Auch Kinder können Brücken bauen

  24.05.2022 Bettwil

Die Schule Bettwil führte das Musical «D Chinderbrugg» auf

Zwei Monate lang geübt, die Projektwoche intensiv genutzt, auch für das Basteln der Bühnenbilder. Alle 67 Kinder der Schule Bettwil waren involviert. Am Freitagabend zeigten sie «D Chinderbrugg» ihren Eltern und Familien. Die Idee dazu entstand aus dem Lehrergremium.

Annemarie Keusch

Zwei Landwirte, dazwischen der Fluss. Mögen tun sie sich nicht, seit Generationen nicht. «Gäll, unsere Eltern hassen sich?», fragt Tina, als sie Ronny am Fluss trifft. Der Fluss trennt die beiden Familien auch geografisch. Eine Brücke darüber bauen? Für keine der Familien würde es infrage kommen. «Streit entsteht immer dann, wenn jemand etwas will, das ein anderer hat», sagen sich die vier Mädchen beim Putzen ihrer Reitutensilien. «Sollen wir den Erwachsenen zeigen, wie man Frieden schliesst?»

In Text- und vor allem in Liedform beschäftigen sich die 67 Kinder – fünf davon sind ukrainische Flüchtlingskinder – mit dem Thema Streit, Krieg und Frieden. Vom kleinen Kindergarten bis zur sechsten Klasse sind alle dabei. «Warum sind die Menschen so radikal? Warum hat die Liebe keinen Platz mehr?» Es sind die ganz grossen Fragen, die auf spielerische und kindliche Art beantwortet werden. Und das Musical bietet auch Platz für den einen oder anderen Witz. Etwa als Ronny am Fluss das Nachtessen fischen soll. «Wäre es nicht besser, zur Sicherheit doch noch Fischstäbchen aus der Gefriertruhe zu holen?», fragt ein Angestellter des Bauernbetriebs.

Hochwasser trennt die Kinder

Dass sich die beiden Familien seit Generationen nicht mögen, ist nicht neu. Die Lage spitzt sich zu, als die Müllers eine Reithalle bauen wollen. Die Meiers verdienen ihr Geld seit Jahren mit einem Reitbetrieb. Kommuniziert wird sowieso nur noch per E-Mail, der Ton wird rauer. Zumindest bis sich Ronny Müller und Tina Meier beim Spielen am Fluss treffen. «Zäme spele, zäme rede, zäme schöni Zyte ha», singt der Chor. Und Tina sagt zu ihren Eltern: «Jedenfalls bin ich glücklich und nicht griesgrämig wie ihr.»

Ein Hochwasser sorgt dann dafür, dass die Kinder nicht mehr beim Fluss spielen und angeln und sich somit nicht mehr sehen können. «Die Müllers sind überhaupt nicht so schlimm, wie ihr immer sagt», wirft die traurige Tina ihren Eltern an den Kopf. Ronny fragt, ob eine Brücke denn nicht helfen würde? «Niemals.» Aber als sich die Meiers zu einem klärenden Gespräch überreden lassen und die Müllers dazu einladen, springen alle über ihren Schatten. Bei Fondue und Kuchen beschliessen sie: Die Brücke soll gebaut werden – die Pöstlerin bringt sogleich die Bewilligung des Gemeinderates. Und die Landwirte sind froh. Mit der Brücke können sie Maschinen und Geräte austauschen. «Zäme gohts dopplet guet», ist das Fazit des Chores.

Tradition aufbauen

Der Applaus in der Bettwiler Turnhalle ist der grosse Lohn für die Kinder. Zwei Monate haben sie während der Schulzeit geübt. Die Projektwoche nutzten sie intensiv, auch für das Bühnenbild. Für die Steine im Fluss, für das Fondue, für die Fische, die die kleinsten emporstreckten. Karin Vogel und Lara Steinmann blicken auf eine intensive Zeit zurück. Vogel leitete den Chor, Steinmann das Theater. Beide sind Lehrerinnen in Bettwil. «Vor eineinhalb Jahren führten wir ein Weihnachtsmusical auf. Das gefiel allen so gut, dass wir ein Musical als Tradition aufbauen wollen», erklärt Karin Vogel. Die Idee dazu sei aus dem gesamten Lehrergremium entstanden.

«Es motivierte sehr, die vielen kleinen und grossen Fortschritte mitzuerleben», sagt Lara Steinmann. «Die Freude der Kinder zu spüren, war wirklich schön», ergänzt Karin Vogel. Diese Freude immer aufrechtzuerhalten, sei manchmal auch herausfordernd gewesen. Aber sie haben es geschafft. Das zeigten das Strahlen der Kinder und der Applaus der Erwachsenen.


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