stefan Strebel, Technischer Leiter des Eidgenössischen Schwingerverbands, spricht von einem «beeindruckenden Beispiel dafür, wie Traditionen über zweihundert Jahre hinweg lebendig bleiben können».
Bei allem Stolz auf die bewegte Vergangenheit und die langjährige Tradition wird sich der Verein auch in Zukunft beweisen müssen: «Es sollen noch möglichst viele Jahre mehr werden», hält Annemarie Keusch fest und hofft auch künftig auf tolle Resultate und Erfolge, dass sich weiterhin viele initiative Leute engagieren und den Verein in die Zukunft führen. Und das Wichtigste: «Dass wir ein Verein bleiben, in dem Freundschaft gelebt wird, in dem man einander unterstützt und hilft – quer über die Generationen hinweg.»
Öffentliches Feierabendbier mit Livemusik der Moräne-Örgeler und Barbetrieb am Freitag, 12. September, ab 16 Uhr.