«Gold für schönsten Beruf»

  18.10.2022 Kelleramt

Juliana Thöny gewinnt «WorldSkills»

Am vergangenen Sonntag wurde die Oberlunkhoferin Juliana Thöny zur Siegerin der WorldSkills im Bereich Patisserie und Konditorei gekürt. Überglücklich und stolz empfing sie den wohlverdienten Preis. «Es ist einfach wunderschön, eine Goldmedaille für die Schweiz und meinen schönen Beruf gewonnen zu haben», ist Juliana Thöny begeistert. --gsp


Die beste Patisserie der Welt

Juliana Thöny gewinnt an den «WorldSkills 2022»

Vergangenen Samstag endete nach einer aufreibenden Woche die Wettbewerbsphase der WorldSkills im Bereich Konditorei-Confiserie. Die Vertreterin der Schweiz und Goldgewinnerin Juliana Thöny berichtet über ihre Kreationen und den langen Weg zum Sieg.

Spritzen, Spachteln, Sprayen – in der spannenden Schlussphase setzt Juliana die Einzelteile ihres Schokoladenschaustücks zusammen. Über zwei Tage hinweg musste sie zuerst eine glasierte Torte auf einem Ständer, komplett aus Zucker, herstellen. In einer zweiten Runde waren spontan zwei identische Marzipan-Elefäntchen gefragt sowie Pralinés und eine Skulptur aus Schokolade. Das Thema «Swiss National Circus» findet Juliana Thöny sehr gelungen: «Es ist vielseitig, ermöglicht ein Spiel mit Farben, Tieren, akrobatischen Details und allem, was das magische Zirkusfeeling ausmacht.» Die junge Oberlunkhoferin bläst einen Elefantenkopf aus Zucker und modelliert einen Schokoladenseehund, welcher in der Mitte ihres Schaustücks strahlt.

Die wichtigsten Vorgaben sind aber die Zutaten. An Juliana Thönys Schaustück des zweiten Tages ist tatsächlich alles von oben bis unten aus Schokolade. Dass solch eine Konstruktion stabil bleibt, braucht viele Hintergrundgedanken und eine durchdachte Planung. Falsche Überlegungen können hier schnell zum Verhängnis werden, nicht bei allen Mitstreitern hält die monumentale Skulptur bis zum Schluss.

Kreativität und Spontanität

Während des Wettbewerbs sei auch bei Juliana Thöny nicht ganz alles nach Plan gelaufen. Eine rot-weisse Zeltspitze des Schaustücks sei abgebrochen und habe sich nicht reparieren lassen. In dieser Stresssituation war Improvisation gefragt und Thöny verkleidete eine abgeänderte Variante am Schaustück. «Für so etwas gibt es ja spontane Notfallpläne», meint sie.

Das organisiert konzentrierte Arbeiten über Tage hinweg, während die Zeit immer knapper wird, sei das Schwerste daran. «Am Ende ist es mir nicht mehr gelungen, eine ruhige Hand zu bewahren», lacht die Künstlerin.

Um halb fünf am Samstagnachmittag muss Juliana schliesslich ihr letztes Kunstwerk abgeben und wird mit warmem Applaus gelobt. Damit endet die Wettbewerbswoche, die gesamten Werke sind danach in einer Ausstellung zu bestaunen. Das extravagante Kunstwerk trägt Juliana Thöny selbst in den Vorführungsraum hinunter. «Ich bin so erleichtert und glücklich, dass all meine Kreationen stehen und dass der Wettkampf endlich erfolgreich abgeschlossen ist.» In der letzten Gruppe eingeteilt, war es für Juliana zuvor ein langes Gedulden und Bangen gewesen: «Ich musste warten und warten, während immer mehr der Kandidaten erleichtert zurückkamen.»

