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  01.02.2022 Region Unterfreiamt

Marianne Kleiner verlässt die Primarschule am Maiengrün nach 45 Jahren

Dass man sein ganzes Berufsleben beim gleichen Arbeitgeber verbringt, kommt selten vor. Für Marianne Kleiner, die Schulleiterin der Primarschule am Maiengrün in Hägglingen, gab es nie einen Grund, zu wechseln. Das Team und die Kinder sind ihr derart ans Herz gewachsen.

Nadine Lang

Ende dieser Woche ist Schluss. Nach knapp 45 Jahren an der Primarschule am Maiengrün in Hägglingen tritt Marianne Kleiner in den verdienten Ruhestand. «Es ist jetzt plötzlich schnell gegangen, aber es ist der richtige Zeitpunkt», meint die scheidende Schulleiterin. Wobei, ganz vorbei ist es noch nicht. «Ich werde im Februar der neuen Schulleiterin bei Bedarf noch im Hintergrund zur Verfügung stehen, aber nicht mehr vor Ort präsent sein.» Marianne Kleiner ist überglücklich über die Wahl ihrer Nachfolgerin, Sonja Bachmann. «Wir haben uns seit ihrer Wahl im Herbst immer wieder getroffen und alles Nötige in die Wege geleitet. Ich bin mir sicher, dass alles problemlos weiterlaufen wird und die Werte, die an der Schule Hägglingen gelebt werden, ebenfalls weitergehen.»

Aufwand wurde immer grösser

Angefangen hat Kleiners berufliche Lauf bahn am Lehrerseminar in Wohlen, wo sie die Ausbildung zur Primarlehrerin absolvierte. «Ich wusste schon früh, dass ich etwas mit Kindern machen wollte.» Daher engagierte sie sich nebenbei als Pfadiführerin bei den «Bienlis» und gab Flötenunterricht. Mit etwas mehr als 20 Jahren übernahm sie eine 1. Klasse in Hägglingen. «Damals gab es viel zu viele Lehrer, aber keine Stellen. Genau das Gegenteil von heute», schmunzelt die gebürtige Wohlerin.

Nebst dem Unterrichten amtete sie schon bald auch als Inspektorin an verschiedenen Volksschulen. Und als es im Rektorat, so nannte man die Schulleitung früher, einen personellen Engpass gab, sprang sie auch dort ein. Anfangs machten diese Aufgaben nur 5 bis 10 Prozent ihres Pensums aus. Doch nach und nach stieg der Aufwand für die Schulleitung auf gegen 90 Prozent. «Da habe ich gemerkt, beides zusammen geht nicht mehr.» Schweren Herzens hat sie daher Mitte der 90er-Jahre mit dem Unterrichten aufgehört.

Verändert hat sich an der Schule in diesen 45 Jahren so einiges. «Als ich als Lehrerin anfing, hatten die Schüler noch Schiefertafeln zum Schreiben. Der grösste Teil der Kinder stammte aus Bauernfamilien und diese hatten meist viele Geschwister. Im Dorf gab es noch den ‹Herrn Lehrer, Herrn Pfarrer und Herrn Doktor›. Auch das Duzen im Lehrerkollegium war anfangs alles andere als selbstverständlich», schmunzelt die Wien-Liebhaberin. Aber auch was den Unterricht angeht, gab es zahlreiche Veränderungen. Viele Reformen mussten in all den Jahren umgesetzt werden. «Aktuell ist es der Lehrplan21, der uns fordert.» Trotzdem sieht Marianne Kleiner das Positive an solchen Herausforderungen: «Die Zeit bleibt nicht stehen und Veränderungen sind daher nötig und richtig. Es geht schliesslich um die Zukunft unserer Kinder.»

Verunsicherung spürbar

Das Thema Schulraum beschäftigte sie während der ganzen Schulleitungszeit extrem. «Deswegen hatte ich einige schlaflose Nächte», gesteht die baldige Rentnerin. Glücklicherweise wurde stets ein sehr guter Austausch und eine offene Kommunikation mit den Behörden gepflegt. «Es hat immer irgendeine Lösung gegeben. Aber abgeschlossen ist das Problem noch lange nicht.»

Ihre letzten beiden Arbeitsjahre standen ganz im Zeichen von Corona. «Ja, es bleibt mir wirklich nichts erspart. Zum Glück war unsere Schule schon vor der Pandemie im Bereich Digitalisierung weit fortgeschritten. Technische Geräte wie beispielsweise die iPads haben vieles vereinfacht.» Trotzdem sei die Verunsicherung in dieser anspruchsvollen Zeit sowohl bei den Kindern als auch bei den Eltern gut spürbar. «Man muss ihnen viel erklären, aber es ist wichtig, in Kontakt zu bleiben. Der Mensch braucht Orientierung und Bindung», ist Marianne Kleiner überzeugt. Sie hat immer ein offenes Ohr und es ist für sie selbstverständlich, bei positiv getesteten Kindern persönlich nachzufragen, wie es ihnen geht. «Das sind kurze, aber enorm wichtige Momente der Begegnung und Beziehung.»

In ihrem Beruf wie auch im Privaten steht immer der Mensch im Vordergrund. Ihr Motto lautet denn auch: Mensch vor Papier. «Das Wohl der Kinder liegt mir wirklich sehr am Herzen. Es ist einfach wundervoll, eine solch sinnvolle Aufgabe ausüben zu dürfen.»

Rührende Abschiedsfeier

Dass diese Wertschätzung auf Gegenseitigkeit beruht, zeigte die emotionale Abschiedsfeier, die praktisch kein Auge trocken liess. Nach dem Gang durch das Spalier erwartete Marianne Kleiner auf dem roten Platz ein liebevoll hergerichteter Schaukelstuhl mit Decken und einer hübsch verzierten Taschentücherbox. Kinder aller Altersstufen trugen kurze Dankesbotschaften vor, die aus tiefstem Herzen kamen. Dabei war immer wieder zu hören, wie schön es gewesen sei, dass sie sämtliche Kinder beim Namen gekannt und für alle immer ein offenes Ohr gehabt habe. Auch ein Dank für all die verteilten Sugus durfte nicht fehlen. Gemeinsam mit den Lehrern sang die Schülerschar anschliessend das extra auf Marianne Kleiner abgeänderte Lied «Bye Bye Love» der «Everly Brothers». Der Hägglinger Refrain lautete: «Bye bye love, bye bye Marianne, bye bye Frau Kleiner, so schnell got Zyt verbi, mer vermisse di.»

Mit Tränen in den Augen verbeugte sich die abtretende Schulleiterin vor den Anwesenden und trat schweren Herzens ihren letzten Gang zurück in ihr Büro an.

Wird weiterhin aktiv bleiben

Auch nach der Pensionierung will sich Marianne Kleiner weiterhin mit Menschen beschäftigen. Sie hat zusammen mit drei Freunden eine Beratungsfirma gegründet, die in den Bereichen Musikpädagogik, Idiolektik und Gesundheitsförderung tätig ist. Auch die Weiterbildungen für Lehrpersonen an der Fachhochschule will sie fortführen.

Vermissen wird die Wohlerin nebst den Kindern vor allem ihr Team, das sie in all den Jahren immer so grossartig unterstützt hat: von den Lehrpersonen, den Schuladministratorinnen, dem Hauswart, dem Putzteam bis hin zur inzwischen abgeschafften Schulpf lege. «Wir waren wie eine grosse Familie. Man nahm Anteil aneinander, interessierte sich für den andern. Dies nun alles hinter mir zu lassen, ist nicht einfach.»


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