Da war doch was, im Jahr 1991

  29.07.2022 Region Bremgarten

Von der gescheiterten Landesausstellung in der Innerschweiz zu den Jubiläumseichen im Freiamt

Es sollte eine weitere Landesausstellung werden, die CH-91. Aber es war einmal mehr das liebe Geld, an dem die Realisierung dieses Projektes scheiterte. Doch was ist eigentlich mit all den Jubiläumseichen passiert, die damals gesetzt wurden?

Richard Gähwiler

Anstelle eines Grossanlasses zum Jubiläum «700 Jahre Eidgenossenschaft» in der Innerschweiz wurde schweizweit regional gefeiert. Armbrust-Stafette von Dorf zu Dorf, Ausstellung «Leben und Arbeit im Freiamt» in Wohlen und schliesslich als Schlussakt die Einweihung des Freiämtersteins im Egghau oberhalb von Boswil. Was ist geblieben von den zahlreichen weiteren Events? Gibt es eine nachhaltige Erinnerung wie zum Beispiel die Eisenplastik «Schwurhände», die 1964 an der Expo in Lausanne präsentiert wurde und ihre metallenen Schwurhände immer noch gen Himmel streckt, heute am Hafenbecken in Flüelen?

Im Jubiläumsjahr der Eidgenossenschaft 1991 waren es Eichensetzlinge, die vom OK «Bleibendes Andenken» verteilt wurden. Wo sind sie heute – was ist geblieben von den einstigen Setzlingen – nach über 30 Jahren? Wir haben versucht, Verbleib und Schicksal dieser Bäume aufzuzeigen. Das Vorgehen und die Ergebnisse hierzu beschreiben wir in vier Teilen. Im ersten Teil ein Rückblick, von den Anfängen von Ausstellungen und Märkten bis zum Jahr 1991 mit den Feiern zu «700 Jahren Eidgenossenschaft».


Als die Schweiz (nicht) feiern wollte

Serie «Auf den Spuren der Jubiläumseichen» (Teil 1): Die gescheiterte Landesausstellung von 1991

Im Jahr 1991 feierte die Schweiz den 700.Geburtstag. Die damals geplante Landesausstellung kam nicht zustande. Doch einige der damals lancierten Aktionen strahlen noch heute aus. Unser Mitarbeiter hat sich auf die Spurensuche gemacht.

Richard Gähwiler

Ausstellungen, Messen und Märkte waren schon immer Anziehungspunkte. Es waren primär wirtschaftliche Werte, die präsentiert und verkauft wurden. So auch die damalige Schweizerische Gewerbe- und Industrieausstellung von 1857, wo die Darstellung und die Vermittlung von ideellen Werten noch fehlten.

Daher gilt gemäss offizieller Listung die 1883 in Zürich durchgeführte Ausstellung als erste Landesausstellung. Es folgten Genf (1896), Bern (1914), die Landi in Zürich (1939), die Expo in Lausanne (1964) und schon bald darauf begann die Planung einer Landesausstellung für das Jubiläumsjahr 1991.

Aufgrund des Jubiläums der Eidgenossenschaft sollte eine Landesausstellung in der Urschweiz stattfinden, was so im Schlussbericht der Kommission CH-91 im Dezember 1983 festgehalten wurde. So gründeten die Kantone Uri, Schwyz, Ob- und Nidwalden, Luzern und Zug zusammen mit dem Bund im Dezember 1984 die Stiftung CH-91, dies mit dem Ziel, die Landesausstellung in ihrer Region zu feiern. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch 1987 bei den kantonalen Abstimmungen der Innerschweizer Kantone.