Eine steile Karriere

Die Oberlunkhoferin hat sich mit ihren 23 Jahren bereits einen Ruf als Konditorin aufgebaut und bringt weltweite Erfahrungen aus exklusiven Restaurants und Ausbildungen mit. Nach ihrer Lehre bei der Confiserie Sprüngli, welche sie als eine der Kantonsbesten abschloss, absolvierte sie ein Praktikum in London.

Der Sieg an der Berufsmeisterschaft SwissSkills im Bereich «Konditorin-Confiseurin» 2020 legitimierte sie schliesslich zur Teilnahme an den WorldSkills. Auch die Schweizer Meisterschaften hatten bereits in Luzern in der Richemont-Schule stattgefunden. «Jetzt noch einmal zwei Jahre später am selben Ort die Schweiz vertreten zu dürfen, ist eine riesige Ehre», strahlt Juliana Thöny.

Als Vorbereitung durfte sie vergangenes Jahr unter anderem eine Patisserie-Ausbildung in Las Vegas absolvieren, wo sie danach auf ihren grossen Tag hin trainierte. Die zehnwöchige Ausbildung sei eine grossartige Erfahrung gewesen und ein einmaliges Erlebnis auf der anderen Seite der Welt.

«Kleine Dinge hatten plötzlich so grossen Wert»

Mit ihrem Coach Vanessa Schnyder, welche ihr die Trainings plante, wurde Juliana Thöny optimal vorbereitet und unterstützt. Erste Skizzen und Entwürfe wurden mehrfach angepasst. Im Verlauf änderte sich viel an der Anfangsidee, bis kurz vor dem Wettkampf kamen immer wieder neue Optimierungen hinzu. Am Ende ging es darum, die Kreation in einen realistischen Zeitplan umzusetzen. Für jeden Bereich der süssen Künste wurde sie von verschiedenen Experten aus der ganzen Schweiz betreut und geschult.

Die SwissSkills gelten nicht zu Unrecht als die Olympischen Spiele der Confiserie. Wie Spitzensportler bereiten sich die jungen Teilnehmenden auf den wichtigen Auftritt vor. Die letzten zwei Tage seien sehr streng gewesen, doch das Training, welches sie hierherführte, stehe dem nicht nach. «Bei der Vorbereitung bin ich wirklich an meine Grenze gestossen. In der Endphase hat sich mein Tag neben den x Stunden Training nur noch um wenig Schlaf und etwas Essen gedreht, es war eine verrückte Zeit», so die Weltmeisterin. Von morgens bis spätnachts habe sie in den letzten zwei Monaten täglich trainiert: «Den letzten freien Tag hatte ich Ende August.» Als der Wettkampf näher kam, waren auch die fünfzehn Minuten Fussweg ins Geschäft eine der seltenen Pausen an der frischen Luft, welche Juliana Thöny zu geniessen lernte: «Diese kleinen Dinge hatten plötzlich so viel Wert.»

Dazugewinnen von Erlebnissen und Erfahrungen

All der Aufwand hat sich klar gelohnt: Am darauffolgenden Tag ist der Entscheid der Jury bekannt: Juliana gewinnt die WorldSkills und ist damit die erfolgreichste Jung-Konditorin des Jahres.

Kreativität und Können sind das Ergebnis täglicher Verbesserung. Auf die Frage, ob ihr bei all den Erfolgen der letzten Jahre auch schon mal etwas misslungen sei, lacht die Oberlunkhoferin: «Sie haben ja keine Ahnung.» Ein Verlieren sei es nie, sondern das Dazugewinnen von Erlebnissen und Erfahrungen. So ist auch die Dotierung des Preises nichts gegen die weiteren geöffneten Türen und Möglichkeiten, welche nach diesem Erfolg noch auf sie warten. Nach der Aufregung geniesst Juliana Thöny allerdings als Erstes die wohlverdienten Ferien. «Es ist ungewohnt, von hundert auf null plötzlich wieder so viel Freizeit zu haben», lacht der überglückliche Champion. --gsp


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