Geschichte geschrieben
08.04.2025 Sport, SchwingenSchwinger-Legende Urs Meyer aus Villmergen
Er wurde 1972 in La Chaux-de-Fonds der erste Eidgenosse des Schwingklubs Freiamt: Urs Meyer aus Villmergen. Dazu gewann der heute 82-Jährige in den Jahren 1968 und 1969 auch am Guggibad-Schwinget. An jenem Ort wird am Sonntag erneut ...
Schwinger-Legende Urs Meyer aus Villmergen
Er wurde 1972 in La Chaux-de-Fonds der erste Eidgenosse des Schwingklubs Freiamt: Urs Meyer aus Villmergen. Dazu gewann der heute 82-Jährige in den Jahren 1968 und 1969 auch am Guggibad-Schwinget. An jenem Ort wird am Sonntag erneut das Freiämter Heimfest stattfinden. Der SK Freiamt – der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiert – war für ihn «stets eine Heimat», wie Meyer sagt. Er erzählt von einem einschneidenden Kampf 1972 gegen David Roschi, der später Schwingerkönig wurde. --spr
Der erste Freiämter Eidgenosse
Schwingen: Der Villmerger Urs Meyer war der erste Eidgenosse des SK Freiamt – und siegte doppelt am Guggibad-Schwinget
Urs Meyer siegte zwei Mal am Guggibad-Schwinget, holte 24 Kränze und wurde 1972 der erste Eidgenosse des Schwingklubs Freiamt. Der Villmerger ist heute 82 Jahre alt und erinnert sich an frühere Zeiten und einen Moment in seiner Karriere, der alles hätte ändern können.
Stefan Sprenger
«Nicht mehr der Jüngste» sei er, wie Urs Meyer mit einem süffisanten Lächeln erzählt. Er hat mit dem Rücken Probleme, 2022 hatte er Prostatakrebs und noch weitere körperliche «Baustellen», wie man sie mit 82 Jahren eben so hat. «Aber im Grossen und Ganzen», meint er, «geht es mir einigermassen ordentlich.»
Geboren wurde er 1942. Seine Familie war gross, sehr gross. «Ich war eines von 13 Kindern», sagt er. Als er an einem sonnigen Sonntag – es war wohl irgendwann Anfang der 1960er-Jahre – auf dem Eichberg in Seengen mit der Familie spazieren geht, läuft er per Zufall an ein Schwingfest. «Ich war sofort fasziniert.» Mit 19 Jahren tritt er dem Schwingklub Freiamt bei. 1965 holt er seinen ersten Kranz – ausgerechnet am Nordwestschweizerischen Schwingfest in Bremgarten. «Damals war ich ein Sprössling, und kaum jemand hat damit gerechnet, dass ich so weit vorne klassiert sein werde.» Es war Rang 6d am Ende.
Doppelsieg am Guggibad in den Jahren 1968 und 1969
1,84 m gross, rund 100 kg schwer: Urs Meyer lehrte fortan seinen Gegnern das Fürchten. Am Nordwestschweizerischen 1968 landet er beispielsweise auf dem 2. Rang, gewinnt das Niklausschwinget – und für ihn sehr besonders – er gewann zwei Mal das Guggibad-Schwinget. Das war 1968 und 1969. «Bei einem Heimspiel zu gewinnen, ist immer ein bisschen speziell», meint er. Bis vor wenigen Jahren war er eigentlich immer am Guggibad-Schwinget als Zuschauer dabei. «Mittlerweile kann ich aber nicht mehr den ganzen Tag sitzen», sagt er. Am diesjährigen Guggibad-Schwinget wird er wohl «kurz reinschauen, wenn es geht».
Am kommenden Sonntag ist eine besondere Ausgabe des Guggibad-Schwingets. Denn in diesem Jahr feiert der Schwingklub Freiamt seinen 100. Geburtstag, und auch das Heimfest wird ein wenig feierlicher und üppiger sein. «Der Schwingklub Freiamt ist ein toller Verein. Ich durfte in all den Jahren sehr viele schöne Stunden und beste Kameradschaft im Klub geniessen», sagt Meyer, dessen Enkelsohn Levin Meyer (12) ebenfalls Mitglied des SK Freiamt ist.
