«Man kann immer bei uns anklopfen»

  27.09.2022 Bremgarten

KuZeB: Tag der offenen Tür zum 30-Jahr-Jubiläum

Das Bremgarter Kulturzentrum präsentiert sich zum 30. Geburtstag offen und in seiner ganzen Vielfalt. Die Jubiläumswoche wurde mit Hausbesichtigungen für die breite Bevölkerung eingeläutet.

Marco Huwyler

Es gab Zeiten, da wurde das Haus an der Zürcherstrasse 2 von vielen als Schandf leck Bremgartens gesehen. Als unliebsames Überbleibsel einer hartnäckigen illegalen Hausbesetzung, das immer wieder für negative Schlagzeilen sorgte.

Doch die Zeiten haben sich gewandelt. «Die Einwohner Bremgartens haben sich an uns gewöhnt», sagt Mirco Pizzera lächelnd. «Und negative Schlagzeilen über unser Kulturzentrum gab es glücklicherweise schon länger nicht mehr.» In den letzten 10 Jahren habe es wegen des Ku-ZeB beispielsweise keine einzige Lärmklage mehr gegeben, obwohl nach wie vor regelmässig Konzerte und Veranstaltungen im alternativen Kulturzentrum stattfinden. «Das zeigt, dass man uns in Bremgarten akzeptiert. Und wir unsererseits geben sehr darauf acht, dass wir keine Reibungspunkte mehr liefern. Ich denke, das gelingt uns ganz gut.»

Ein eigener Mikrokosmos

Pizzera ist eines von rund 80 «Vereinsmitgliedern» des KuZeB, die einen Schlüssel für die Liegenschaft eingangs der Altstadt besitzen. Die Hierarchien hier sind flach. Die Zuständigkeiten vielerorts nicht klar definiert. Und doch funktioniert alles erstaunlich gut. Jeder beteiligt und engagiert sich dort, wo er seine Stärken und Interessen hat. Man hilft sich gegenseitig. Und die Anzahl der Möglichkeiten zur Partizipation im Ku-ZeB sucht ihresgleichen.

Im Gebäudekomplex der ehemaligen Kleiderfabrik ist nämlich ein eigener kleiner sozialer Organismus beheimatet. Die Funktionen der zahlreichen verwinkelten Räume und die Tätigkeiten in ihnen sind unglaublich mannigfaltig. Was das KuZeB ist, ist deshalb eigentlich kaum in einem Begriff zu beschreiben. Vielmehr könnte man das, was hier geschieht und angeboten wird, als Bar, Club, Café, Konzertbühne, Disco, Schreinerei, Färberei, Brockenhaus, Näherei, Druckerei, Theater, Fitnessstudio, Kletterhalle, Bierbrauerei, Kino, Schachclub, Kleiderbörse, Velowerkstatt – und noch vieles mehr – in einem bezeichnen.

Alternative Gesellschaftsform

Auch Fredrik Lehmann ist einer der Schlüsselinhaber dieses Allzweckhauses. Er kümmert sich in diesen Tagen unter anderem per Siebdruckverfahren um die Bedruckung der Jubiläumsshirts des KuZeB, die im Verlaufe dieser Woche zu erwerben sind.

Auch Lehmann betont die Offenheit des Kulturzentrums. «Wir sind vielfältig und bunt. Wer unsere Werte vertritt, kann mitmachen.» Diese Werte des KuZeB sind klar definiert. Der Verein ist strikt und vehement gegen Rassismus, Sexismus und Nationalismus in allen Formen. Zudem antikapitalistisch, nicht kommerziell, konsensorientiert und möglichst unhierarchisch. «Diese Grundhaltung sollte man bei uns mittragen. Ansonsten gibt es keine Einschränkungen. Wir sehen uns als Experimentierfeld für Menschen mit kreativen Ideen und Mut für alternative Gesellschafts- und Lebensformen, die gemeinsam etwas erleben, erreichen und gestalten möchten.»

Den Gästen etwas bieten

Pizzera und Lehmann sind zwei von «zirka fünf» Köpfen, die an diesem Tag der offenen Tür als Führer durchs KuZeB leiten und den interessierten Einwohnern so Einblick in diese kleine kreative eigene Welt mitten in Bremgarten geben. Damit an diesem Tag «ein bisschen etwas läuft», haben die Veranstalter dafür gesorgt, dass genügend Vereinsmitglieder des Ku-ZeB anwesend sind und einigen ihrer Tätigkeiten nachgehen.

So probt etwa die Theatergruppe für ihre Improshow vom Donnerstag. Weiter oben läuft im Kino ein Film in Endlosschlaufe. Daneben wird für die Schaulustigen das Siebdruck- und noch ein paar Türen weiter das Holzschnittdruckverfahren auf T-Shirts praktiziert. Und beim «Spieliturnier» kann man sich bei Schach und Sonstigem verweilen. So sollte der «Tag der offenen Tür» als Teil einer bunten Jubiläumswoche dazu beitragen, weiterhin Vorurteile abzubauen. Rund 70 Besucher haben an diesem Sonntag die Gelegenheit genutzt, das kunterbunte Haus, dessen Nutzung und dessen Nutzer etwas näher kennenzulernen.

Doch auch wer diese Gelegenheit verpasste, muss sich nicht grämen und auf ein nächstes Jubiläum warten. «Man kann immer anklopfen. Wenn jemand da ist und Zeit hat, dann führen wir Interessenten jederzeit gerne durch die Räumlichkeiten», sagt Pizzera. Damit sich möglichst viele davon überzeugen können, dass das KuZeB alles andere als ein Schandfleck ist. Sondern eine für Bremgarten über alle Massen erfrischende Belebung der etwas anderen Art.

Aktionswoche des KuZeB anlässlich des 30-Jahr-Jubiläums noch bis zum 1. Oktober. Mehr Informationen zum Programm unter: www.kuzeb.ch.


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