Sichtbar machen

  21.01.2022 Kelleramt

Keltengräber werden erlebbar

Vor etwa 2800Jahren legten die Menschen oberhalb von Unterlunkhofen nach und nach 63 Grabhügel an. Es ist das grösste solcher Objekte in der Schweiz und geniesst einen entsprechend hohen Schutz. Bisher sind die Grabhügel aber kaum wahrnehmbar. Das soll sich in den kommenden 40 bis 50 Jahren ändern. Kürzlich wurde die Baubewilligung für das Projekt erteilt. «Ziel ist es, hier den Wald auszulichten und so die Hügel besser sichtbar zu machen», erklärt Sven Straumann, Leiter Ressort Schutz, Erhalt und Fundstellen der Kantonalen Abteilung Kultur. --rwi


Würdig in Szene setzen

Keltengräber werden besser sichtbar gemacht

Beim Jagdhaus und Forstmagazin in Unterlunkhofen befindet sich die grösste eisenzeitliche Grabhügel-Anlage der Schweiz. Sie ist aber etwas im Wald versteckt. In den kommenden Jahrzehnten soll sie nach und nach besser erlebbar werden.

Roger Wetli

«Der Wald wird hier nicht verschwinden», versichert Sven Straumann, Leiter Ressort Schutz, Erhalt und Fundstellen der Kantonalen Abteilung Kultur. «Wir möchten einen lichten Forst, eine Art geschlossenen Hain, in welchem die Bäume zwischen den Grabhügeln wurzeln und das Blätterdach die historische Stätte vor Witterungseinf lüssen schützt.» Straumann spricht von einer Seelenlandschaft, die dem Ort als Ruhestätte der vor etwa 2800 Jahren verstorbenen Personen gerecht wird. «Hier soll man seinen Puls herunterfahren können», erklärt er. «Von solchen lichten Wäldern profitieren aber auch sehr viele seltene Tier- und Pflanzenarten. Gleichzeitig werden die Grabhügel für die Besucher deutlich besser sicht- und damit erlebbar», ist er überzeugt.

Einst unbewaldet

Als diese Ruhestätte gebaut wurde, war es noch eine offene Landschaft und kein Waldgebiet. Diese Landschaft möchten die Kantonsarchäologie, die Ortsbürger als Grundeigentümer, Revierförster Christoph Schmid, die Gemeinde und die Jagdgesellschaft aber nicht rekonstruieren. «Durch den Wald sind die Grabhügel gut geschützt. Zwar kann mal eine Baumwurzel etwas Schaden anrichten, ansonsten wird diese Stätte aber so optimal konserviert», erklärt der Archäologe.

Menschen errichteten auf dieser rund 15 000 Quadratmeter grossen Fläche wohl zwischen 770 und 700 vor Christus die 60 Grabhügel. «Die unterschiedlichen Dimensionen könnten auf den gesellschaftlichen Status der Verstorbenen hinweisen. Das ist aber eine reine Vermutung», gibt Sven Straumann Einblick. «Der Aufwand, solche Gräber zu errichten, war aber wohl gross. Viel wissen wir über diese Menschen leider nicht. Es wurden bisher auch keine Überreste einer gleichzeitig existierenden Siedlung in der näheren und weiteren Umgebung gefunden.» Klar sei hingegen, dass die drei grossen Hügel, die an der Hangkante stehen, erst später in der jüngeren Eisenzeit entstanden sind. Auf einem dieser neueren Objekte thront heute das Jagdhaus.

Den Toten gaben die Menschen zum Teil wertvolle Grabbeigaben mit, welche während der Ausgrabungen vor 120 Jahren gesichert wurden. Die Archäologen gingen damals systematisch vor und dokumentierten alles minutiös. «Seither gab es keine Grabungen mehr», so der Archäologe. «Es sind auch keine weiteren vorgesehen, weil wir uns davon keine zusätzlichen Erkenntnisse versprechen und kein Bauprojekt dieses Kulturgut bedroht.»

In die Hügel «hineinschauen»

Trotzdem wird man vielleicht in ein paar Jahren in die Grabhügel «hineinschauen» können. «Eine Idee ist, mit ‹Augmented Reality› zu arbeiten. Also dass man ein Handy oder Tablet auf einen Grabhügel hält und dann eine genauere Grafik des Innern erscheint», blickt Sven Straumann voraus. Priorität geniessen aktuell aber andere Massnahmen. So ist im nächsten Winter eine Auflichtung geplant, indem das Unterholz geschnitten wird. Im Westen nahm der Borkenkäfer die Arbeiten vorweg, indem er die Förster dort dazu zwang, die Bäume zu fällen. Zwischen den Grabhügeln wurden jetzt neue Bäume gepflanzt, die mit dem künftigen wärmeren Klima besser klarkommen. «Eigentlich sollen die Massnahmen nach und nach im Verlauf von 40 bis 50 Jahren umgesetzt werden. Hier kam uns der Käfer aber zuvor», schmunzelt der Archäologe.

Heute weist in der Nähe des Forstmagazins eine Tafel auf die Grabhügel hin. Diese Tafel soll ergänzt werden. Zudem möchten die Verantwortlichen in Richtung des Waldweges einen Sichtschutz wachsen lassen. «Damit möchten wir innerhalb des Grabhügelfeldes das Gefühl von Abgeschiedenheit erzeugen», so Straumann.

Abgelegen ist die Anlage allerdings überhaupt nicht. Von Oberwil-Lieli, Arni, Ober- und Unterlunkhofen ist sie mit einem Fussmarsch von je 30 bis 35 Minuten erreichbar. «Teil des Konzeptes ist auch ein Plan, wie der Fahrzeugverkehr und die Fussgänger auf getrennten Wegen hierhergelangen können. Damit möchten wir beide Besucherarten entflechten», gibt Straumann Einblick. Die entsprechende Signalisation sei jetzt bewilligt worden. Dasselbe gilt auch für die acht Parkplätze beim Forstmagazin, die jetzt explizit markiert werden. Zudem ist ein Natur- und Waldlehrpfad vorgesehen.

Schulklassen einbeziehen

Sven Straumann sieht es als Herausforderung, künftig den Wald immer tief zu halten. «Dabei könnten uns aber allenfalls auch Schulklassen oder andere Freiwillige helfen. Wichtig ist, dass der Ort schön und ruhig bleibt.» Seit 1966 stehen die Grabhügel unter Kantonalem Denkmalschutz und sind ein Kulturgut von nationaler Bedeutung. «Sie geniessen den höchstmöglichen rechtlichen Schutz», so der Archäologe. «Wir möchten die hier sehr spezielle Atmosphäre aufwerten und sie Besuchern zugänglich machen. Damit dies in guten Bahnen gelingt, schnitzeln wir extra einen Weg um die Grabhügel ein.»


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