Neue Kräfte sind gefragt

  21.01.2022 Muri

Nach 22 Jahren im Stadtrat folgt Paul Reys letzte Fasnacht als Schultheiss von Muri-Wien

Paul Rey und Brigitte Zimmermann – der Stadtrat Muri-Wien verliert nach der Fasnacht zwei langjährige Mitglieder und den Schultheiss. Keine einfache Situation für die Verbleibenden.

Annemarie Keusch

Daniela Schweizer schüttelt schnell den Kopf. Paul Rey sagt: «Nur ganz weit weg war das einmal ein Thema.» Wirklich gewagt, an eine mögliche Auflösung der Fasnachtsgesellschaft Muri-Wien zu denken, hat niemand. «Ein Zusammenschluss ist das Worst-Case-Szenario», erklärt Rey. Aber er sagt auch: «Dafür ist die Zeit noch nicht da.»

Die Wiener beschäftigen Nachwuchssorgen. In wenigen Tagen beginnt die Fasnacht, die Stadträte arbeiten auf Hochtouren, basteln Dekorationen, organisieren Anlässe, diskutieren untereinander, was überhaupt in welchem Rahmen möglich ist. Es ist Paul Reys letzte Fasnacht als Schultheiss der Wiener. Nach 22 Jahren im Stadtrat und zehn als dessen Schultheiss will er das Zepter übergeben. Mit ihm hört auch Brigitte Zimmermann auf, die jahrelang im Stadtrat mithalf.

Co-Schultheisse, aber noch keine neuen Stadträte

Nur das Zepter, das will Stand jetzt niemand übernehmen. Es werde zwei Co-Schultheisse geben, der bisherige Vize-Schultheiss Marc Nater und Daniela Schweizer. Dieses Problem wäre also gelöst. Aber mit den beiden Rücktritten verbleiben im Wiener Stadtrat nur noch fünf Mitglieder. «Zu wenig», sind sich Rey und Schweizer einig. Deshalb läuft die Suche nach neuen Kräften auf Hochtouren. «Wir wollen nicht, dass dieses wunderbare Kulturgut im Wey ausstirbt», gibt sich Daniela Schweizer kämpferisch.


Aufgeben ist keine Option

Die Fasnachtsgesellschaft Muri-Wien wirbt um neue Leute für den Stadtrat

Dass in Muri das Dorf an der Fasnacht dreigeteilt ist, hat lange Tradition. Aber auch die Fasnachtsgesellschaften kämpfen mit Nachwuchsproblemen, am stärksten Muri-Wien. Mit dem Rücktritt von Paul Rey und Brigitte Zimmermann entstehen Lücken, die bis im Herbst gefüllt sein müssen.

Annemarie Keusch

Es ist seine 22. Fasnacht als Stadtrat, die morgen mit der «Stiefelinacht» auf dem Klosterhof beginnt. Es ist eine, die nicht von Einschränkungen verschont bleibt. «Trotzdem ist mein Entscheid gefallen», sagt Rey. Am Aschermittwoch hört er auf als Schultheiss von Muri-Wien. «Ich habe noch viele Projekte, die ich realisieren will», sagt er. Seit dem Jahreswechsel hat für Rey ein neuer Lebensabschnitt begonnen, er will mehr Zeit für die Familie, den Sport und das Reisen haben. «Es ist ganz sicher nicht so, dass mir die Fasnacht egal wäre oder zu viel wird», sagt Rey und lacht.

Die Begeisterung für die fünfte Jahreszeit war es, die ihm vor über 20 Jahren die Anfrage für den Stadtrat in Wien einbrachte. Rey sagte zu. Die Ausgelassenheit, die Offenheit, die Unbeschwertheit. «Fasnacht ist einfach wunderbar», sagt er. Aber über die Jahre gab es im Stadtrat auch anspruchsvolle Momente. Rey erinnert sich, als er Schultheiss wurde: «Damals stand die Fasnachtsgesellschaft am Scheideweg. Gleich vier Stadträte samt Schultheiss hörten auf.» Leute zu finden, das sei vor gut zehn Jahren schon schwierig gewesen. «Auch damals haben wir gekämpft», sagt Rey.

Vieles passierte im Stillen

Vielleicht ist es mit ein Grund, weshalb «Paul der Smarte» seinen Entscheid durchzieht. Weil aufhören, das wollte er schon vor einigen Jahren. Weil niemand in seine Fussstapfen treten wollte, machte er weiter. «Nun ist es definitiv», betont er. Aber auch dieses Mal ist niemand im Stadtrat, der die Aufgabe als Schultheiss spontan übernimmt. Daniela Schweizer und Marc Nater führen die Geschicke der Gesellschaft vorläufig zusammen. «Es kommt einiges auf uns zu. Gemeinsam können wir dies stemmen», sagt Schweizer. Was Rey und auch Brigitte Zimmermann, die nach vielen Jahren zurücktritt, alles leisteten, das können ihre Nachfolger nur ahnen. «Wer hat das organisiert? Wer hat die Bewilligung eingeholt? Wer hat die Räumlichkeiten reserviert? Vieles machten sie im Stillen», weiss Daniela Schweizer. «Wir werden schon ins kalte Wasser geworfen, und ich hoffe, dass wir schnell mit dem Schwimmen beginnen.»

