Carmen Bärtschi, Zürich, vormals Bremgarten und Wohlen.
Auf dem Holzweg
Laut meiner Shiatsu-Therapeutin ist bei mir das Element Holz stark ausgeprägt. Holztypen brauchen viel Freiraum und Bewegung ...
Carmen Bärtschi, Zürich, vormals Bremgarten und Wohlen.
Auf dem Holzweg
Laut meiner Shiatsu-Therapeutin ist bei mir das Element Holz stark ausgeprägt. Holztypen brauchen viel Freiraum und Bewegung an der frischen Luft, im Wald oder Wasser. In einem Bürojob eingesperrt, verkümmern sie. Dann sind sie auf ihrem Holzweg sprich auf Irrwegen. Da mein Weg andererseits genau der des Holzes ist, frage ich mich, woher denn die Redewendung «Auf dem Holzweg sein» kommt.
Anscheinend stammt diese von Holzfällern, die Bäume mit dem Pferd ins Dorf geschleppt haben. Dabei entstanden Schleifspuren, die wie Wege aussehen konnten. Sogenannte Holzwege. Befindet man sich auf einem Holzweg, führt dieser nicht zu einem bestimmten Ort, sondern irgendwo hin bzw. direkt in den tiefen Wald.
«Wie wäre es wohl, auf Holzwegen zu wandern?» frage ich mich. Als aktiver und naturverbundener Holztyp zieht mich die Idee sehr an, abseits von einem ausgelatschten Weg zu gehen. Sprich kein vorher festgelegtes Ziel erreichen zu wollen, sondern wechselnden Rufen zu folgen. Zu entdecken und entdeckt zu werden. Ziellos bedeutet hier keinesfalls zwecklos. Der Zweck besteht darin, sich als Mensch im Hier und Jetzt zu erfahren. Den Waldboden mit seinen Käfern und unterirdischem Pilzgeflecht zu erfassen, das Rascheln des Windes in den Bäumen, die Vögel und Eichhörnchen in den Baumwipfeln, die uns beobachten.
Astrid Kreszmeier, die Begründerin des naturdialogischen Ansatzes, spricht in diesem Zusammenhang von Sympoiesis. Einem Verwobensein und gleichzeitigen Mitweben im grossen Weltgeschehen. Beim ziellosen Streunen könne man wieder bewusst erleben, in welchem grossen Lebensgefüge man sich befinde. Jedoch nur wenn man sich hierfür auch Zeit nehme, um seine Umgebung neugierig wahrzunehmen. Leider renne ich selbst oft von einem Termin zum nächsten oder ich schmiede Pläne für die Zukunft. Manchmal sinniere ich auch über Vergangenes nach oder verbringe unnütze Zeit am Bildschirm. Und verpasse somit den jetzigen Moment. Da wo ich gerade bin. Das Leben um mich herum. Daher plädiere ich dafür, dass wir öfter den Holzweg wählen statt den direkten Weg. Beim ziellosen Streunen können wir bei uns im Hier und Jetzt landen und uns als Teil eines Lebensnetzes wahrnehmen.