Ruppiges Duell der Rivalen

  06.08.2021 Sport

Fussball, Testspiel: Der FC Wohlen bezwingt den FC Muri mit 3:1 (3:0)

Wohlen gegen Muri ist immer besonders, auch in einem Testspiel. Es geht auch um Ehre und Stolz – und es wird meist hitzig. So auch dieses Mal. Spielerisch läuft dieses Freiämter Derby in der ersten Halbzeit nur in eine Richtung. Der FC Wohlen dominiert nach Belieben. Nickligkeiten und eine ruppige Gangart gibt es trotzdem.

Stefan Sprenger

Schon früh wird gemäht in den Niedermatten. Nicht der Rasen, sondern die Gegenspieler. 6. Minute: Der FC Wohlen sorgt für viel Zirkus im Muri-Strafraum, hat mehrere Eckbälle nacheinander. FC-Muri-Goalie Yanick Hofer muss viel Risiko eingehen, als er kurz vor dem heranstürmenden Esat Balaj den Ball weghaut. Dummerweise säbelt er mit derselben Bewegung auch Balaj mit dem Knie um. Der Wohler sinkt schreiend zu Boden, Hofer signalisiert mit zurückgehaltenen Händen: «Ich hab nichts gemacht.» Der Schiedsrichter urteilt das rüde Einsteigen aber anders und zeigt auf den Punkt. «Ich treffe zuerst den Ball, das ist nie im Leben ein Penalty», sagt der 24-jährige Hofer. Momo Seferi knallt den Elfmeter mit voller Wucht ins Tor. 1:0 für den FC Wohlen.

Muris Stolz ist angekratzt – und die Kondition schwach

In diesem Stil geht es weiter. Der FC Muri ist gegen das Wohler Offensivfeuerwerk überfordert. Das ganze Team schwimmt, ein Klassenunterschied ist zu erkennen. Angesichts dieser unterschiedlichen Stärkeverhältnisse gibt es Nickligkeiten, Wortgefechte, normale Rivalitätsduelle. Muris Stolz ist angekratzt in diesem Freiämter Derby. Spielerpräsident Michael Stadelmann wehrt sich, will die spielerischen Defizite mit Aggressivität wettmachen – und packt gegen Luigi Milicaj die Blutgrätsche aus. Der sonst so wirblige Bruno Justino wirkt lethargisch und kommt meist gar nicht erst in die Nähe eines Zweikampfes. Muri-Trainer Piu meint: «Wir waren immer einen Schritt zu spät. Wohlen hat uns komplett dominiert. Technisch und läuferisch waren sie uns überlegen.» Die Gründe sind klar. Fehlender Rhythmus, mangelhafte Kondition. «Viele Spieler waren bis vor wenigen Tagen noch in den Ferien», so Piu. Er meint das nicht vorwurfsvoll an seine Spieler, sondern eher rechtfertigend für den leidenden Auftritt seines Teams in der ersten Halbzeit.

Der FC Wohlen mit dem neuen Trainer Ryszard Komornicki spielt sich phasenweise in einen Offensivwahn. Die Wohler treffen – vor 100 Zuschauern – zuerst das Aussennetz und dann den Pfosten (19.).

Wenig später folgt das schönste Tor des verregneten Abends. Nach toller Kombination steht der 18-jährige Javi Gabathuler alleine vor der Kiste und muss nur noch einschieben. 2:0. Kurz vor dem Halbzeitpfiff zieht Esat Balaj aus der Distanz ab. Auf dem glitschigen Rasen setzt der Ball vor dem unglücklich aussehenden Goalie Hofer auf – und fliegt ins Netz. 3:0. «So ein Tor kreidet man dem Goalie an. Da sehe ich eher blöd aus. Zum Glück war es nur ein Testspiel», meint Hofer.

In zweiter Halbzeit ausgeglichen

Für Muri war es eine Halbzeit zum Vergessen. Für den FC Wohlen sind es 45 Minuten, die vielversprechend sind. Rückkehrer und Ex-Profifussballer Alban Pnishi ist der Boss in der Abwehr, bleibt aber grösstenteils ohne viel Arbeit. Er meint: «Wir waren zum ersten Mal fast vollständig. Man hat im ersten Durchgang gemerkt, wozu wir fähig sind, wenn wir das umsetzen, was der Trainer fordert.»

Der FC Wohlen tätigt zur Halbzeit einige Wechsel. Beispielsweise verlässt Abwehrboss Pnishi den Rasen. Für ihn kommt Yannick Waser. Jener Waser wird nach Wiederanpfiff stehen gelassen. Diego Zoller trifft so zum Anschluss für Muri (3:1). In der zweiten Halbzeit sind die Kräfteverhältnisse viel ausgeglichener. Muri spielt besser, Wohlen lässt nach. Trainer Piu steht die meiste Zeit an der Seitenlinie und gibt Anweisungen, während FCW-Trainer Ryszard Komornicki die Partie vom trockenen Bänkli aus – und ohne gross zu kommentieren – begutachtet. Piu, der frü- here Trainer des FC Wohlen, meint: «Wir haben es viel besser gemacht – und den zweiten Durchgang auch 1:0 gewonnen. Aber Wohlen hat schon Klasse.»

