Die Lage ist aktuell sehr gut

  24.09.2021 Wirtschaft

Umfrage bei den Banken: Wie steht es um die Wirtschaft im Freiamt?

Sie sind sich alle einig. AKB, Credit Suisse, Raiffeisen, UBS stellen dem Freiamt ein gutes Zeugnis aus. Die Wirtschaft ist in dieser Region gut aufgestellt und darf einigermassen zuversichtlich in die Zukunft schauen.

Daniel Marti

Die Pandemie hat auch im Freiamt ihre Spuren hinterlassen. Aber das Schlimmste sollte überstanden sein. Nur: Wie ist die gegenwärtige Wirtschaftslage im Freiamt? Welche Branchen leiden nach wie vor unter der Coronasituation und deren Folgen? Die Banken haben Einblick in die aktuelle Lage. Die Leiter von fünf Bankinstituten beziehen Stellung.

Michael Wertli: «Wirtschaft im Freiamt profitiert»

«Nach dem massiven Wirtschaftseinbruch im letzten Jahr, minus drei Prozent beim Bruttoinlandprodukt der Schweiz, wird die gesamtschweizerische Wirtschaft in diesem Jahr dank den grossen Impffortschritten und den damit verbundenen Lockerungen der verhängten Massnahmen wieder um rund vier Prozent wachsen.» Dies sagt Michael Wertli. Der Regionalleiter der Aargauischen Kantonalbank in Wohlen gibt auch der einheimischen Region gute Noten: «Die Wirtschaft im Freiamt profitiert, ähnlich wie der restliche Kanton Aargau, sogar noch etwas mehr. Dies dank einem verhältnismässig grossen Anteil an Industrieunternehmungen und einem relativ kleinen Anteil an touristischen und kulturellen Betrieben.»

Gewinner sind laut Wertli vor allem in den Sektoren Pharma, Medizinaltechnik und Industrie zu finden, Verlierer gibt es «in der Eventbranche, bei kulturellen Einrichtungen und in vielen Gastronomie- und Beherbergungsunternehmungen».

Und dem Bankhaus AKB geht es ebenfalls gut in dieser nach wie vor ungewohnten Zeit. «Wir haben ein gutes erstes Semester 2021 abschliessen können und zählen nach wie vor zu den bestbewerteten Banken weltweilt», sagt der Regionalleiter mit berechtigtem Stolz. Die AKB habe ihre Stärken, «die persönliche und auf unsere Kundinnen und Kunden zugeschnittene Beratung sowie die regionale Nähe» auch in der anspruchsvollen Coronazeit voll und ganz leben zu können.

Erich Füglistaler: «Lokale Marktkenntnisse als Vorteil»

Laut Erich Füglistaler, Vorsitzender der Bankleitung der Raiffeisen Wohlen, ist «die Wirtschaftslage im Freiamt derzeit sehr gut, insbesondere der Handel mit Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen boomt». Dies zeige sich in einer hohen Nachfrage nach Wohnliegenschaften. «Generell findet eine Erholung sämtlicher Wirtschaftsbereiche auf breiter Front statt», so Füglistaler weiter.

Der Raiffeisenbank Wohlen geht es laut Füglistaler sehr gut. «Die Vermögensberatung, Pensions- und Finanzplanungen konnten während der Coronazeit stark ausgebaut werden und sind ein echtes Kundenbedürfnis.» Zudem konnte die Raiffeisenbank zahlreiche Neukunden bei der Finanzierung von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen gewinnen. «Hier zahlen sich die Kundennähe und die lokalen Marktkenntnisse der Raiffeisenbank Wohlen besonders aus.»

David Sigrist: «Wertschöpfung gesteigert – trotz Krise»

Laut David Sigrist von der UBS leiden die binnenorientierten Dienstleistungen nach wie vor relativ stark unter der Coronakrise, dagegen habe die Industrie bereits im ersten Quartal 2021 «das Vorkrisenniveau erreicht und übertroffen». Der Leiter Geschäftsstellen Wohlen, Muri und Bremgarten zeigt sich zuversichtlich: «Die Industrie dürfte sich weniger anfällig auf eine erneute Verschärfung der Pandemiesituation zeigen. Dies stützt den Wirtschaftsausblick im Freiamt, wo die Industrie eine deutlich höhere Bedeutung hat als im Schweizer Durchschnitt.» Zusätzlich sei die Industrie im Freiamt stark auf Gummi- und Kunststoffwaren ausgerichtet, dies sei «eine Subbranche, die trotz Krise ihre Wertschöpfung im Jahr 2020 steigern konnte».

