Afrika lässt nicht los

  12.08.2022 Region Oberfreiamt

Bischof Burkard Huwiler aus Buttwil

Bischof Burkard Huwiler durfte nach 54Jahren Arbeit in Ostafrika auf ein volles Mass an Arbeit für die Kirche zurückschauen.

Die Zahl der Christen in seiner Diözese in Afrika stieg von 27 000 im Jahr 1929 auf 107 000 im Jahr 1948. Von seinen einheimischen Priestern erhielten drei die Bischofswürde, einer davon wurde der erste schwarze Kardinal der katholischen Kirche, Bischof Laurean Rugambwa. Am 2. Juli konnte Bischof Burkard Huwiler sein diamantenes Priesterjubiläum feiern. Sein jugendliches Wagnis hat sich gelohnt und trotz vielen gesundheitlichen Rückschlägen reiche Frucht getragen. Bei seiner Beerdigung erklärte sein zweiter Nachfolger, Bischof Lanctot: «Der ehrwürdige Greis, so gut und väterlich für alle, bleibt in Erinnerung. Buttwil, seine Heimatgemeinde, darf wohl stolz sein auf diesen aussergewöhnlichen Mitbürger.» --sus


Auf der Fährte des Löwen

Sommerserie «Zeitgeschichte»: Der Buttwiler Bischof Burkard Huwiler leistete Pionierarbeit

Burkard Huwiler missionierte 54 Jahre in Afrika. Als er starb, hatten sich die katholisch Getauften in seinem Wirkungskreis in Tansania fast vervierfacht. Ein Leben für die Kirche und die Menschen in Afrika.

Susanne Schild

Burkard Huwiler widmete sein ganzes Leben der Kirche und lebte als Missionar, wie damals noch wenige Schweizer, im wenig erforschten Ostafrika bei noch kaum bekannten Völkern. Er war eine imposante Führergestalt seiner Zeit. «Daher wurde er von den Einheimischen ‹Rutare›, das ist Suaheli und bedeutet ‹Löwe› genannt», sagt Josef Nietlispach vom Verein Bischof-Burkard-Huwiler-Werk.

Die Ernennung von Burkard Huwiler zum Titularbischof von Vazarita im März 1929 durch Papst Pius XI. kam für den damals 61-Jährigen total überraschend. 1936 reiste er noch einmal in seine Heimat, ins Freiamt, im Bewusstsein, diese wohl nie wieder zu sehen. In Muri wurde er damals mit feierlichem Glockengeläute empfangen. In seiner Heimatpfarrei Muri konnte er bei diesem Besuch auch am Bettag die frisch renovierte Pfarrkirche St. Goar einweihen.

Am 1. Oktober 1954 starb er in Kashozi. Zehn Jahre nach seinem Tod haben sieben Verwandte von Bischof Burkard das Hilfswerk Bischof-Burkard-Huwiler-Werk gegründet, mit dem Ziel, seine Nachfolger in Tansania mit Geldspenden zu unterstützen. 2020 wurde der Verein Bischof-Burkard-Huwiler-Werk gegründet. Der Murianer Josef Nietlispach, Aktuar des Vereins, hat zu seinem 150. Geburtstag ein Büchlein über sein Leben überarbeitet. Viele Originalbriefe und Unterlagen werden bei ihm aufbewahrt. Darunter auch ein Buch über das Leben des Bischofs mit dem Titel «Auf der Fährte des Löwen», das im Christi Reich Verlag 1955 erschienen ist.

Ein aufgeweckter Bursche

Geboren am 7. April 1868 als viertes von zehn Kindern des Gemeindeammanns Martin Leonz und Maria Barbara Huwiler in Buttwil, wurde er auf den Namen des heiligen Beinwiler Pfarrers Burkard in Muri getauft. Als aufgeweckter Bub besuchte er die Bezirksschule in Muri. Danach studierte er in der Stiftschule Einsiedeln weiter. In den Tischlesungen erfuhr er dort von den spannenden Reiseberichten der ersten Afrikaforscher Livingstone, Stanley und Speek, aber auch von ersten Missionaren, die über die Sklavenjagd der Europäer und Araber in Afrika berichteten.

Afrika – dunkel und gefährlich

So hörte er auch von Kardinal Lavigerie aus Algier, der damals einen eigentlichen Feldzug durch viele Städte Europas gegen die Sklaverei führte und in Algier eine Missionsgesellschaft gegründet hatte, die man wegen ihrer weissen Arabergewänder die «Weissen Väter» nannte. «Das ist etwas, das mein Leben erfüllen kann, sich ganz in den Dienst der Kirche und der Völker Afrikas zu stellen», sagte sich Burkard Huwiler. In seinem Weihnachtsbrief an seine Eltern teilte er ihnen 1887 mit, dass er die Matur nicht machen würde, sondern nach Afrika gehen würde. «Das war ein Riesenskandal und die Mutter brach weinend zusammen», sagt Josef Nietlispach. Nur schweren Herzens willigten seine Eltern ein und liessen ihn schlussendlich ziehen, denn Afrika war im Freiamt völlig unbekannt. Der ganze Kontinent galt damals als dunkles, gefährliches Gebiet mit vielen wilden Tieren, von Europa durch ein Meer getrennt. Vater und Mutter, die schon vier Kinder verloren hatten, glaubten, ihren Sohn später nie mehr lebend sehen zu können.

