Die eiserne Lebensschule

  11.03.2022 Sport

Serie «Sporthelden von damals»: Die Berikerin Monika Lehmann hat sich an den Ironman-Triathlons einen Namen gemacht

Die Wettkämpfe tragen zwar den Namen «Ironman», doch Monika Lehmann hat mehrfach bewiesen, dass es auch Frauen gibt, die den eisernen Willen mitbringen, um 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,2 km Laufen hinter sich zu bringen und dabei noch eine gute Zeit zu erzielen.

Josip Lasic

Es wirkt wie Ironie des Schicksals. Heute ist Monika Lehmann Mitglied des Schwimmclubs Region Bremgarten. Schwimmen, die Triathlon-Disziplin, wegen der die Berikerin, die heute in Oberwil-Lieli lebt, nie eine Teilnahme an Olympischen Spielen in Erwägung gezogen hat. 1,5 km Schwimmen, 40 km Radfahren und 10 km Laufen ist die olympische Distanz.

Es wirkt wie ein Klacks für jemanden, der Ironman-Triathlons über die volle und die Halbdistanz bestritten hat. «Bei den Olympischen Spielen ist aber Radfahren im Windschatten verboten», erklärt die 49-Jährige den Unterschied zum «Ironman». Dadurch konnte sie den Rückstand aus dem Schwimmen im Laufen und Radfahren nur ungenügend kompensieren. Aus Olympia sollte also nichts werden. Erfolge hat die Freiämterin dennoch einige eindrückliche gefeiert in ihrer Karriere. 2006 und 2007 konnte sie an den Weltmeisterschaften im Ironman 70.3 (Halbdistanz) in Clearwater, Florida, teilnehmen. Sie beendete den Wettkampf je einmal auf dem 7. und auf dem 9. Rang. Über die volle Ironman-Distanz konnte sie an den Schweizer Meisterschaften je einen 2. und 3. Platz feiern und landete bei den Weltmeisterschaften 2009 auf Hawaii auf dem 29. Platz als beste Schweizerin..

Lateintänze, Beruf und dazwischen Ironman

Beachtliche Erfolge für die Freiämterin, auf die sie in ihrer Karriere zurückblicken kann. Dass es eines Tages so weit kommen würde, hätte sie vermutlich selbst nicht erwartet. Sportlich war Monika Lehmann zwar immer. Angefangen in der Mädchenriege schloss sie sich später einem Leichtathletik-Club in Baden an. «Gerade läuferisch hatte ich deshalb schon eine gute Grundausbildung, bevor es in Richtung Triathlon ging.» Zwischen Leichtathletik und Triathlon gab es noch eine exotischere Zwischenstation. «Ich habe mich an Lateintänzen versucht und muss sagen, dass das für Beweglichkeit und Koordination Gold wert war.»

Auf Triathlon wurde sie durch Arbeitskollegen aufmerksam, durch die sie auf den Geschmack der Sportart und später der Ironman-Wettkämpfe kam. 1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren und 21,1 km Laufen sind die Distanzen bei den Ironman 70.3, bei den Langdistanzen sind sie doppelt so lang (3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,2 km Laufen). Ab 2005 ist sie Teil des Schweizer Langdistanz-Nationalkaders Swisstriathlon. Sie trainiert zweimal täglich. Dank Sponsoren ist ihr das auch möglich. Eigentlich ist sie eine Profitriathletin, arbeitet aber dennoch Teilzeit. «Das war mir wichtig, damit ich den Anschluss an das Berufsleben nicht verliere», so die Athletin, die ursprünglich eine Ausbildung an der Wirtschaftsfachschule Baden und nach der Karriere ein Studium im Bereich Rechnungswesen an der Controller Akademie sowie den Abschluss des «Executive Master of Business Administration» EMBA an der Berner Fachhochschule absolviert hat.

