Von serbelnd bis stattlich

  03.08.2022 Region Bremgarten

Serie «Auf den Spuren der Jubiläumseichen» (Teil 2): Das Erinnerungsgeschenk – eine «Jubiläumseiche»

Als regionaler Höhepunkt des Jubiläumsjahres 1991 darf zweifellos die «Landsgmeind» in Boswil vom 13. Oktober erwähnt werden. «Aus dem ganzen Freiamt traf man sich im Egghau zu diesem einfachen und würdigen Schlussakt», steht im Schlussbericht.

Richard Gähwiler

Die Krönung der Feier im Egghau war die Einweihung des «Freiämtersteins», handwerklich bearbeitete Steinquader von Bildhauer Leo Keusch. Dem OK Freiamt, mit der Arbeitsgruppe «Bleibendes Andenken», ist es mit diesem Kunstwerk gelungen, ihren Auftrag nachhaltig umzusetzen. Gleich gegenüber der Skulptur beim Waldeingang ein Bronzerohr, in dem die Sponsoren dieser Aktion verewigt wurden. Ein weiteres Geschenk als bleibendes Andenken an die Freiämter Gemeinden war ein Setzling einer einheimischen Eiche.

Die Idee des Eichensetzlings

Heute, nach über 30 Jahren, wollten wir wissen, was aus diesen Setzlingen geworden ist. Müsste daraus in der Zwischenzeit nicht ein stattliches «Bäumchen» geworden sein? Dabei stellten sich gleich mehrere Fragen: Wo finden wir diese Eichen? Wurden die Setzlinge schweizweit allen Gemeinden überreicht? War diese Aktion kantonal organisiert oder nur regional, für Freiämter Gemeinden?

Der Suchdienst Google war diesbezüglich keine grosse Hilfe. Auch bei der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL) oder beim Fonds Landschaft Schweiz (FLS) – Organisationen, die unter anderem auch Baumpf lanzaktionen organisieren und unterstützen – wusste man nichts von einer Jubiläumseiche. Also zurück auf die kantonale Ebene mit Hilfe und Erinnerungen regionaler Historiker und altgedienter Gemeinde-Mitarbeitenden, die sich dieses Ereignisses erinnerten oder in dieser Sache vielleicht gar selbst aktiv waren. Es galt diese Leute aufzuspüren.

Und man wurde fündig. Robert Häfner, damaliger Kreisoberförster, erinnert sich an einen Briefverkehr mit Freiämter Gemeinden, in dem diese angefragt wurden, ob sie als Jubiläumspräsent eine Trauben- oder eine Stieleiche bevorzugen. Es gab sie also – die gesuchten Eichen. Ergänzend las man in Unterlagen und Protokollen im Staatsarchiv in Aarau von einem «serbelnden Eichenbaum als Erinnerung an die 700-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft in Berikon». Gemeindeammann Bosshard zeigte sich auf Anfrage interessiert und behandelte das «Eichenprojekt» als Chefsache, was dann auch ziemlich schnell Resultate zeigte.

Weitere Erfolge in Boswil und Kallern

In Boswil war es der ehemalige Gemeindearbeiter Erwin Mäder, der sich an die kleine Feier erinnerte: «Damals pf lanzte man das kleine Eichenbäumchen in der Rabatte zwischen Gemeindehaus und Mehrzweckhalle, dafür musste eine junge Linde ausgegraben und umgepflanzt werden.» Heute steht dort ein stattlicher Baum mit einem Stamm-Umfang von rund 140 Zentimetern und einer geschätzten Höhe von 14 bis 16 Metern.

Aus Kallern war es der ehemalige Gemeinderat Andi Schüpbach, welcher sich an den Setzling von 1991 erinnerte. Dieser sei den Umständen entsprechend gediehen und stehe nun als mittelprächtige Eiche beim Parkplatz zum Schulhaus. Wie vom Beriker Gemeindeammann Bosshard versprochen, folgte umgehend ein Hinweis zur «Jubiläumseiche»: «Die Eiche steht beim Reservoir Altisbach an der Waldstrasse. Allerdings ist es so, dass die ‹Ureiche› von 1991 serbelte und nach drei Jahren von der Naturschutzkommission zusammen mit dem Förster an der gleichen Stelle eine neue gepf lanzt wurde», schrieb Selina Merz, Mitarbeiterin der Abteilung Zentrale Dienste.

Weitere spannende Geschichten

Ermutigt durch die Erfolge in Boswil, Kallern und Berikon gelangte man mit einer schriftlichen Anfrage an weitere 20 Freiämter Gemeinden. «Wer hat Kenntnis von einer Jubiläumseiche? Was geschah mit ihr? Gibt es weitere diesbezügliche Hinweise?», waren sinngemäss die Fragen, die den Gemeindeverwaltungen zugestellt wurden.

