Im Vollsprint auf die Bühne

  01.02.2022 Sport

Serie «Sporthelden von damals»: Die Bremgarterin Debora Lavagnolo war eine Spitzenathletin des TV Wohlen

Debora Lavagnolo gehörte einst zu den schnellsten Sprinterinnen der Schweiz. Nach ihrer Leichtathletik-Karriere widmete sie sich vollumfänglich dem Gesang. Heute singt die 37-Jährige auf Hochzeiten und in einer Heavy-Metal-Band.

Stefan Sprenger

Diese Frau hat einfach Power. Früher in den Beinen, heute in den Stimmbändern. «Ja, ich gebe immer Vollgas», lacht Debora Lavagnolo, die als Sachbearbeiterin bei der Staatsanwaltschaft in Lenzburg arbeitet. Und beim Gespräch merkt man: Diese Frau weiss, was sie will, und hat riesigen Ehrgeiz, um ihre Ziele zu erreichen. «Durchbeissen und nie aufgeben, das hat mich der Sport gelehrt», sagt Lavagnolo.

Aufgewachsen ist Lavagnolo in Bremgarten. Mit acht Jahren nimmt sie erstmals am Reusslauf teil. Das war 1992. Und sie war gleich das schnellste Mädchen ihrer Kategorie. «Es machte mir riesigen Spass.» Sie nahm Jahr für Jahr am Reusslauf teil. Je älter sie wurde, desto länger wurden die Distanzen, desto weniger Freude hatte sie. Denn: Lavagnolo wollte nicht kilometerweit rennen, sie wollte schnell sein auf kurzen Strecken. Also ging sie als 13-Jährige (1997) zum TV Wohlen. Dort passte es ihr von Anfang an prima. Die Trainer Bruno Rohrer und Marcel Oettli schliffen den Rohdiamanten zu einer Sprint-Perle (die 2001 zur Freiämter Sportlerin des Jahres gekürt wird).

Anfang 2000er-Jahre wollte Lavagnolo – die mittlerweile mit der Familie nach Fischbach-Göslikon zog – den Verein wechseln. Sie ging zum LC Zürich. «Ich wollte im grossen Letzigrund trainieren und mal etwas anderes erleben als den TV Wohlen.» Das meint sie nicht herablassend, denn in Wohlen hatte sie «nur tolle Zeiten». Sie ist eben auch ein Mensch, der gerne neue Erfahrungen macht.

Nach vier Jahren in Zürich (und einem Jahr Pause) kehrt sie zum TV Wohlen zurück. Unter Trainer Charlie Belser erlebt sie «die beste Zeit meiner Leichtathletik-Karriere», wie sie erzählt. Eine Karriere, die geprägt ist von vielen Höhepunkten. Bei den Kurzdistanzen (100, 200 und 400 Meter) ist sie mehrfache Schweizer Meisterin. Dazu räumte sie regelmässig an den kantonalen Meisterschaften ab und vertrat die Schweizer Farben an den Team-Europameisterschaften (wo sie in der 4×100-m- und der 4×400-m-Staffel startete). Über 80 Meter hält sie nach wie vor den Aargauer Rekord.

Durch TV-Wohlen-Trainer die Gesangslehrerin gefunden

Lavagnolo gehörte eine Zeit lang zu den besten Sprinterinnen des Landes und ist eine der besten Athletinnen, die der TV Wohlen jemals hervorbrachte. Mit ganz viel Genugtuung und Freude blickt sie auf diese Zeit zurück. «Die Trainingslager in Kaltern, die vielen Wettkämpfe, die tollen Menschen im Verein, all das war enorm wertvoll», so Lavagnolo. Die Zeit beim TV Wohlen hat ihr viel fürs Leben gegeben. «Sport formt den Charakter und das leistungsorientierte Denken. Man arbeitet ehrgeizig auf ein Ziel hin und beisst sich durch. All diese Dinge, die ich durch den Sport lernte, bringen mir auch heute noch sehr viel in meinem Leben.»