Zu den am stärksten von der Coronakrise gebeutelten Branchen gehören gemäss Sigrist die Tourismusund Freizeit-Branche. «Unternehmen dieser Branche waren direkt von den Massnahmen betroffen, in Form von Restaurantschliessungen, Reisequarantäne oder Personenbeschränkungen für Events.» Mit der Aufhebung vieler Massnahmen haben sich die beiden Branchen im zweiten Quartal 2021 jedoch stark erholt. Trotzdem liegt die Wertschöpfung nach wie vor deutlich unter dem Vorkrisenniveau.

Die Erholung könnte sich im dritten Quartal weiter fortsetzen, aber eine baldige Rückkehr zum Vorkrisenniveau scheint fraglich zu sein. Auch der UBS geht es gut. Sie erzielte im zweiten Quartal 2021 über die einzelnen Geschäftsdivisionen und Regionen hinweg ein sehr gutes Ergebnis.

Günstige Branchenstruktur

Die Credit Suisse blickt über den gesamten Kanton Aargau. «Gemäss den Credit-Suisse-Ökonomen dürfte sich die Branchenstruktur des Kantons Aargau in der Pandemie als relativ günstig erwiesen haben», sagt Ronnie Y. Petermann. Die im Aargau stark verankerte Transport-, Logistik- und Grosshandelsbranche dürfte «vom Boom des Onlinehandels profitiert haben». Gemäss Petermann ist das Freiamt «vergleichsweise stark vom Bau, der Landwirtschaft und der Industrie geprägt, aber auch der Grosshandel / die Logistik sind übervertreten».

Die Aargauer Konkursrate ist trotz Anstieg im Herbst 2020 und im Frühling 2021 immer noch unter den Niveaus der Jahre 2016 bis 2019. «Gleichzeitig kam es während der Coronakrise zu einem Gründungsboom. Es bleibt abzusehen, inwiefern sich dies auch in den Beschäftigtenzahlen reflektieren wird.»

Übergang von der NAB zur CS gut gelungen

Die Frage, wie es dem Bankenhaus CS im Aargau und im Freiamt grundsätzlich geht, ist eine spezielle. Die Integration der Neuen Aargauer Bank in die Credit Suisse warf doch hohe Wellen. «Über 200 000 ehemalige NAB-Kundinnen und -Kunden sowie deren Produkte konnten im letzten Herbst erfolgreich zur Credit Suisse überführt werden», so Ronnie Y. Petermann. «Seit Ankündigung dieser Integration konnte die Bank das Geschäftsvolumen gut halten.»

Als Bank für Unternehmer biete die CS für Firmenkunden ein umfangreiches Dienstleistungs- und Produktangebot. Dies hilft der Bank, Mehrwert für ihre Kunden zu generieren – beispielsweise durch das Corona-Überbrückungskreditprogramm für KMU während der Pandemie. Dies sei Ausdruck der Attraktivität der Credit Suisse und ein Verdienst ihrer Kundenberaterinnen und Kundenberater vor Ort in Wohlen, Bremgarten und Muri.

Geschäftsgang entspricht den Erwartungen

Auch die Hypothekarbank Lenzburg AG mit Sitz in Wohen sieht die aktuelle Situation recht zuversichtlich. «Wir erachten das Freiamt nach wie vor als zukunftsträchtigen Standort. Daher haben wir in Wohlen vor zwei Jahren auch eine Geschäftsstelle eröffnet und die Entwicklung ist erfreulich», sagt Rolf Bohnenblust, Geschäftsleitungsmitglied.