Das erste Mal Florida – unvergessen

Trotz der beruflichen Zusatzbelastung trägt das harte Training Früchte. Am UK Ironman 70.3 in Wimbleball im Jahr 2006 holt sie den 2. Rang und qualifiziert sich somit zum ersten Mal für die Weltmeisterschaften in Clearwater. «Das ist der Wettkampf, der mir vielleicht am besten in Erinnerung geblieben ist», sagt Lehmann. «Vorher konnte ich noch nie an einem Triathlon in den USA starten und mich mit den besten Athleten aus aller Welt messen.» Nur schon das hat einen bleibenden Eindruck bei der Triathletin hinterlassen. Dass sie ihre ersten Ironman-70.3-Weltmeisterschaften mit Rang 7 und somit in den Top 10 abschliessen konnte, hat die schöne Erinnerung noch abgerundet.

Ebenfalls schön ist die Erinnerung an die erste WM auf Hawaii. Dabei bestand die Gefahr, dass sie diese verpasst. Ein Jahr vorher wurde Monika Lehmann bei einem Wettkampf von einem Auto angefahren, das unerlaubt in die Ironman-Strecke eingebogen ist. Das Ergebnis war unter anderem ein gebrochenes Schulterblatt. Und Unklarheit, ob und wann sie wieder würde schwimmen können. «Dass ich mich ein Jahr später bereits so gut erholt habe und mir die Qualifikation für Hawaii gelungen ist, ist erstaunlich. Unter diesen Umständen ist es okay, dass ich immerhin noch unter die Top 30 gekommen bin und die beste Schweizerin war. Irgendwie musste ich innerhalb kurzer Zeit wieder fit werden. So richtig begeistert bin ich aber nicht über meine Klassierung.» Dieser WM-Final auf Hawaii fand im Oktober 2009 statt. In diesem Jahr wird die Berikerin auch zur Freiämter Sportlerin des Jahres gewählt. Im Juli 2010 holt sie noch den 3. Rang am Ironman Switzerland in Zürich. Dann beendet sie ihre Profikarriere.

Familie und Beruf stehen im Vordergrund

Zu diesem Zeitpunkt ist sie 38 Jahre alt. Doch das Alter ist nicht der primäre Grund für das Karriereende. «Es war aus meiner Sicht Zeit, dass ich diesen Lebensabschnitt abschliesse und einen neuen beginne.» Die Sportlerin hat sich auf ihr Studium konzentriert. Später kam die Familie dazu. Heute ist sie verheiratet und Mutter von zwei Söhnen (acht und sechs Jahre alt). Beruflich ist sie mittlerweile Geschäftsleiterin eines Unternehmens in den Bereichen Rechnungslegung und Controlling. Sportlich hat sie nach ihrem Rücktritt als Profitriathletin noch einige kleinere Wettkämpfe bestritten.

Neben dem Schwimmclub Bremgarten ist sie auch Mitglied beim Tri Team Limmattal. «Dort besuche ich allerdings ebenfalls nur das Schwimmtraining. Ich gehe für mich noch laufen und von Zeit zu Zeit bin ich auch auf dem Mountainbike unterwegs.» Die beiden Söhne sind auch sportangefressen. Beide spielen leidenschaftlich gern Fussball und sind Junioren beim Kellerämter FC. «Der Ältere kommt auch sehr gern mit, wenn ich laufen gehe. Der Jüngere ist noch nicht ganz so angefressen, joggt aber auch schon.»

Der Sport hat Monika Lehmann nie ganz verlassen, auch wenn sie keine Wettkämpfe mehr bestreitet. Früher blieb ihr wegen dem Training nicht so viel Zeit für andere Hobbys. Jetzt sind es die Familie und der Beruf, die sie beanspruchen. «Die Familie ist mir sehr wichtig. Ich verbringe sehr gerne meine Freizeit mit den Jungs. Daher bin ich zufrieden, wie es ist.» Dass sie alles gut unter einen Hut bekommt, hat sie auch ihrer sportlichen Vergangenheit zu verdanken. «Auch in meinen heutigen Projekten weiss ich, dass die Erreichung eines Zieles immer mit Engagement und oft auch mit Ausdauer und ‹Dranbleiben› im Zusammenhang steht», sagt Lehmann. «Eine weitere Erfahrung ist, dass die Freude an der Sache sehr wichtig ist. Die Leistung ist dann am besten, wenn ich etwas mit Freude machen kann. Das ist auch heute in all meinen Lebensbereichen so.»


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