Andenken an ein grosses Talent

  27.05.2022 Sport

Der zweimalige Pfingstlaufgewinner Erich Burkart wäre dieses Jahr 60 Jahre alt geworden

Zwei Mal konnte Erich Burkart seine Kategorie am Wohler Pfingstlauf gewinnen. Nicht der einzige grosse Erfolg des Sohnes von Pfingstlauf-Gründer Kaspar Burkart. Dieses Jahr wäre der ambitionierte Laufsportler, der 1984 aus dem Leben geschieden ist, 60 Jahre alt geworden. Zum Gedenken an eines der grössten Talente der LR Wohlen.

Josip Lasic

Die Wohnung von Kaspar «Chabi» Burkart gleicht einem kleinen Laufsport-Museum. Pokale, Medaillen, wohin das Auge sieht. Möchte man vom 87-Jährigen das Ergebnis eines bestimmten Laufs wissen, reicht meistens ein kurzer Handgriff. Ranglisten, Statistiken, Zeitungsberichte, Fotos, alles fein säuberlich abgelegt. Kein Wunder. Burkart ist einer der Mitbegründer der LR Wohlen und Gründer des internationalen Wohler Pfingstlaufs, der dieses Jahr zum 54. Mal stattfinden wird. Ausserdem war er jahrzehntelang selbst ein erfolgreicher Laufsportler.

Dann zeigt «Chabi», wie ihn alle nennen, zwischen allen Unterlagen und Preisen auf einen Kasten. «Das ist der Medaillenkasten von Erich», sagt er. Erich Burkart war der Zweitälteste unter den sechs Kindern von Chabi Burkart. 1984 nahm er sich im Alter von 22 Jahren das Leben. «Es gab keinerlei Anzeichen dafür. Wir wissen bis heute nicht, was der Grund war und wieso er das getan hat», sagt Chabi Burkart. «Danach war ich monatelang in einem Loch. Zu nichts zu gebrauchen. Auch heute denke ich noch viel an ihn.»

Ein Naturtalent

Rolf Burkart ist der älteste Sohn von Kaspar und der ältere Bruder von Erich Burkart. Über seinen jüngeren Bruder kann er nur Gutes erzählen. «Er war ein Phänomen. Junioren-Schweizer-Meister, Teil der Junioren-Nationalmannschaft, Schweizer Meister über 25 Kilometer. Egal ob auf der Bahn oder im Gelände, er war überall ein starker Läufer», erzählt Rolf Burkart. «Und dabei hat er nicht mal viel trainiert. Er hatte einfach Talent. Unser Vater hat sich sehr oft aufgeregt, weil Erich nicht mehr Aufwand für das Training betrieben hat.» Kaspar Burkart lächelt, wenn er über dieses Thema erzählt. «Das stimmt. Oft ist er gerade mal 40 Kilometer in der Woche gerannt. Es gibt Spitzenläufer, die legen so etwas pro Tag im Training zurück. Und Rolf war sein grösster Fan. Der war so gut wie an jedem Lauf seines jüngeren Bruders mit dabei und hat ihn angefeuert.» Dann folgt wieder ein Griff in die Schublade. Chabi Burkart zaubert einen Ordner mit Erfolgen von Erich hervor. «Es war irgendwann in der Primarschule, als ich ihn mitnahm und er mit dem Sport begonnen hat.» Ab da jagt ein Erfolg den nächsten. Aargauer Meisterschaften, Schweizer Meisterschaften, Strasse, Bahn, Wald, alle möglichen Distanzen und zahlreiche Siege von Erich Burkart. 1977 ist er gerade mal 15 Jahre alt, als er unter 163 Schülern den Sieg am Zürcher Silvesterlauf holt. Im März 1978 erscheint im «Wohler Anzeiger» ein Artikel, wo Erich Burkart neben Pius Schöpfer von der LVF Muri als einer der Nachwuchsläufer betitelt wird, von denen man noch hören werde. Egal bei welchem Lauf der Wohler teilnimmt, er hinterlässt Spuren. Selbst bei den Vereinsläufen der Läuferriegen. «Er hält bis heute gewisse Vereinsrekorde in der LR Wohlen», berichtet Kaspar Burkart.

Zweimal am Pfingstlauf gewonnen

Unter all den Berichten und Ranglisten mit Erich Burkarts Erfolgen finden sich auch welche vom Pfingstlauf, dem Baby seines Vaters. 1978 holt Erich den Sieg bei den Junioren B. Ein Jahr später folgt der Sieg bei den Junioren A.

Bei den Aktiven war ihm dieser Erfolg nie vergönnt. Das liegt auch daran, dass er eine Zeit lang dem Laufsport etwas untreu wurde. «Er begann mit Andy Hug und seinen Kollegen Karate zu trainieren», erzählt Chabi Burkart. «In dieser Zeit wurde er deutlich muskulöser. Er hat dafür mit den Karatekas läuferisch viel trainiert und ihnen geholfen, Kondition aufzubauen. Erich war daran interessiert, auch in Richtung Kampfsport zu gehen.»

Sieg am letzten Lauf

Doch dazu sollte es nie kommen. Im Ordner mit den Ergebnissen von Erich Burkart ist auf der letzten Seite eine Goldmedaille festgetackert. Daneben steht: «Letzter Wettkampf von Erich!» Am 10. Februar 1984 bestreitet er in Holderbank einen militärischen Wettkampf. Eine 12-km-Laufstrecke mit 200 Metern Höhendifferenz, dazu Schiessen und Handgranatenwurf. Erich Burkart holt den Sieg. Am 13. November des gleichen Jahres nimmt er sich das Leben.

«Die Läuferriege Wohlen hatte nach Erich nur noch wenige so starke Läufer», sagt sein Bruder Rolf. Chabi Burkart: «Es gab immer wieder gute Junioren in der LR Wohlen. Aber Erich war einer der Besten.» Am 26. Juli dieses Jahres wäre Erich Burkart 60 Jahre alt geworden. Rund zwei Monate vorher, am 5. Juni, wird der Pfingstlauf stattfinden. Ob er in diesem Alter noch gestartet wäre, kann niemand beantworten. Für die Burkarts, die eine Läuferfamilie sind, ist der Pfingstlauf in diesem Jahr aber ein Anlass, um ihres Sohnes und Bruders zu gedenken. Eines grossen Laufsporttalents, das die LR Wohlen und die gesamte Sportschweiz viel zu früh verloren hat.


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