Die etwas andere WG

  25.01.2022 Muri

Seit Anfang Jahr bietet das Murimoos eine betreute Wohngruppe an

Es hat Platz für sechs Klientinnen und Klienten. Drei sind schon eingezogen und werden auf ein Leben ausserhalb der Institution vorbereitet.

Annemarie Keusch

Noch essen sie auch am Wochenende ihr Mittagessen in der Kantine des Murimoos. «Wir sind noch in der Findungsphase. Das wird sich ändern», sagt Sozialpädagogin Mirjam Regli. Zusammen mit einer Sozialarbeiterin ist sie für die neue betreute Wohngruppe zuständig. Und da sollen die Bewohnerinnen und Bewohner auf ein «normales» Leben ausserhalb der Institution vorbereitet werden. Heisst, sie müssen beispielsweise an Wochenenden selber ihr Mittagessen kochen. Unter der Woche klappe dies für die Abendessen schon ganz gut.

Selber kochen, es ist eine der Fähigkeiten, die die Klientinnen und Klienten in der betreuten Wohngruppe erlernen sollen. «Damit füllen wir eine Lücke im Betrieb», sagt Murimoos-Geschäftsführer Michael Dubach. Neben dem Pensionssystem und den sechs Studios beim Bahnhof Muri bietet die Institution neu auch den Zwischenschritt vom Einzelzimmer mit Pension zum Alleine-Wohnen in einem Studio.

Zustande kam das Projekt aus der Strategie 2022 und 2030. Ein «durchlässiges, normalisiertes Wohnangebot, das den individuellen Begleitbedürfnissen der Klientinnen und Klienten entspricht», war damals das Ziel. Die Wohngruppe in den ursprünglichen Angestelltenhäusern ist ein Teil davon. Weitere sollen folgen.


Aufs «normale» Leben vorbereiten

Eine betreute Wohngruppe ist das neuste Angebot des Murimoos

Am 1. Januar wurde sie eröffnet. Die ersten Erfahrungen sind durchaus positiv. Mit der neuen betreuten Wohngruppe schliesst das Murimoos eine Lücke. Und die Plätze sind gefragt, davon ist Geschäftsführer Michael Dubach überzeugt. Auch wenn aktuell erst drei der sechs Zimmer bezogen sind.

Annemarie Keusch

Das Murimoos verändert sich laufend. Längst sind es nicht mehr nur suchtkranke Männer, die in der Institution ein Zuhause finden, wo sie leben und an einem geschützten Arbeitsplatz tätig sein können. Gerade die Strategie 2018 bis 2022 setzte eine Öffnung in Gang. Individualität und Selbstbestimmung sind auch hier die Schlagwörter, die zu Veränderungen führen, neue Angebote verlangen. Seit vier Jahren leben beispielsweise Frauen im Murimoos. Aktuell sind es zehn. «Tendenz klar steigend», sagt Ingo Hauser, Leiter Geschäftsbereich Wohnen. Seit zwei Jahren leben die Klientinnen und Klienten nicht mehr in einem klassischen Pensionsbetrieb. Sie können ihre Kleidung selber waschen, die Reinigungsarbeiten werden gemeinsam mit ihnen durchgeführt und teils stehen ihnen Kochgelegenheiten im Wohnbereich zur Verfügung. «Diesbezüglich wird sich in den nächsten Jahren noch einiges verändern. Zumal unsere Wohnhäuser in die Jahre gekommen sind und erneuert werden müssen», sagt Geschäftsführer Michael Dubach.

Im Zuge dieser neuen Angebote ist auch die betreute Wohngruppe entstanden. Sie bietet sechs Klientinnen und Klienten die Möglichkeit, ihren Alltag selbstständiger zu gestalten und sich auf das Leben ausserhalb der Institution vorzubereiten. Dafür wurde das Doppeleinfamilienhaus, das ursprünglich als Angestelltenhaus genutzt wurde, innen umgebaut. «Das ist ideal hier», findet Michael Dubach. Küche und Bad waren schon bestehend, zwei weitere Badzimmer kamen hinzu.

