Ein Novum im Freiamt geschaffen

  22.07.2022 Muri

Sommerserie «Zeitgeschichte»: Das erste Freiämter Open Air fand in Muri statt

Das später unter dem Namen Guggibad Muri bekannte Open Air war eines der ersten Musikfestivals im Freiamt. 41 Jahre ist das nun her. Paul Huwiler sowie Monika und Rolf Küng gehören zu den OK-Mitgliedern der ersten Stunde. Sie erinnern sich an diese Zeit zurück.

Sabrina Salm

«Unser Ziel war es, mit dem Festival einen Denkanstoss zu geben für mehr Toleranz gegenüber Musik und Kultur der Jugendlichen, als Denkanstoss für bessere Begegnungsplätze und für geeignete Konzerträume», schrieb damals der Verein für Open-Air-Festival Muri im Jahr 1981 nach dem ersten, sehr gelungenen Open Air. Stattgefunden hat es am 20. Juni in der Arena beim Schulhaus Bachmatten. «Es herrschte in den frühen 80er-Jahren eine Aufbruchsstimmung», beschreibt der damalige Vereinspräsident Rolf Küng die Situation. «Kulturell lief im Freiamt nicht sehr viel für die Jugendlichen und die jungen Erwachsenen.» Deshalb sollte das 1. Freiämter Open Air ein Fest für die Jungen werden. «Da haben wir den Nagel auf den Kopf getroffen, denn es kamen sehr viele Leute.» Es war ein grosses Fest. Etwas Neues. Tanzen und fröhlich sein lautete die Devise.

Eines der ersten Open Airs in der Schweiz

«Für mich gab es viele Highlights», erzählt Rolf Küngs Frau Monika. «Das ganze Drum und Dran eigentlich. Klar haben wir einen Chrampf gehabt, aber es war ein guter Chrampf. Wir haben das Fest ja auch für uns gemacht», sagt die ehemalige Grossrätin lächelnd. Das Musikfestival war nicht nur das erste Open Air im Freiamt, sondern gehörte auch zu den frühen Open Airs in der Schweiz. «Wir selber waren zuvor noch nie an einem Open Air», gesteht Rolf Küng. So war für sie alles Learning by Doing.

Neben den Küngs gehörten Paul Huwiler (ehemaliger Wohler Vizeammann), Muris Entertainer Philipp Galizia und Pflegi-Direktor Thomas Wernli dem Verein für Open-Air-Festival Muri an. Ebenfalls zum Organisationskomitee gehörten unter anderem Stefan Geissbühler, Adrian Vollenweider, Mechtild Willi und Ursula Küng. «Wir waren ein gutes Team», erinnert sich Paul Huwiler.

Visionäres Konzept

Fünf Rockgruppen waren am 1. Freiämter Open-Air-Konzert dabei: NH3, Gnom, Frostschutz, Funk-Express und Trams. Das OK legte beim Musikprogramm klar den Fokus auf regionale und Schweizer Künstler. Die Bands bekamen nur eine kleine Gage und waren am Umsatzgewinn beteiligt. Doch nicht nur das war an ihrem Konzept aussergewöhnlich. «Nachhaltigkeit war bei uns schon früh ein Thema», sagt Paul Huwiler. Gegessen und getrunken wurde aus Porzellanund Glasgeschirr. Die Festivalbesucher wurden auch gebeten, ihr eigenes Geschirr mitzubringen. Abwaschstationen w u rden zu r Verfügung gestellt. Es wurde darauf geachtet, dass regionale Produkte in der Küche verwendet wurden. Ausserdem verzichtete man bewusst auf Fremdwerbung und Sponsoring. «Das war für uns tabu.» Ausserdem wurde schon damals ein Shuttle-Service auf das Festgelände angeboten.

Fast wäre Gianna Nannini nach Muri gekommen

Nach dem Erfolg des ersten Open Airs wurde das zweite geplant, diesmal auf dem Guggibad. Wegen der schlechten Witterung musste es jedoch in der Turnhalle Bachmatten veranstaltet werden. Huwiler: «Alles war beim Guggibad bereits aufgestellt. Zum Glück hatten wir eine Schlechtwetterversicherung gemacht.» Die dritte Ausgabe war das erste zweitägige Open Air, das «endlich» auf dem Guggibad stattfand. «Alles Dagewesene wurde mit diesem Open Air übertroffen», stand damals in dieser Zeitung. «Das erste ‹echte› Guggibad-Open-Air 1983 endete in einem Defizit. Jedes OK-Mitglied berappte dieses Defizit aus dem eigenen Sack. Das war hart für uns, da die meisten von uns noch in der Ausbildung waren», berichtet Rolf Küng. Das war ein Dämpfer, sind sich die drei ehemaligen Gründungsmitglieder einig. Nichtsdestotrotz wollten sie weitermachen und hatten einen Plan B. «Wir wollten es wieder in der Halle machen», sagt Monika Küng und verrät den Topact, der das Freiamt zum Rocken bringen sollte: «Gianna Nannini, der italienische Superstar, hatte uns schon eine Zusage erteilt.» Doch «leider» erhielten sie damals vom Murianer Gemeinderat keine Bewilligung.

Somit war nach der dritten Ausgabe Schluss. Und der Verein, der die Freiämter Kulturszene mit seinem Engagement aufmischte, wurde aufgelöst. Dass sie jedoch damit den Grundstein für weitere Open Airs und Festivals im Freiamt legten (das Guggibad Muri wurde 1990 von einem anderen Verein wiederbelebt und bis ins Jahr 2002 organisiert), war ihnen damals nicht bewusst. «Eine gewisse Naivität war klar dabei», gibt Rolf Küng zu und Huwiler ergänzt: «Wären wir uns damals aller Risiken bewusst gewesen, hätten wir wohl nie angefangen.» Dass der jugendliche Leichtsinn jedoch zu einer Pionierarbeit wurde, mache schon stolz.


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