Umgehende Reaktionen aus Muri. Gemeindepräsident Hans-Peter Budmiger antwortete gleich telefonisch und beschrieb Standort und Zustand der Eiche im Detail: «Der Baum steht beim Rösslimatt-Schulhaus und wurde vom Werkdienst gepflegt. Das war nicht immer einfach, Lothar, Trockenheit und der Rindenkrebs haben sichtbare Schäden hinterlassen, übrig geblieben ist ein verdorrtes Baumgerippe», erklärte Budmiger. Aber – Nachwuchs wäre vorhanden. Wie man vor Ort erkennt, spriesst gleich neben dem abgestorbenen Stamm eine Jungeiche, aus der noch etwas werden könnte?

Dann ein weiterer Lichtblick: Aus Zuwendungen der Genossenschaft Kabelfernsehanlage Muri (GKA) kann die Gemeinde fünf Projekte für die Allgemeinheit realisieren. So soll im «Leuchtturm-Projekt» der Rösslimatt-Hügel als ökologische Ausgleichsfläche und Begegnungsort gestaltet und erhalten werden – just das Grundstück, auf dessen höchstem Punkt das erwähnte Eichengerippe steht. Gemäss Leuchtturm-Projekt-Leiterin Ursula Matter-Küng sind an dieser Stelle eine Baumkapelle mit vier Bäumen und darunter drei Sitzbänke geplant. Für den Eichennachkömmling ist kein Platz vorgesehen. So wurde dieser ausgegraben, mit der Hoffnung, andernorts ein ehrenvolles Plätzchen zu finden.

Eine prompte Rückmeldung kam auch aus Dottikon: «Die Jubiläumseiche steht hier: 47.37738389896268, 8.237870887799705», lautete das kurze und originelle Mail von Verwaltungsleiter Lukas Jansen. Eine Zahlenfolge, die mittels Geokatalog den Standort der Dottiker Eiche zeigte. Die Korrektheit dieser Angabe konnte anlässlich einer Besichtigung vor Ort bestätigt werden. Die Eiche steht an der westlichen Ecke des Sportplatzes an der Hembrunnstrasse, unter ihr zwei Sitzbänke, die zum Verweilen einladen.

Schnelle Antwort auch aus der Gemeindekanzlei Sins: «Leider sagt uns die Jubiläumseiche nichts.» In Bremgarten haben Angestellte der Zentralen Dienste das Archiv und Akten zu den 1991er-Feierlichkeiten durchforstet, jedoch keine entsprechenden Hinweise zu einer Jubiläumseiche gefunden, schrieb Sachbearbeiterin Erika Meyer per Mail. Konkrete Hinweise zu einer Jubiläumseiche fand hingegen Gemeindeschreiber Patrick Troxler aus Oberrüti: «Die Eiche hatte ihren Standort bei der heutigen Doppelturnhalle. Gemäss vagen Erinnerungen von einem Angestellten sei diese in den Jahren 2003/2004 durch einen Birnbaum ersetzt worden. Die Gründe des Ersatzes sind aus Protokollen jedoch nicht ersichtlich.»


Wer weiss noch etwas?

Vielleicht erinnern Sie sich noch an Festivitäten im Jubiläumsjahr 1991, speziell an den Eichen-Setzling? Sie haben vielleicht noch ein Foto von diesem Anlass oder Sie wissen, wo diese Eiche heute steht. Schreiben Sie uns doch kurz per Mail, was Sie darüber wissen, an redaktion@bbawa.ch.

Wir unsererseits fanden noch weitere 1991er-Jubiläums-Eichen, die in der Zwischenzeit zu ansehnlichen Bäumen gewachsen sind – dies dann in Teil 3.


1991, da war doch was

In einer vierteiligen Serie befasst sich Richard Gähwiler mit der gescheiterten Landesausstellung 1991 zum 700. Geburtstag der Schweiz und geht auf die Spurensuche der damals gepflanzten Jubiläumseichen. Nachfolgend die vier Themen und ihre Veröffentlichungsdaten.

Teil 1: Die gescheiterte Landesausstellung von 1991 (29. Juli).

Teil 2: Das Erinnerungsgeschenk – eine «Jubiläumseiche» (3. August).

Teil 3: Im Fokus – weitere «Jubiläumseichen» (5. August).

Teil 4: Ausblick: Ist eine Landesausstellung noch zeitgemäss? (9. August.)


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