Heute ist die Leichtathletik fast komplett aus ihrem Alltag verschwunden. Sie schaut sich höchstens noch die Grossanlässe im Fernsehen an und checkt, was es Neues beim TV Wohlen gibt. 2010 beendete sie ihre Karriere – mit der Titelverteidigung des Schweizer-Meister-Titels im 400-m-Lauf. «Ich war nicht mehr mit 100 Prozent dabei. Und ich wollte meinen Weg als Sängerin voranbringen.» Und das tat sie auch. Durch die Frau ihres TV-Wohlen-Trainers Charlie Belser fand sie damals ihre Gesangslehrerin. Lavagnolo startete dann eine klassische Gesangsausbildung am Musikkonservatorium in Zürich. Lavagnolo erinnert sich 10 Jahre zurück. «Zu Beginn habe ich den Sport und das regelmässige Training vermisst. Aber ich konnte mich sofort auf die Musik konzentrieren, das hat geholfen.»

Lavagnolo wurde eine starke Musikerin. Als Hochzeitssängerin (www. die-hochzeitssaengerin.ch) macht sie heute Brautpaare und Hochzeitsgäste glücklich (sie sang natürlich auch an Hochzeiten von früheren TV-Wohlen-Mitgliedern). Auf ihrem musikalischen Werdegang durfte die Freiämterin (die heute mit ihrem Mann in Birrhard lebt) an spannenden Projekten mitwirken und mit Musikern und Bands zusammenarbeiten. Und sie selbst ist Musikerin der Symphonic-Heavy-Metal-Band namens «Deep Sun». Lavagnolo erklärt die Stilrichtung: «Es ist Heavy Metal mit einer höheren Stimme und orchestralen Elementen.» Die klassische Stimme von Lavagnolo trifft auf schwere Heavy-Metal-Musik. Passt das zusammen? «Ja, sehr», lacht sie – und nennt die erfolgreiche Band «Nightwish», die eine Vorreiterrolle in dieser spezifischen Sparte innehat.

Durch ihren Mann Tobias Brutschi kam sie auf das Heavy Metal. «Meine Eltern hörten schon ‹Uriah Heep› oder ‹Deep Purple›, es wurde mir wohl in die Wiege gelegt.» Und wie beim Sport hat Lavagnolo mit der Band «Deep Sun» grossen Erfolg. 2019 schaffte es die Band auf Anhieb auf Platz 11 der Schweizer Album-Charts. In der Sparte Metal erreichte «Deep Sun» sogar den 1. Platz. Lavagnolo erzählt auch gleich ein paar Neuigkeiten. Am 21. Mai wird das neue, bereits vierte Album im Club «Joy», beim Grand Casino in Baden, getauft. Und es ist gut möglich, dass die Band erneut grossen Erfolg hat.

Gigathlon in Planung

Beim Gespräch erzählt Lavagnolo immer wieder spannende und witzige Details. Beispielsweise von ihrer Hochzeit im Jahr 2012. Das Brautpaar engagierte keine Hochzeitsband, sondern spielte gleich selber. Ein Konzert an der eigenen Hochzeit, und das mit einer Heavy-Metal-Band. «Statt Hochzeitstanz wurde geheadbangt», sagt sie und muss laut lachen. Weiter erzählt sie, dass sie aufgrund ihres Namens oft für eine Italienerin gehalten wird. Lavagnolo relativiert: «Ich bin 1/8 Italienerin und 1/8 Portugiesin. Aber ich kann weder Portugiesisch noch Italienisch. Ich bin eine Schweizerin, halt eben mit einem südländischen Namen.»

Mit den früheren Sportkameraden vom TV Wohlen hat sie kaum noch Kontakt. Sie sei wegen der Musik oft unterwegs und habe kaum Zeit. Aber ab und zu passiert es, dass plötzlich ein früherer Leichtathletikfreund an einem ihrer Konzerte auftaucht. «Das freut mich immer besonders.» Die Leichtathletik ist zwar aus ihrem Leben gewichen, doch der Sport ist geblieben. Lavagnolo erzählt – so quasi nebenbei – dass sie mittlerweile Rennrad fährt und auch schon an 24-Stunden-Rennen teilgenommen hat. Und sie bereitet sich auf den Gigathlon Switzerland im Juli dieses Jahres vor, den sie gemeinsam mit ihrem Mann absolviert. Während er Velo fährt und schwimmt, wird Lavagnolo einen 19-km-Strassenlauf und einen 12-km-Berglauf absolvieren. «Das wird schon gehen», sagt sie lachend. Egal, was sie tut, die Powerfrau gibt Vollgas.


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