«An den Folgen von Corona leidet besonders die Gastro- und Eventbranche», erklärt er weiter. «Und die Geschäftsentwicklung entspricht unseren Erwartungen und wir verspüren einen unverändert stabilen Geschäftsgang.»


«Freiamt wird an Bedeutung gewinnen»

Fünf Banken wagen eine Prognose fürs Jahr 2022 – und geben sich durchwegs zuversichtlich

Der Aufwärtstrend sollte weitergehen. Etwa so sehen fünf Banken auf dem Platz Wohlen der nahen Zukunft und dem Jahr 2022 entgegen. Wachstum ist angesagt, und das Freiamt wird überdurchschnittlich gut eingestuft.

Daniel Marti

Wie stufen die Chefs der Banken auf dem Bankenplatz Wohlen die Prognosen ein? Wie sehen die Aussichten fürs Jahr 2022 aus, geht die Erholungsphase allenfalls weiter? Alle fünf am Standort Wohlen befragten Banken geben sich betont zuversichtlich. Dem Freiamt und seiner Wirtschaft geht es gut.

Michael Wertli, Regionalleiter Aargauische Kantonalbank in Wohlen: «Das Wachstum wird noch dieses Jahr das Vorkrisenniveau erreichen. Der weitere Verlauf hängt davon ab, wie schnell sich die aktuell auftretenden Engpässe bei gewissen Dienstleistungen und Gütern auflösen werden. Auch die aktuell gestörten Lieferketten werden mit Hochdruck wiederhergestellt. Wir gehen davon aus, dass spätestens mit Beginn des Jahres 2022 wieder ein normaler Handelsaustausch stattfinden wird. Das Wachstum in der Schweiz wird dann auch 2022 noch immer rund drei Prozent betragen.»

Erich Füglistaler, Vorsitzender der Bankleitung, Raiffeisen Wohlen: «Die Aussichten für das kommende Jahr werden von uns sehr positiv eingeschätzt. Die Raiffeisenbank Wohlen rechnet derzeit mit keinen weiteren Lockdowns. Die Wirtschaftslage wird sich daher weiter erholen, und aufgrund der zentralen Lage wird das Freiamt weiter an Bedeutung gewinnen.»

David Sigrist, UBS, Geschäftsstellen Wohlen, Muri und Bremgarten: «In unserem Basisszenario gehen wir von einer anhaltenden Erholung im Jahr 2022 aus. Zwar dürfte das Wachstum den Höhepunkt bereits in diesem Jahr erreicht haben, die starke globale Konjunktur, verbesserte Produktionsketten und Nachholbedarf bei binnenorientierten Dienstleistungen dürften die hiesige Konjunktur unterstützen. Verglichen mit dem letzten Jahr erwarten wir im Jahr 2022 ein leicht tieferes Wachstum von 3,0 Prozent, in diesem Jahr 2021 beträgt das Wachstum 3,3 Prozent.»

Ronnie Y.Petermann, für die Credit Suisse in Wohlen: «Das kürzlich erneut veröffentlichte Standortqualitätsranking der Credit-Suisse-Ökonomen erlaubt eine Einschätzung des langfristigen Wirtschaftspotenzials von Kantonen und Regionen. Der Kanton Aargau liegt im Kantonsranking auf Rang 5. Das Freiamt ist mit Rang 33 von 110 Schweizer Wirtschaftsregionen ebenfalls überdurchschnittlich attraktiv, auch wenn die anderen Aargauer Regionen noch etwas besser abschneiden. Das Freiamt punktet bei der Erreichbarkeit und bei der Steuerbelastung für natürliche Personen. Bei der Steuerbelastung für juristische Personen sowie bei der Verfügbarkeit von Fachkräften liegt die Region im Mittelfeld. Aufholpotenzial gibt es bei der Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften.»

Rolf Bohnenblust, Hypothekarbank Lenzburg mit Sitz in Wohlen, Geschäftsleitungsmitglied: «Für das Jahr 2022 erwarten wir eine solide Konjunkturentwicklung im Freiamt. Als Bank, die zu einem Grossteil im Hypothekargeschäft tätig ist, verfolgen wir die Entwicklung der Immobilienpreise weiterhin sehr aufmerksam.»


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