Unterstützung bieten

Eigentlich sollte der Betrieb der Wohngruppe schon früher starten, aber die Pandemie und die Lieferengpässe verzögerten den Bau etwas. Drei Klientinnen und Klienten sind mittlerweile eingezogen, eine weitere soll bald folgen. Geleitet wird die Wohngruppe unter anderem von Sozialpädagogin Mirjam Regli. Das oberste Ziel: Die Klientinnen und Klienten in ihrer Selbstständigkeit unterstützen. «Das versuchen wir in ganz vielen Bereichen, beim Ämtliplan, wenn es um Hygiene geht, wie sie Ordnung halten können und wie sie psychisch stabil bleiben.» Regli spricht von einem Alltagstraining. Für vieles sind die Klientinnen und Klienten selber verantwortlich. Etwa, dass sie rechtzeitig zur Arbeit erscheinen oder ihre Freizeit selber gestalten.

Angelaufen sei die Wohngruppe bestens. «Alle hatten schon Erfahrung mit Wohngruppen, das macht es einfach. Aber klar, es gibt Konflikte, wie es sie in anderen Wohngemeinschaften auch gibt», erklärt sie. Aktuell sind es drei junge Leute, unter 30-jährig, die die Wohngruppe bilden. «Das Ziel ist die Reintegration. Entsprechend haben wir bei der Auswahl darauf geschaut, wer welche Perspektiven hat», erklärt Ingo Hauser, Leiter Geschäftsbereich Wohnen. Natürlich seien auch die Wünsche der Klientinnen und Klienten miteingeflossen. Dass aktuell nur die Hälfte der Plätze belegt ist, begründet Hauser auch damit, dass einige Klienten vorgesehen waren für die Wohngruppe, sich aber dieser Herausforderung noch nicht gewachsen fühlen und darum kurzfristig absagten.

Nicht möglichst schnell füllen

Dass in der betreuten Wohngruppe jüngere Menschen leben, untermalt die Tendenz. Im Murimoos leben längst nicht mehr nur alte Männer. «Der langjährigste Klient ist seit 54 Jahren bei uns, aber die Zahl der Jungen nimmt zu und auch die Fluktuation ist höher», weiss Ingo Hauser. «Solche Wohngruppen entsprechen dem Bedarf der Klientinnen und Klienten», sagt auch Geschäftsführer Dubach. Dass es im Murimoos nun so eine gibt, mache die Institution attraktiver.

Junge Leute, die in einer Wohngemeinschaft leben. Möglichst normal soll es sein, nur eben mit Unterstützung. Das ist mit ein Grund, weshalb das Wohnzimmer und auch der Essbereich noch etwas kahl aussehen. «Wir wollen die Klientinnen und Klienten mitgestalten und mitbestimmen lassen. Sie können entscheiden, wie sie ihre Wohnung wohnlicher machen», betont Mirjam Regli. Und auch wenn es wirtschaftlich womöglich besser wäre, die Wohngruppe möglichst rasch auf sechs Klientinnen und Klienten aufzustocken, lassen sich die Verantwortlichen Zeit. «Es ist extrem wichtig, dass die Leute zueinander passen», betont Ingo Hauser.

Analyse für Zukunft im Gang

Das Murimoos bietet ein breites Angebot. Nicht nur, was die Arbeitsmöglichkeiten betrifft, sondern mittlerweile auch bezüglich Wohnformen. Es soll laut Geschäftsführer Dubach noch weitergehen. «Der Bedarf nach mehr solchen Wohngruppen wird steigen», mutmasst er. Eine Analyse soll umfassende Informationen für die künftige Raumnutzung bringen. Bis dahin sei es wichtig, dass die Wohngruppe gut anlaufe. Hier kann Mirjam Regli erste erfreuliche Informationen liefern. «Es fühlen sich alle sehr wohl», betont sie.

Und im Sommer wird der Fokus noch mehr auf die Wohngruppe gelegt. Eine Praktikantin oder ein Praktikant der Hochschule Luzern soll das Team ergänzen.


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