Willkommen in den Aufstiegsspielen

  17.05.2022 Sport

Fussball, 1. Liga classic: FC Wohlen – FC Luzern U21 3:2 (0:2)

Der FC Wohlen macht es gegen die U21 des FC Luzern unnötig spannend. Nach einer desaströsen ersten Halbzeit drehen die Freiämter das Spiel aber noch und qualifizieren sich vorzeitig für die Aufstiegsspiele zur Promotion League.

Josip Lasic

Riesenerleichterung und grosser Jubel in der Niedermatten, als Schiedsrichter Jerkic das Duell zwischen dem FC Wohlen und dem FC Luzern U21 abpfeift. Die Freiämter gewinnen und stehen damit in den Aufstiegsspielen. Und da der SR Delémont mit 2:4 in Köniz verloren hat, hätte der FCW die Aufstiegsspiele sogar mit einer Niederlage erreicht.

Und lange Zeit war das Team auch drauf und dran, diese einzufahren. Nach der ersten Halbzeit lagen die Wohler mit 0:2 im Rückstand. «Ich kann es nicht verstehen», sagt Luigi Milicaj. «Wir wussten doch, wie spielstark sie sind. Jedes Mal, wenn wir sie unter Druck gesetzt haben, haben sie den Ball verloren. Aber wir lassen sie spielen.» In der Tat war es in der ersten Halbzeit vor allem Luigi Milicaj, der sich den Luzernern entgegengestellt hat und sie unter Druck gesetzt hat. Die jungen Innerschweizer haben ansonsten gezeigt, dass sie angehende Super-League-Spieler sein wollen. Die Wohler hingegen haben eher nicht wie angehende Promotion-League-Akteure ausgesehen. Nach fünf Minuten liegt bereits ein Luzerner im Wohler Strafraum. Penalty. Tor. 0:1. Ein Fehlpass von Anatoliy Kozlenko leitet das 0:2 in der 24. Minute ein. Der FC Wohlen, in dieser Saison bisher so dominant, ist nicht wiederzuerkennen.

«Ich kann es auch nicht nachvollziehen, wieso so eine erste Halbzeit notwendig gewesen ist. Mental müssen wir vermutlich noch einen Zacken zulegen», sagt FCW-Sportchef Alessio Passerini. «Aber die Mannschaft hat immerhin Moral bewiesen.»

Das Talent, der Unermüdliche und der Routinier

Das hat der FC Wohlen tatsächlich. In der zweiten Halbzeit finden die Freiämter wieder ins Spiel zurück. Angeführt von Luigi Milicaj. Dieser dribbelt sich in der 68. Minute in den Strafraum der Luzerner und versucht abzuschliessen. Luzern-Goalie Raphael Radtke wehrt ab, hält den Ball jedoch nicht fest. Der 17-Jährige Alessandro Vogt schaltet blitzschnell, jagt dem Goalie den Ball ab und schliesst mit der Hacke ab, bevor irgendein Luzerner reagieren kann.

Nur vier Minuten nach dem Treffer durch das Talent verwandelt Milicaj einen Freistoss direkt zum 2:2. Den Abschluss macht Routinier Alban Pnishi, der nach einem Eckball zum 3:2 für die Wohler trifft. Bemerkenswert ist, dass Milicaj durchgespielt hat, obwohl er sich in beiden Halbzeiten in grösster Hitze die Seele aus dem Leib gerannt hat. Woher nimmt der Unermüdliche seine Energie? «Wenn man die Chance hat, sich vorzeitig für die Aufstiegsspiele zu qualifizieren, dann muss man auf dem Platz für den Sieg sterben», sagt der 28-Jährige. Ob er je am Sieg gezweifelt hat? «Nein, zu keiner Sekunde. Ich will immer gewinnen.»

Ein Scheibe Kampfgeist abschneiden

Die erste Halbzeit pfui, die zweite hui. So lässt sich der Auftritt des FC Wohlen zusammenfassen. Wollen die Freiämter in den Aufstiegsspielen bestehen, sollte es möglichst keine Wiederholung des Auftrittes aus der ersten Halbzeit geben.

