Unzählige Strassen geflickt

  05.07.2022 Muri

Der Murianer Othmar Villiger ist Spezialhandwerker im Werkhof Muri. Im Juli wird er nach 20 Jahren pensioniert. «Die Arbeit am Strassenrand war nicht immer leicht, aber sehr abwechslungsreich», lautet sein Fazit. Vieles hat sich in den letzten 20 Jahren verändert. Ob es im Sommer heiss war oder im Winter gestürmt und geschneit hat, Othmar Villiger war im Einsatz und hielt die Strassen im Freiamt in Schuss. --sus


Bei Wind und Wetter im Einsatz

Spezialhandwerker Othmar Villiger geht in den Ruhestand

Nach zwanzig Jahren als Spezialhandwerker im Werkhof Muri wird Othmar Villiger im Juli pensioniert. Eine seiner letzten Baustellen war die Luzernerstrasse in Muri.

Susanne Schild

Im Unterhaltskreis III war er für alles zuständig, «was so angefallen ist». Vom Winterdienst über Belagsarbeiten bis zum Strassenunterhalt. Er war bei Wind und Wetter im Einsatz. Ausgemacht hat ihm das nie etwas. Ausser wenn er mit dem Fahrrad zur Arbeit fuhr und es so stark geregnet hat, dass er schon vor Arbeitsbeginn klitschnass war. «Dann war die Motivation nicht ganz gross.»

Körperlich war die Arbeit nicht immer einfach. «Aber ich habe am Abend immer gewusst, was ich gemacht habe. Ich war zufrieden.» Seit 20Jahren war er Spezialhandwerker im Werkhof Muri und übernahm hauptsächlich die Funktion als Lastwagenfahrer für Materialtransporte. «Das war abwechslungsreich und die Zeit verging beim Herumfahren schnell. Ich und mein ‹grosser Lastwagen› haben schon so einiges erlebt.»

Eine seiner letzten Baustellen waren die Belagsarbeiten an der Luzernerstrasse in Muri. Sein erster Einsatz war auf der Strasse in Richtung Beinwil. Auch dort standen Belagsarbeiten an.

Für feine Weihnachtsessen gesorgt

Othmar Villiger freut sich auf seine Pensionierung, auf die Zeit mit seinen vier Enkelkindern und auf die Zeit in den Bergen. Ursprünglich hatte er auf der Bettmeralp eine Lehre als Koch gemacht und parallel dazu in der Skischule ausgeholfen.

Noch immer kocht er die Weihnachtsessen im Werkhof und an diversen Festen. Von der Bettmeralp kehrte er 1982 nach Muri zurück, als das erste Kind unterwegs war. Er wurde Badmeister. Im Sommer war er in der Badi Muri Koch, Betriebsleiter und Badmeister. Im Winter war er jeweils bei der Gemeinde im Winterdienst im Einsatz.

Im Winter viel erlebt

Vor 20 Jahren wechselte Othmar Villiger dann als Spezialhandwerker zum Kanton. Neben dem Lastwagenfahren gehören auch das Waschen der Strassensignale und das Einsammeln von Abfall am Strassenrand zu seinen Aufgaben. Und natürlich der Winterdienst. «Im Winter sollte man immer überall sein. Aber man kam ja oftmals selbst nicht richtig vorwärts.» Der Einsatz zwischen sechs und acht Uhr am Morgen während des Berufsverkehrs sei nicht angenehm gewesen. «Um drei Uhr morgens hingegen, wo noch keiner unterwegs war, das war schön. Das werde ich am meisten vermissen. Nur ich und mein Räumer im Schneegestöber.»

Nichts ist in diesem Beruf planbar

Auch die Strecke von Muri rauf nach Islisberg sei oftmals eine rechte Schlitterpartie gewesen. «Da gab es schon die eine oder andere brenzlige Situation.» Einmal musste er mit der Seilwinde gerettet werden. «Ich bin einfach gerutscht und hatte das Glück, dass niemand entgegenkam.» Je nach Strenge des Winters fuhr er «ein paar tausend Kilometer» pro Jahr. «Es gab Winter, in denen wir pro Tag 14 Stunden am Stück gefahren sind, das gibt es heute natürlich nicht mehr.»

Beim Kanton schätzt Othmar Villiger die abwechslungsreiche Arbeit. «Bei uns ist vieles nicht planbar. Wenn sich beispielsweise ein Unfall ereignete, dann mussten die Leitpfosten ersetzt werden und der Schmutz musste von der Strasse beseitigt werden. Man wusste nie, was der Tag so bringen wird.»

Doch nicht nur die Winter hatten es in sich. Die Arbeit am Strassenrand hat ihm auch im Sommer so einiges abverlangt. Sechs bis acht Liter Wasser trinkt jeder Handwerker pro Tag, an heissen Sommertagen noch mehr.

Mit Anfeindungen am Strassenrand konfrontiert

Doch nicht nur das Wetter hat seine Arbeit oft nicht leicht gemacht. «Es gab schon so manchen Autofahrer, der die Scheibe runtergedreht hat und mich beschimpft hat. Die Leute wollen einfach nicht mehr warten. Keiner hat mehr Zeit.» Aber da müsse man selbst anständig bleiben. «Oft kann man darüber nur den Kopf schütteln.» Doch nicht nur das. «Einige gehen im Baustellenbereich noch immer nicht vom Gas. Da kann es immer zu gefährlichen Situationen kommen. Ich hatte stets Glück.» Ein Kollege vom Werkhof Wohlen sei an einer Baustelle überfahren worden und starb. «Solche Momente machen einen schon nachdenklich.»

Dennoch bereut Othmar Villiger seine Berufswahl nicht. «Ich fahre oft durch das Freiamt und sehe so manchen Strassenabschnitt, den ich geflickt habe. Dann kommen einem viele schöne Momente in den Sinn und man erinnert sich gerne.»


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