«Der Weg der Schweiz»

Auf eine 700-Jahr-Feier wollte der Bundesrat jedoch nicht verzichten und präsentierte 1988 ein neues Konzept für das Jubiläum «700 Jahre Eidgenossenschaft». Unter dem Motto «Begegnung 1991» plante man dezentrale Feiern in allen Landesteilen. Vom ursprünglichen Festkonzept der CH-91 blieb einzig der «Weg der Schweiz», der Wanderweg, den wohl die meisten in der Zwischenzeit wahrscheinlich wenigstens als Teilstück kennengelernt haben. Einen weiteren Dämpfer erhielt das Jubiläumsprojekt durch die 1989 aufgedeckte Fichenaffäre. Kulturschaffende aus der ganzen Schweiz schlossen sich zum Boykott der Feier zusammen.

Trotzdem – mit einem festlichen Auftakt startete man am 10. Januar 1991 zum Jubiläum «700 Jahre Eidgenossenschaft» im Botta-Zelt auf dem Castelgrande in Bellinzona. Über das ganze Jahr verteilt, quer durch die Schweiz folgten zahlreiche Anlässe, Veranstaltungen und Ausstellungen: «Tag der internationalen Beziehungen» im Juni, Begegnungswoche «Spiert Aviert» für Jugendliche aus ganz Europa, «Fest der Solidarität» im August in Graubünden, «Europatag» in Sils Maria im September und im gleichen Monat diskutierten Jugendliche im Rahmen der ersten eidgenössischen Jugendsession in Bern. Mit der Spezialausgabe «Globi und Wilhelm Tell» hatte auch der Kinder-Liebling seinen Auftritt und auch Philatelisten und Numismatiker konnten ihre Sammlungen mit Sonderausgaben bereichern.

Stafette 91

Ein schweizweit beachtetes Highlight der 700-Jahr-Feier war die Armbrust-Stafette. Weit über 1000 Gemeinden waren Start- und Zielort einer sportlichen Mammut-Stafette mit einer Armbrust, die als Jubiläums-Symbol weitergegeben wurde. Am 6. April 1991 startete man beim Dreiländereck (UR, SZ, NW) auf dem Vierwaldstättersee. Sinn und Zweck dieser Stafette war, dass alle Kantone in der Reihenfolge ihres Beitritts zur Eidgenossenschaft besucht werden.

Der Fantasie für Transport, Empfang und Weitergabe der Armbrust waren kaum Grenzen gesetzt. Im Aargau waren es primär die Vereine, welche die Übergabe von Gemeinde zu Gemeinde organisierten, sei es per pedes, mit Ross und Wagen oder hoch zu Pferd, immer mit einem gemütlichen Abschluss, kurz, der Plausch lag im Vordergrund.

Auch das Freiamt feierte

Neben den «Armbrust-Festivitäten» wurde das Jubiläumsjahr im Freiamt mit zahlreichen weiteren Anlässen gefeiert: Die Eröffnungsfeier auf dem Sädel in Berikon mit dem «Freiämter Kaländer», die Kulturwoche und Ausstellung «Leben und Arbeit im Freiamt» in Wohlen, die Feier mit der Jugend in Bremgarten, die Ausstellung «Kloster St. Gallen» in Muri und zahlreiche Gemeinden organisierten einen «Begegnungstag am Heimatort». Und schliesslich die Schlussfeier mit Einweihung des Freiämtersteins im Egghau, oberhalb von Boswil, und der Übergabe eines «bleibenden Andenkens»: Setzlinge einheimischer Eichen. Was aus diesen Jungeichen geworden ist, ist dann im nächsten Teil zu lesen.


1991, da war doch was

In einer vierteiligen Serie befasst sich Richard Gähwiler mit der gescheiterten Landesausstellung 1991 zum 700. Geburtstag der Schweiz und geht auf die Spurensuche der damals gepflanzten Jubiläumseichen. Nachfolgend die vier Themen und ihre Veröffentlichungsdaten.

Teil 1: Die gescheiterte Landesausstellung von 1991 (29. Juli).

Teil 2: Das Erinnerungsgeschenk – eine «Jubiläumseiche» (3. August).

Teil 3: Im Fokus – weitere «Jubiläumseichen» (5. August).

Teil 4: Ausblick: Ist eine Landesausstellung noch zeitgemäss? (9. August.)


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