Wenn Sportchef Alessio Passerini sagt, dass sich das Team mental noch steigern kann, lässt sich ein gutes Beispiel dafür in den eigenen Reihen finden. Wenn jeder Spieler den Kampfgeist zeigt, den Luigi Milicaj gegen Luzern an den Tag gelegt hat, kann eigentlich gar nichts schiefgehen.


«Will keine Statistiken hören»

FC-Wohlen-Trainer Ryszard Komornicki zum Erreichen der Aufstiegsspiele

Ryszard Komornicki hat mit dem FC Wohlen das geschafft, was die Freiämter seit dem Abstieg aus der Promotion League versuchen. Die Aufstiegsspiele zu erreichen und nach Möglichkeit in die dritthöchste Spielklasse zurückzukehren. Er warnt davor, jetzt in Euphorie zu verfallen.

Am Ende kassiert Wohlen-Trainer Ryszard Komornicki noch die Gelbe Karte. Grund: Er stand auf dem Feld. Man bekam den Eindruck, dass der 62-jährige Pole am liebsten selbst noch mitgekickt und geholfen hätte, seinem Team den Sieg zu sichern. «Ach, David Zibung vom Luzerner Staff stand auch nicht immer in der Coaching-Zone. Bei ihm hat es der Schiedsrichter nicht gesehen und bei mir halt schon», sagt Komornicki.

Ansonsten möchte er gar nicht viel zur Partie sagen. «Wir haben gewonnen. Das ist die Hauptsache. Ich weiss schon, woran es in der ersten Halbzeit gelegen hat, aber ich weiss nicht, ob ich das so direkt sagen soll. Nur so viel: Ich habe mein Team gewarnt, dass die Luzerner spielstark sind.»

Keine Wettbewerbsverzerrung

Dass der Trainer nicht so viel zum Spiel sagen möchte, liegt auch daran, dass er bereits wieder nach vorne schaut. Bevor sein Team in die Aufstiegsspiele darf, stehen noch zwei Partien in der Meisterschaft aus. «Mir wäre es ehrlich gesagt lieber gewesen, wenn wir die Qualifikation eine Woche vor Start der Aufstiegsspiele klargemacht hätten, nicht zwei Wochen vorher.»

Es stehen noch zwei Spiele an, in denen es für Wohlen theoretisch um nichts mehr geht. Dennoch muss die Spannung hochgehalten werden. «Zuerst spielen wir gegen Delémont. Das ist eine Prestige-Sache. Wir gehen an das Spiel ganz normal ran und wollen gewinnen. Gegen Münsingen ebenso. Wir wollen den Wettbewerb nicht verzerren. Aber in der letzten Partie gebe ich vielleicht einigen Akteuren Spielzeit, die zuletzt verletzt waren. Mal schauen.» Komornicki bleibt seiner Linie treu. Er schaut von Spiel zu Spiel. «Ich will nichts von einem Duell gegen den FC Baden hören. Ob wir auf sie treffen, können wir ja nicht wissen. Ich weiss nicht, warum ich immer auf Baden angesprochen werde. Vielleicht steigen wir ja beide auf. Ich würde es den Badenern gönnen. Nur ist es nicht mein Job, ihnen zum Aufstieg zu verhelfen. Ich habe genug zu tun in Wohlen.»

«Bin nur ein alter Mann»

Und der Trainer legt noch einmal nach. «Von Statistiken will ich bitte auch nichts mehr hören. Wenn es heisst, dass wir soundso viele Spiele kein Gegentor kassiert haben, fallen im nächsten Spiel gleich ein paar. Heisst es, dass wir seit mehreren Spielen ungeschlagen sind, verlieren wird gleich das nächste.» Die letzte Aussage ist aber nicht korrekt. Und das weiss Komornicki ganz genau. Diese Zeitung hat mehrfach geschrieben, wie oft Wohlen jetzt ungeschlagen ist. Tatsache ist, dass sie trotzdem nur ein Spiel in der gesamten Rückrunde verloren haben. Und das liegt zu einem grossen Teil an Ryszard Komornicki, seinem Fussballfachwissen und seiner sympathischen, obwohl sehr direkten Art. Auch wenn er das anders sieht. «Es ist in erster Linie die Mannschaft, die diesen Erfolg möglich gemacht hat. Ich bin nur ein alter Mann», ergänzt er. Einer, der dem FC Wohlen sehr gut getan hat. --jl


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