Für ein friedliches Miteinander

  22.02.2022 Kelleramt

Biberexkursion der Stiftung Reusstal stösst auf grosses Interesse

Der Biber ist definitiv zurück im Reusstal. Selten sieht man zwar das nachtaktive Tier, doch es hinterlässt unübersehbare Spuren. Ein Tier, das fasziniert und neugierig macht. Über das Leben des Bibers informieren liessen sich am Samstag gegen 80 Personen.

Sabrina Salm

Ein kleiner Spaziergang ab dem Parkplatz Reussbrücke Rottenschwil– Unterlunkhofen entlang der Reuss und schon sieht man einen abgenagten Stamm, der wie eine Sanduhr aussieht. Ja, entlang unserer Bäche und Flüsse zeugen Nagespuren an Baumstämmen oder -ästen von der Anwesenheit von Bibern. «Da man schon so viel vom Biber sieht und hört, wollte ich mich genauer über das Tier informieren», erklärt eine Exkursionsteilnehmerin ihre Motivation. In zwei Gruppen wurde die Tour entlang der Reuss unternommen. Natürlich hatten die Experten Niklaus Peyer und Josef Fischer von der Stiftung Reusstal Anschauungsmaterial dabei, was Gross und Klein beeindruckte. Aber noch mehr faszinierte das viele Wissen über die national geschützten Nagetiere. Und natürlich das Erforschen der Spuren.

Bäume fällen im Winter

Der Biber wurde früher oft gejagt und über ihn waren Märchen im Umlauf. So zum Beispiel wurde die Jagd auf ihn damit begründet, dass er ein Fischereischädling sei. Dabei ist der Biber, der bis zu 30 Kilogramm wiegen kann, ein reiner Vegetarier. Er frisst nur pflanzliches Material. Begehrt war der Biber auch wegen seines Pelzes, des Fleisches und des sogenannten «Bibergeils», das in einer Drüse produziert wird. Es galt als wahre Medizin für die Menschen. So sollte es potenter machen oder gegen allerlei Krankheiten wirken. «Man wollte ihn ausrotten und hat das um 1900 auch geschafft», führt der Biologe Niklaus Peyer aus. In den 60erund 70er-Jahren wurde der Biber in der Schweiz wieder angesiedelt. Auch wenn sich die Population anfangs nur sehr zögerlich entwickelte, leben heute wieder 3000 Biber in der Schweiz. Wohl scheint er sich auch in unserer Region zu fühlen. «Mittlerweile findet man alle paar Meter Spuren von Bibern.»

Sie fällen Bäume, um ihren Bau zu bauen, aber auch um an den Zweigen die feinen Blätter und Knospen zu fressen. «Biber können nicht klettern. Um an die Knospen zu kommen, fällen sie eben Bäume.» Besonders im Herbst und Winter nagt der Biber an den Bäumen, um sich davon zu ernähren. Biber nagen die Bäume jedoch nie bis zum Umfallen um. «Das lassen sie den Wind machen.» Um die Sicherheit zu bewahren, gehört es zu den Unterhaltsarbeiten der Stiftung Reusstal, regelmässig angenagte Risikobäume zu fällen. Im Sommer findet er genügend Futter. Von vielen Landwirten wird der Biber nicht gerne gesehen, da er sich eben auch gerne an ihren Feldern bedient. «Zuckerrüben, Mais oder Korn stehen ebenfalls auf seinem Speiseplan.»

Lebensraum für andere Tiere schaffen

Den Biber findet man nur in Wassernähe. Er macht keinen Winterschlaf und legt sich Vorräte an. Sein Pelz zählt zu den dichtesten im Tierreich. Pro Quadratzentimeter wachsen 22 000 Haare. Unsere Kopf haut bringt es demgegenüber auf rund 300 Haare pro Quadratzentimeter. Seine Nagezähne wachsen ein Leben lang. In der Schweiz wohnen Biber meist in einem Erdbau. Dazu graben sie zuerst einen aufsteigenden Gang in einen steilen und lehmigen Uferhang und verschliessen ihn dann mit Ästen und Stämmen. Der Eingang befindet sich immer unter Wasser, zum Schutz vor Feinden. Falls nötig, staut der Biber darum auch ein Gewässer mittels des bekannten Biberdamms. «Biber sind die einzigen Tiere, die ihren Lebensraum selber gestalten», sagt Niklaus Peyer. Mit solchen Landschaftsveränderungen ermöglicht der Biber auch einen vielseitigen Lebensraum für andere Tiere wie Eisvögel, Frösche oder Libellen. «Der Einzige, der ab und an Probleme mit diesen Veränderungen hat, ist der Mensch.»

Vermittlung zwischen Mensch und Biber

Es ist klar, dass die Lebensweisen der Biber Ursachen von Konflikten sein können, wenn durch ihre Dämme Überschwemmungen drohen, durch ihre Erdbauten Löcher in Flurwegen entstehen oder sie etwa Kulturbäume fällen. Nicht alle haben Freude am Biber. «Er macht es uns nicht immer einfach und wir machen es ihm nicht einfach», sagt Niklaus Peyer. «Auf unseren Exkursionen versuchen wir die Sicht der Bibers darzustellen», die Stiftung Reusstal sehe sich als Vermittlerin zwischen Mensch und Biber. Im Allgemeinen ist das Miteinander zwischen Mensch und Natur seit 60 Jahren ein zentrales Thema der Stiftung. «In der Schweiz beansprucht der Mensch sehr viel Platz für sich und die Natur wird verdrängt», berichtet Peyer. Die Flurwege und das Kulturland seien zum Teil zu nahe an den Gewässern. «In der Schweiz ist es eng und zu verbaut.» Langfristig die beste und günstigste Lösung, um Konflikte mit dem Biber zu vermeiden, ist es, dem Gewässer genügend Platz zu lassen.


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