AUS DEM GROSSEN RAT
08.03.2024 Kolumne, Grosser Rat, Region OberfreiamtRalf Bucher, Die Mitte, Mühlau.
Was ist Kulturland wert?
Nach mehrwöchiger Pause traf sich der Grosse Rat am letzten Dienstag zu verschiedenen Geschäften. Aufgrund sehr vieler ...
Ralf Bucher, Die Mitte, Mühlau.
Was ist Kulturland wert?
Nach mehrwöchiger Pause traf sich der Grosse Rat am letzten Dienstag zu verschiedenen Geschäften. Aufgrund sehr vieler Anträge aus den Kommissionen betreffend das Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege wurde diesem Geschäft viel Zeit eingeräumt.
Der Grosse Rat hat dann aber entschieden, gar nicht darauf einzutreten, es also nicht zu behandeln. Das führte dazu, dass die Sitzung bereits früher fertig war. Weshalb? Der Mehrwert einer Revision dieses komplexen Gesetzes war aus Sicht der Mehrheit nicht gegeben, zumal ein grosses Reformprojekt namens «Justitia 4.0» auf Bundesebene mit entsprechenden Auswirkungen auf den Kanton abgewartet werden sollte.
Das teuerste Geschäft war der Entscheid über zwei neue Mittelschulen. Aufgrund der aktuell hohen Auslastung der bestehenden sechs Kantonsschulen, die im Durchschnitt 112 Prozent aufzeigt, ist der Handlungsbedarf gross, zumal mit einer weiteren hohen Zunahme der Schülerzahlen gerechnet wird. Die Standorte in Lenzburg und in Windisch erfüllen dabei die Voraussetzungen für einen Neubau einer Mittelschule. Der Grosse Rat stimmte der Aufnahme der beiden Standorte im Schulgesetz und im kantonalen Richtplan zu.
Ein für mich relevantes Geschäft war die Höhe der Entschädigung von Kulturland bei kantonalen Vorhaben. Ich habe im Jahr 2020 mit einer Motion eine Angleichung an das Bundesrecht verlangt. Der Bund bezahlt den dreifachen Wert des Kulturlandes, wenn er dieses für seine Bauten wie etwa Autobahnen oder Schienen braucht und damit ein Enteignungsrecht besteht.
Der Regierungsrat schlug den zweifachen Wert vor, da er rechtliche Bedenken hatte. Da aber auch andere Kantone eine Angleichung an das Bundesrecht planen oder bereits beschlossen haben und diverse rechtliche Gutachten die Rechtmässigkeit bestätigen, beschloss der Grosse Rat analog zum Bund und etwa dem Kanton Luzern die dreifache Entschädigung.
Damit sollte zukünftig im Aargau Kulturland etwa für Strassenbauten nicht mehr nur zu rund 10 Franken entschädigt werden, sondern zu rund 30 Franken. Ob dies zu einem haushälterischen Umgang führt, bleibt zu hoffen. Damit ist die Entschädigung immer noch massiv tiefer als im Baugebiet und wird auch den Bau von Projekten nicht nachhaltig verteuern.
In verschiedenen Voten teilten vor allem Vertretende der FDP gegen die Bauern aus, die sich angeblich bereichern wollen. Die Voten zeigten dabei eine Geringschätzung gegenüber den Bauernfamilien und stellten diese als Abzocker hin. Dabei ging wohl vergessen, dass viel Kulturland gar nicht den Bauern gehört, sondern sie es nur bewirtschaften. Und ich kenne keinen Bauernbetrieb, der seine Lebensgrundlage für eine Strasse hergeben will.
Bleibt also zu hoffen, dass diese neue Regelung nur sehr selten zur Anwendung kommt. Zuerst muss das Gesetz aber noch die zweite Beratung überstehen, bevor es dann endgültig beschlossen wird.