Hoffen auf bessere Tage

  11.02.2022 Region Unterfreiamt

Wie geht es den Beizen im Dorf in der Coronapandemie?

Bald zwei Jahre ist es her, dass die Coronapandemie ausgebrochen ist. Alle Menschen waren betroffen. Aus wirtschaftlicher Sicht mussten die Restaurants und Bars mitunter am meisten leiden. In Villmergen hat sich diese Zeitung umgehört, wie es den Beizen im Dorf geht.

Stefan Sprenger, Maja Njagojevic

«Vieles hat sich geändert», sagt Erwin Brunner, der gemeinsam mit seiner Frau Brigitte seit bald 13Jahren den «Freihof» in Villmergen führt. Vor der Coronapandemie war man zufrieden. Der «Freihof» ist eine Arbeiter- und Dorfbeiz, wie es sie heute immer weniger gibt. Die «Znünis» sind gut besucht, es gibt ein Mittagsmenü mit fairem Preis und nach der Arbeit trifft man sich auf ein Feierabend-Bier. Der «Freihof» bleibt seiner Linie natürlich treu. Aber: «Die Menschen und ihr Verhalten haben sich geändert», erklärt Erwin Brunner. «Es gibt Leute, die seit Beginn der Coronapandemie nicht mehr hier gewesen sind.» Rund ein Drittel weniger Gäste hatte man in Coronazeiten – wenn denn die Beiz überhaupt offen haben durfte.

Die finanzielle Unterstützung war am Anfang holprig, funktioniert mittlerweile aber gut. Der «Freihof» hat nebst dem Wirtepaar eine festangestellte Servicekraft und drei Aushilfen. Existenzängste hatte Brunner während den letzten zwei Jahren nie. «Wir haben viele Stammgäste. Und auch wenn es mittlerweile nicht mehr so viele sind wie vor Corona, so sind wir guter Dinge.» Es werde wohl noch ein wenig dauern, bis vollständige Normalität in den Beizen herrscht. «Aber je weniger Massnahmen es gibt, desto normaler wird es. Wir werden wohl auch in Zukunft vorsichtiger sein, aber immerhin wird das gesellschaftliche Leben wieder Schwung kriegen», sagt der Ur-Villmerger Erwin Brunner.

«Toscana»: Mit Herz dabei

Das Restaurant und Pizzeria Toscana hat sich als beliebter Treffpunkt für Geniesser und Feinschmecker in Villmergen etabliert. Man kann italienische Spezialitäten von Chef Mehmet Ilengiz und seinem Team geniessen. Seit über neun Jahren führt der erfahrene Gastronom das Toscana – mit Erfolg. «Ich habe nirgends so gute Pasta gegessen wie hier», lobt eine Besucherin den Geschäftsführer. Die herzlichen Worte erfüllen das engagierte Team des «Toscana» mit Hoffnung. Schön, dass die treue Kundschaft es auch in schwierigen Zeiten unterstützt. «Wir erhalten auch in dieser Zeit viele Reservationen und Bestellungen», erzählt der 51-jährige Geschäftsführer, «leider werden einige in letzter Minute storniert.»

So wollten 86Personen Silvester im Restaurant Toscana feiern. Doch davon haben 38 Personen kurzfristig abgesagt. «Es sind solche Ausfälle, die grosse Probleme machen. Ich habe extra Material eingekauft und Aushilfen für diesen Abend organisiert. Wir erhalten keine Hilfe und können nicht ruhig schlafen, da wir nicht wissen, was nächste Woche auf uns zukommt», zeigt sich Mehmet Ilengiz besorgt, «aber die Gastronomiekultur gibt weiterhin ihr Bestes, auch wenn die Branche langsam untergeht. Wir machen unsere Arbeit mit Herz. Es ist im Moment für alle schwierig, nicht nur für mich.»

Sein grösster Wunsch ist es, dieses Jahr im Mai eine Bar mit Livemusik und Gelateria im Zentrum von Villmergen zu eröffnen: «Es soll ein Ort werden, an dem sich die Leute wieder treffen können.» So soll der Villmerger Dorfkern zu einem einladenden Begegnungsort für Gross und Klein werden.

Eine mutige Entscheidung, die sich gelohnt hat: Sarah Dubler und Frits van der Graaff haben am 12.Dezember 2020 die Weinlounge Güggibueb eröffnet.

Dass sie nur eine Woche später ihren Betrieb aufgrund eines Lockdowns wieder schliessen mussten, damit hat die Geschäftsführerin Dubler nicht gerechnet. «Ich habe die schwierigste Zeit ausgesucht, um aufzumachen», erklärt Dubler. «Aber nun darf ich sagen, dass es uns sehr gut geht seit der Wiedereröffnung am 19. April 2021.» Denn die Weinlounge Güggibueb überzeugt mit einem einladenden Aussenbereich mit Wintergarten, den die Gäste sehr gerne nutzen. Dank dem guten Wetter wurde der gemütliche Garten zu einem beliebten Treffpunkt, um gemeinsam entspannen zu können. «Das war super für uns», so die Geschäftsführerin. Damit sich die Gäste auch draussen wohlfühlen, hat das Team der Weinlounge Güggibueb den Gartenbereich mit Herzblut gepflegt und bei Bedarf Heizkörper aufgestellt.