Schweizer und Nater sind keine unbekannten Gesichter an der Murianer Fasnacht. Beide gehören seit ein paar Jahren zum Stadtrat Muri-Wien. «Ich liebe die Fasnacht einfach», sagt Schweizer, «von Kindesbeinen an». Im Stadtrat mitzuarbeiten, macht ihr Spass. «Wir sind ein tolles Team», sagt sie. Dass die Wiener die Fasnacht 2023 zu fünft in Angriff nehmen, ist für sie keine Option. «Wir werden Leute finden.» Warum war dies denn in den letzten Jahren so schwierig? «Ich weiss es nicht. Vielleicht haben wir zu wenige Leute direkt angefragt», meint sie. Paul Rey fügt an: «Es ist für viele Leute eben einfacher, an der Fasnacht einfach zu konsumieren, anstatt im Vorfeld noch Zeit und Herzblut zu investieren.»

«Pfupf» müssen mögliche Neue haben

Von der schönsten Stadt sprechen alle Fasnachtsgesellschaften, auch die Wiener. «Wir haben die Kinderreunion, ein ganz grosses Highlight. Und wir hatten über Jahre hinweg die meisten Beizen an der Reunion. Die Fasnacht lebt also im Wey», betont Paul Rey. Umso zuversichtlicher sind die Wiener darum, dass sie Leute für den Stadtrat motivieren können. «Es gibt hier ganz viele Fasnachtsverrückte», weiss Daniela Schweizer. Dass die kommende Fasnacht wiederum nur unter Einschränkungen stattfinden kann, mache die Suche nicht einfacher. «Weil man die Fasnachtsverrückten logischerweise an Fasnachtspartys kennenlernt.»

Dennoch ist aufgeben keine Option. «Die Fasnacht im Wey wird nicht sterben.» Das sagt Schweizer mehrmals. «Pfupf» müssten sie haben, die Neuen, Freude am Organisieren, an der fünften Jahreszeit. «Und idealerweise leben sie im Wey», meint Paul Rey und lacht. Kreativität und Ideenreichtum wären zudem von Vorteil. «Die Fasnacht hat in Muri zwar eine ganz grosse Tradition. Über 250 Jahre lang gibt es sie. Aber das heisst nicht, dass es keine Möglichkeiten für Veränderungen gibt», betont Paul Rey. Gerade er weiss das genau. Er war es, der vor gut 20 Jahren die Metzgete lancierte, die die Fasnachtsgesellschaft seither Jahr für Jahr erfolgreich durchführt.

Erste Stadt mit Frauen im Rat

Die Metzgete ist für Daniela Schweizer ein Fixpunkt. Bis dahin will sie zwei, besser drei mögliche neue Stadträtinnen oder Stadträte gefunden haben. «Frauen sind bei uns sehr willkommen. Wir waren die Ersten, die Frauen im Stadtrat hatten, nun ziehen die Adelburger nach», weiss Paul Rey. Er gibt aber auch zu, dass es damals auch eine Folge von Stadtratsmangel war, dass Frauen angefragt wurden. «Bereut haben wir das nie. Es gibt einen ganz anderen Drive.»

Die Fasnacht steht in den Startlöchern. «Es tut sehr weh, dass sie wieder nicht wie gewünscht stattfinden kann», sind sich Schweizer und Rey einig. Für Paul Rey ist es die letzte als Schultheiss. Für Daniela Schweizer die letzte als «einfache» Stadträtin. «Es sind grosse Fussstapfen, die er und Brigitte Zimmermann hinterlassen. Aber wir sind top motiviert, diese so gut wie möglich zu füllen.»

Mehr Informationen und Kontaktangaben: www.fasnacht-muri.ch.


Fahrplan der Gesellschaften

Das Programm der Vereinigten Fasnachtsgesellschaften steht fest. Vom 12. bis 27. Februar werden die Fasnachtsfenster in Muri und Buttwil zu bestaunen sein. Am schmutzigen Donnerstag, 24. Februar, wird um 6 Uhr mit der Tagwache gestartet. Um 8.08 Uhr gibt der Gemeinderat auf dem Klosterhof die Schlüssel der Macht ab. Die Adelburger feiern ihre Strassenfasnacht unter dem Motto «S’isch ned wohr». Am Freitag, 25. Februar, findet in allen Städten die Reunion von 20 bis 23 Uhr statt. Am Samstag, 26. Februar, wird in der Stadt Neuenburg die Strassenfasnacht gefeiert. Das erste Major-Golfturnier in der Geschichte von Neuenburg wird ausgetragen. Am Fasnachtssonntag, 27. Februar, feiert die Stadt Wien unter dem Motto «Ab i dBerge» ihre Strassenfasnacht. Um 18.18 Uhr findet die Schlüsselrückgabe im Klosterhof statt. --sus


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