Heidi Ehrensperger, Bremgarten.
Noch Licht im Haus
In Märchen gibt es manchmal die Situation, dass jemand verzweifelt im dunklen Wald herumirrt, ohne GPS selbstverständlich, und dann endlich ...
Heidi Ehrensperger, Bremgarten.
Noch Licht im Haus
In Märchen gibt es manchmal die Situation, dass jemand verzweifelt im dunklen Wald herumirrt, ohne GPS selbstverständlich, und dann endlich ein Häuschen findet, in dem noch Licht ist. Das gibt Hoffnung und verspricht Trost. Oft ist es aber das Räuberhaus, in dem gar nicht vertrauenerweckende Gestalten hausen.
Wenn ich jetzt im Erwachsenenalter noch Licht im Haus sehe – bei Nachbarn in der Altstadt zum Beispiel – dann ist das hie und da der Anfang eines kleinen Schwatzes am offenen Fenster. Oder jemand hat bei mir noch Licht gesehen und kommt spontan vorbei. Das waren schon oft lustige Besuche, bei denen mit Improvisation etwas Essbares auf den Tisch kam.
So kann es sein, dass jemand einfach eine halbe Stunde an der Wärme verbringen möchte – um die Zeit zwischen zwei Terminen zu überbrücken, oder auf einen Espresso vorbeikommt. Einmal läutete eine Kollegin recht spät bei uns – sie sah noch Licht im Haus – und sie fragte um ein Gastbett für eine Nacht. Wir erahnten Kummer und fragten gar nicht, sondern bezogen das Bett für sie.
Noch Licht im Haus bedeutet für mich im übertragenen Sinn, dass bei jemandem noch Leben und Leidenschaft für eine Sache da ist. Auch im fortgeschrittenen Alter. So arbeitet mein Schulkollege F. nach seiner Pensionierung noch tageweise in seiner ehemaligen Firma, einfach weil er das gern macht. Oder all die ehrenamtlich Tätigen im Theater, im Altersheim, beim Christchindli-Märt – wie käme unsere Gesellschaft ohne sie aus?
«Noch Licht im Haus» ist auch der Titel des neusten Buches von Klaus Merz. Er ist ein Meister der präzisen Sprache, die mit wenig Worten auskommt. Seine Gedichte und Geschichten sind zeitlos und wecken bei den Leserinnen und Lesern eigene Bilder. Beispielsweise «Jakob schläft» ist ein Buch, das ich immer wieder gerne lese.
«I ha no Liecht gseh bi der, und do hani tänkt, i chönnt rasch lüüte …» – das sind auch in digitalen Zeiten hübsche analoge Gepflogenheiten, die nicht einfach von «vorfern» sind, sondern Zeichen von Leben und Verbundenheit. Allerdings haben auch die Wohnformen Einfluss auf solch spontane Ideen. Sponti-Taten dieser Art sind in der Altstadt, in der man zu Fuss geht, leichter umzusetzen.