Mit Freude in die Fasnacht

«Wenn man mitten in der Pandemie aufmacht, geht man vom Schlimmsten aus. Dies ist zum Glück bei uns nicht eingetreten. Wir sind zwar noch nicht da, wo wir sein möchten, aber wir sind gut unterwegs und positiv eingestellt, dass wir dies und mehr erreichen werden», sagt Dubler. Deshalb überrascht die Weinlounge Güggibueb alle zwei Wochen mit Livemusik und regelmässigen Spezialanlässen. Im Februar steht bei ihnen alles im Zeichen der Fasnacht: «Wir freuen uns auf die Beizenfasnacht am 11.Februar mit Livemusik. Bei uns wird die Fasnacht regelkonform gefeiert.»

Not macht erfinderisch

«Es war kurz so, als ob die Welt stillsteht», erinnert sich Christoph-Philipp Laube zurück. Seit Anfang 2019 führt er das Hotel Villmergen. Dass Laube noch in seinem ersten Jahr etliche Herausforderungen aufgrund der epidemiologischen Lage erleben würde, hatte er sich damals nicht vorgestellt. Nach der Ankündigung des Lockdowns wurden die meisten Anfragen im Hotel Villmergen innerhalb von drei Tagen storniert. Der Rückgang des Betriebs führte dazu, dass Hotel und Restaurant geschlossen bleiben mussten. Dennoch verzichtete der Hoteldirektor und Gastronom auf einen Personalabbau und förderte die Ausbildung der Lehrlinge mithilfe von «AargauHotels» umso intensiver.

Der Eröffnung im Mai widmete sich Laube mit Freude – und einem grossen Fragezeichen. Was brauchen die Gäste, um sich sicher und wohl zu fühlen? So ging das Ausmessen des Restaurants los und die Tische wurden nach dem damaligen Schutzkonzept geordnet – mit Erfolg. «Wir haben besonders im Sommer bemerkt, dass die Kundschaft Wert darauf legt, sich etwas zu gönnen», erzählt der Direktor erfreut. Der starke Zusammenhalt des Teams sowie seine Flexibilität und Kreativität machten sich nach dem zweiten Lockdown im Hotel Villmergen besonders gut bemerkbar: «Wir hatten Zeit, uns darüber Gedanken zu machen, welche Wege wir gehen sollten. Das spanische Konzept im Restaurant haben wir nochmals vertieft.» So bietet das Restaurant El Toro neu ein grosses Tapas-Sortiment, das sich auch im Rahmen von Anlässen entdecken lässt. Zudem haben sie einen hauseigenen Schinken, den «Jamón El Toro», und machen neu eine eigene Chorizo.

Bis zu 50 Prozent Einbussen

Bei der Umfrage dieser Zeitung zeigen sich alle «Beizer» hoffnungsvoll, dass sich in den kommenden Monaten eine Entspannung in der Gastrobranche abzeichnet. Die «Kajüte» am Dorfplatz in Villmergen wollte keine Auskünfte geben.

Dafür spricht Marco Studer, seit rund 1,5 Jahren Geschäftsführer des «Wirtshaus der Brauerei» Klartext: «Phasenweise lief es ganz okay, phasenweise einfach schlecht», sagt er. Mit der 2G-Regelung kamen auch immer weniger Gäste. Zwischen 30 und 50 Prozent Umsatzeinbussen hat das «Wirtshaus zur Brauerei» in Villmergen zu beklagen. Und dies machte dem beliebten Lokal zu schaffen. Es gab Unterstützung, die Kurzarbeit half, doch mit zwei Servicekräften und zwei Köchen – plus sechs Aushilfen – waren es keine einfachen Zeiten. Auch die Brauerei kriegte die Pandemie zu spüren. Studer kann den vergangenen fast zwei Jahren auch positive Dinge abgewinnen: «Wir spürten, dass wir eine grosse Stammkundschaft haben, die immer zu uns gehalten hat und von der wir viel Unterstützung erhielten.»

Für die Zukunft hofft er, dass die Coronamassnahmen wegfallen und man zurück in die alte Normalität kommt. Das wünscht sich wohl jeder Beizer – und auch jeder Gast. Studer spürt bereits jetzt einen Aufwärtstrend. «In den vergangenen Tagen ist eine Aufbruchstimmung spürbar. Es kommen immer mehr Gäste. Ich hoffe und glaube fest, dass wir es bald überstanden haben.»


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