Einer der ersten Schweizer in der Missionsgesellschaft

Um kein Aufsehen zu erregen, reiste Burkard in der Frühe des 8. Mai 1888 von Buttwil ab, vorerst nach Rom. Per Schiff gelangte er nach Algier, wo er als einer der ersten Schweizer in die junge Missionsgesellschaft der Weissen Väter aufgenommen wurde. Burkard schloss sein Theologiestudium in Algier erfolgreich ab und wurde am 2. Juli 1893 in der Kathedrale von Karthago in Tunesien zum Priester geweiht.

Statt sofort nach Afrika als Missionar reisen zu dürfen, wurde er vorerst nach Europa geschickt, um das Missionswerk bekannt zu machen und dafür Hilfsmittel zu sammeln. So konnte er seine Familie nach sechs Jahren wiedersehen.

Afrika liess ihn nicht mehr los

Im Oktober 1896 endlich, befreit von seinen Bettelreisen, erhielt er aus Algier seine Ernennung nach Ostafrika und er begann sein abenteuerliches Leben. Nach einer strapaziösen Anreise konnte er schliesslich auf dem Missionsposten Bukumbi mit der Arbeit beginnen, wo er vorerst die Sprache der einheimischen Bevölkerung erlernte. Nur drei Jahre später, im Jahr 1900, erkrankte er schwer und wurde als tropenuntauglich in das Mutterhaus nach Algier zurückgeschickt.

Doch Afrika liess ihn nicht los. Im März 1904 erfolgte seine zweite Reise nach Afrika. In Ruanda übernahm er die Leitung der neu gegründeten Mission. Hier stand er in ständigem Kontakt zu den Einheimischen und machte zahlreiche Erkundungsreisen.

Der Bischof und sein Motorrad

In Bukoba baute er eine grosse Kirche, die später seine Bischofskirche wurde. Hier konnte Burkard sein handwerkliches Talent einsetzen, er verstand sich sehr gut auf das Bauen, aber auch seine mechanischen Fähigkeiten setzte er ein. Sein Motorrad pflegte und reparierte er immer selber.

Der Generalobere der Weissen Väter, den er 1928 auf Besuchen der Missionsstationen zu begleiten hatte, erkannte damals seine ausserordentlichen Führungsfähigkeiten und beobachtete, wie die Missionare Pater Burkard wegen seiner väterlichen und zielbewussten Leitung und seinem grossen Opfergeist schätzten.

Entwicklungshilfe, bevor diese bekannt war

So ernannte im März 1929 Papst Pius XI. Burkard Huwiler zum Titularbischof von Vazarita und apostolischen Vikar von Bukoba. Seine dringendsten Aufgaben sah er in der Errichtung von Schulen, in der Verkündigung der christlichen Botschaft und der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zum Wohl der Bevölkerung. Er betrieb Entwicklungshilfe, bevor in Europa dieser Begriff bekannt war. Für die Betreuung der Kranken engagierte er «Weisse Schwestern». Diese Schwestern unterstützten ihn bei der Gründung des Ordens «St. Therese Sisters of the Child Jesus» 1933. Heute engagieren sich über 400 afrikanische Schwestern dieses Ordens in mehreren Diözesen des Landes. Er förderte auch die Ausbildung von staatlich anerkannten einheimischen Lehrerinnen und Lehrern.

Buttwil als «Wallfahrtsort»

Mit 86 Jahren starb Burkard Huwiler. Sein Heimatort Buttwil wurde nach seinem Tod zum «Wallfahrtsort» für afrikanische Bischöfe und Priester, welche die verstorbene Vaterfigur sehr verehrten. 1959 besuchte Bischof Laurean Rugambwa von Bukoba das Elternhaus seines Vorgängers. 2014 besuchte einer seiner Nach-Nachfolger Bischof Severine Buttwil.


Afrika braucht Unterstützung

Seit 1964 unterstützen Verwandte von Bischof Burkard mit dem Bischof-Burkard-Huwiler-Werk die Nachfolger und kirchliche Institutionen in Tansania. 2020 wurde der Verein Bischof-Burkard-Huwiler-Werk gegründet. Die Spenden werden für die soziale und ökonomische Entwicklung eingesetzt, wie den Betrieb von Schulen und Krankenstationen. Gefördert werden auch die Gesundheitsvorsorge und die beruf liche Grundausbildung. Weitere Informationen bei Josef Nietlispach, jonascom@bluewin.ch. --sus


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