Nach dem ersten Tag war er auf dem 1. Rang
Urs Meyer schrieb eine besondere Geschichte in der 100-jährigen Klubgeschichte. Denn er wurde 1972 der erste Eidgenosse des Schwingklubs Freiamt. In La Chaux-de-Fonds – am Eidgenössischen Schwingfest mit 22 000 Zuschauern – holte er sich vier Siege in den ersten vier Kämpfen und lag nach dem ersten Tag auf dem 1. Rang (mit 39.25 Punkten). «Ich war ein wenig auf mich alleine gestellt», wie er erklärt. «Die Betreuung war damals eine ganz andere als heute.» Vor allem im mentalen Bereich hätte er wohl etwas Hilfe benötigt. Doch es hiess nur: «Du wirst am zweiten Tag nach hinten durchgereicht.»
Am Sonntag startet er mit der ersten Niederlage, reagiert danach aber wieder mit einem Sieg – und war nach wie vor voll im Rennen. Dann kommt es im siebten Gang zum Duell mit David Roschi. Roschi sollte an diesem Tag Schwingerkönig werden. Im Duell mit dem Freiämter Urs Meyer hat der Berner aber viel Mühe. Mit einem Kniekehlengriff bringt Meyer ihn an den Rand einer Niederlage. «Ich weiss bis heute nicht, wie er sich befreien konnte.» Dann siegt am Ende doch David Roschi und der Villmerger fragt sich bis heute: «Was wäre gewesen, wenn ich diesen Kampf gewonnen hätte? Gut möglich, dass ich an seiner Stelle Schwingerkönig geworden wäre.»
Viel Lob und Anerkennung
Urs Meyer verliert auch den letzten Gang – und klassiert sich auf dem 8. Rang. Er holt sich den eidgenössischen Kranz. In dieser Zeitung hiess es damals: «Wenn man noch bedenkt, dass die starken Berner als Verbandskollegen nicht gegeneinander anzutreten hatten, so gewinnt die Leistung Urs Meyers noch an Gewicht. Wir halten es hier stolz fest: Das Resultat unseres Mitbürgers ist die bedeutendste sportliche Leistung eines Villmergers in den letzten 20 Jahren.» Der Kranz wurde zwei Wochen später auf dem Hof in Villmergen gefeiert. Meyer sagt heute: «Jene Zeit war richtig toll, dieser Kranz ein absolutes Highlight.»
«In die Ewigkeit»
Als er wenig später den elterlichen Hof in Villmergen übernimmt, hatte der Schwingsport nicht mehr oberste Priorität, «es lag nicht mehr drin», wie er sagt – und er gab kurz nach dem Kranzgewinn am Eidgenössischen seinen Rücktritt. Damals war Meyer 30 Jahre alt. Er amtete noch im Vorstand des SK Freiamt und als Kampfrichter. Das heutige Ehrenmitglied des Schwingklubs Freiamt wünscht sich, dass der Verein so weitergeführt wird wie bis anhin. «Damit noch viele Menschen Freude am Sport und der Kameradschaft haben.» So wie er vor einem halben Jahrhundert.
Urs Meyer lebt heute aufgrund seiner körperlichen Beschwerden in Dintikon bei einer Freundin namens Ruth Gloor. Sie schaut zu ihm und entlastet seinen Alltag. Meyer selbst möchte «so lange wie möglich selbstständig sein und noch ein wenig am Leben bleiben», wie der 82-Jährige erklärt. «Und dann gehts irgendwann auf die letzte Reise in die Ewigkeit.» Und der Villmerger Urs Meyer wird bis in alle Ewigkeit der erste Freiämter Eidgenosse bleiben. «Und darauf bin ich stolz.»
Guggibad am Sonntag
Der Gabentempel ist fast doppelt so üppig wie sonst und einige Eidgenossen sind angemeldet: Am Sonntag, 13. April (Verschiebedatum 27. April), steigt ob Buttwil eine besondere Ausgabe des Freiämter Guggibad-Schwingets. Der Schwingklub Freiamt feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen, und dies wird natürlich auch beim Heimfest gefeiert.
Eine Vorschau auf das Guggibad-Schwinget wird am Freitag in dieser Zeitung zu lesen sein. --red