Piu weiss, es war ein verdienter Erfolg für den FCW. Die Koko-Elf – die ohne Stürmer Davide Giampà (Ferien) angetreten ist – hätte drei Tore mehr schiessen können. Das sieht auch Pnishi so: «Ja, wir hätten ein paar Tore mehr machen müssen. Aber ich glaube, wir haben vor allem im ersten Durchgang gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.»

Beide starten am 21. August

Der FC Wohlen scheint im Strumpf zu sein. Doch der FC Muri war konditionell und phasenweise auch spielerisch kein wirklicher Gradmesser. Vor dem Saisonstart am 21. August (16 Uhr) zu Hause gegen Zug muss noch weiter hart gearbeitet werden, wenn man in der 1. Liga classic vorne ein Wort mitreden will. Dafür hat sich der FC Wohlen nochmals verstärkt. Der 19-jährige Goalie Joel Bonorand wird bis Saisonende vom FC Aarau ausgeliehen. Von der U18 des Grasshopper-Clubs Zürich wird zudem Aussenverteidiger Hugo Chabin verpflichtet. Der 18-Jährige erhält einen Ein-Jahres-Vertrag.

Auch Muri hat noch viel Arbeit vor sich. Die Piu-Elf startet am Samstag, 21. August, um 18 Uhr mit einem Heimspiel gegen Unterstrass in die neue Spielzeit in der 2. Liga inter. «Wir müssen schnell den Rhythmus finden und einigermassen t sein. So fit wie eben nur möglich», meint Trainer Piu. Bitter: Miguel Ferreira hat sich gegen Wohlen einen Muskelfaserriss zugezogen und fällt mindestens vier Wochen aus. Am Freitag (20 Uhr) folgt ein weiterer Test auswärts gegen Rüti ZH. Am Samstag folgt ein Team-Event: Ein Plauschmatch gegen Fans, eine Grillparty im Stadion und Paintballspielen stehen auf dem Programm. Vielleicht kann der Spassfaktor dem Team etwas Motivation geben, um die grosse, fehlende Fitness wieder auf Vordermann zu bringen.


NACHGEFRAGT

«Die Defensive gewinnt Titel»

Er ist wieder hier, in seinem Revier: Ryszard Komornicki, 61 Jahre alt, ist zum dritten Mal in sei ner Tra i nerlauf bahn beim FC Wohlen engagiert. Doch dieses Mal ist es ein Amateurteam, das er trainiert.

Spieler gehen während der Vorbereitung in die Ferien. Das gibt es bei den Profis nicht, bei den Amateuren schon. Wie gehen Sie damit um?

Ryszard Komornicki: Das gehört dazu. Im Amateurfussball hat man oft mit Abwesenheiten zu kämpfen.

In zwei Wochen ist Saisonstart. Ist der FC Wohlen bereit?

Wir trainieren hart, zeigen in den Testspielen gute Ansätze, haben viel Qualität im Team, ob wir bereit sein werden, wird sich zeigen. Dafür geben wir alles.

Der FCW will in die Aufstiegsspiele. Reicht das mit diesem Team?

Für welchen Platz in der Tabelle es reicht, weiss ich nicht. Wir sind demütig, aber auch zuversichtlich. Wenn wir eine Rolle in der oberen Tabellenhälfte spielen wollen, dann müssen wir fit sein. Und wir brauchen in der Abwehr mehr Stabilität. Der Angriff gewinnt Spiele, die Defensive gewinnt Titel.

Was tun Sie, um die Defensive zu stärken?

Wir haben sehr viele Spieler, die offensiv denken. Das müssen wir noch ein wenig lernen. Das ganze Team muss mehr für die Defensive tun. Jeder einzelne Spieler steht in der Verantwortung, dass dies klappt.

Gegen den FC Muri war Gianluca Calbucci der Captain. Wieso nicht Ex-Profi Alban Pnishi?

Wer Captain der Mannschaft wird, ist noch nicht definitiv geregelt. Alles zu seiner Zeit.

Bitte analysieren Sie das Testspiel gegen Muri.

Die erste Halbzeit war gut, bis auf die Chancenauswertung. Mir fehlt noch ein bisschen die letzte Entschlossenheit, die Tore zu erzielen. Aber wir waren engagiert, hatten gute Aktionen. Defensiv hatten wir nicht viel zu tun. Ich glaube, Goalie Luca Thaler musste nicht einen Ball halten. In der zweiten Halbzeit wechselten wir viel und waren defensiv nicht mehr so kompakt. Das ist aber normal, dass man mit diesen Rotationen die Organisation nicht zu 100 Prozent aufrechterhalten kann. Und auch körperlich spürte man, dass nicht alle Spieler topfit sind.

Seit zwei Wochen sind Sie im Amt. Ihre ersten Erkenntnisse?

Wir sind in einer Phase, wo wir viel und hart trainieren. Es braucht Training, Selbstvertrauen und Organisation. Es gibt noch viel zu tun. Bislang bin ich nicht unzufrieden, wir kommen voran. --spr


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