Vier Wochen gefeiert

  13.07.2021 Muri

Im Spätsommer 2009 wars, als der Freiämter Forstverein sein hundertjähriges Bestehen feierte. Und er tat dies ausgiebig, mit einem vierwöchigen Fest. Der Kohlemeiler war das grosse Highlight unter zig anderen Anlässen. --ake


Einen Monat lang den Wald gefeiert

Sommerserie «Grosse Kisten»: 100 Jahre Freiämter Forstverein im Spätsommer 2009

Vom 24. August bis am 20. September. Ganze vier Wochen dauerte das Jubiläumsfest des Freiämter Forstvereins. Vielen ist der Kohlemeiler in Erinnerung geblieben. Verschiedenste Anlässe fanden statt, die Geselligkeit wurde gefeiert. Der OK-Präsident und der damalige Vereinspräsident erinnern sich mit einem Lachen zurück.

Annemarie Keusch

«Tragen wir Sorge zu diesem unschätzbaren Geschenk der Natur und versuchen wir auch, die Jugend wieder näher zum Wald zu führen.» Diese Worte wählte der damalige Regierungsrat Peter C. Beyeler am Tag, als der Kohlemeiler entzündet wurde. Das Fest lief schon einige Tage, schliesslich musste der Meiler zuerst aufgebaut werden. 70 Ster Buchenholz brauchte es dafür. Viel Handwerk war gefragt von der einzigen Köhlerin Europas, Doris Wicki. Der Kohlemeiler war die grosse Aktion der Waldwochen Freiamt, die aus Anlass des 100-Jahr-Jubiläums des Freiämter Forstvereins durchgeführt wurden. «Das war eindrücklich», sagt Stefan Staubli noch heute. Staubli war OK-Präsident des Festes, das einen Monat dauerte, und ist damals wie heute Betriebsleiter von Wald kommunal+ in Auw. «Die Köhlerin hütete den Meiler wie ein Kind», erinnert er sich.

Auch Urs Meyer, damaliger Präsident des Freiämter Forstvereins und langjähriger Leiter des Forstbetriebs Lindenberg, erinnert sich: «Dieser Kohlemeiler lockte die Besucherinnen und Besucher immer wieder an. Jeden Tag sah er anders aus, war der Rauch anders. Das mitzuerleben, war sehr interessant.» Miterlebt haben Staubli und Meyer dieses vierwöchige Fest wie kaum andere. Beide hatten enorme Präsenzzeiten auf dem Gelände bei der Tannenlaube. Beide lachen, als sie zwölf Jahre später gefragt werden, ob sie während dieser Zeit überhaupt auch zu Hause waren. «Wenig», meint Stefan Staubli. «Manchmal drei, vier Stunden, manchmal mehr und manchmal gar nicht», sagt Urs Meyer. Wenn der Sicherheitsdienst ausfiel, übernachtete Meyer auf dem Gelände. «Es sind wunderbare Erinnerungen.»

Vom Freilichttheater bis zum Oldtimertreffen

Der Köhler war aber bei Weitem nicht die einzige Attraktion. Muri und einige Nachbargemeinden organisierten ihre Waldumgänge als Bestandteil des Jubiläumsfestes. Der Besucheraufmarsch war so gross wie selten zuvor und nie nachher. Hüte- und Herdenhunde wurden vorgeführt, Polizeihunde demonstriert, eine Vogelschau gabs, ein Brunch wurde serviert. Und das alles an nur einem Sonntag.

Die Timber-Show mit laut röhrenden Motorsägen gabs zum Schluss. Dazwischen gab es einen Filmabend, ein Freilichttheater, verschiedene Kurse, Führungen, Vorträge, ein Spielfest oder ein Oldtimertreffen. Hunderte Besucherinnen und Besucher nahmen an einem oder mehreren der vielen gebotenen Anlässe teil. Im Interview am Ende des vierwöchigen Festes meinte Stefan Staubli: «Das war umwerfend. Die vielen Menschen, das tolle Wetter, die friedliche Stimmung. Und trotz dem Grossaufmarsch gab es kaum Probleme, so finden wir jetzt beispielsweise beim Aufräumen kaum Abfall. Unser Ziel, Werbung für den Wald und unseren Beruf zu machen, haben wir sicher erreicht. Der ganze Anlass war einfach genial.» Auch von den Besucherinnen und Besuchern habe er nur Positives gehört. «Etliche Besucher sind fast Stammgäste geworden. Wir hatten immer Leute auf dem Platz, egal, was gerade lief.»

Dank vielen freiwilligen Helfern

Anders tönen die Antworten kaum, wenn man Staubli zwölf Jahre später nach den Eindrücken fragt, die geblieben sind. «Es war eine intensive Zeit», sagt Staubli heute. Aber es seien gute Erinnerungen, die mit dem Jubiläum verbunden seien. «Abgespeichert hat sich die Rückmeldung aus der Bevölkerung, dass während der vier Wochen die Seele der Gemeinde in der Tannenlaube war.» Tag für Tag kamen Gäste, für ein Feierabendbier, zum Mittagessen, um bei einem der zig Programmpunkte dabei zu sein.

Wie gut die Zusammenarbeit im OK lief und auf wie viel Hilfe sie zählen konnten – auch von Leuten, die nicht Mitglied des Freiämter Forstvereins waren –, daran erinnert sich der damalige Vereinspräsident Urs Meyer. «Nur so konnte dieses vierwöchige Fest überhaupt durchgeführt werden. Ich habe in dieser Zeit viele gute Leute kennengelernt», blickt er zurück. Schön sei auch gewesen, wie etwa Vereine aus Muri und der Umgebung nach dem Training nicht in ein Restaurant gingen, sondern in die «Köhlerbeiz». Für diese, allgemein für das Ressort Gastronomie, war Meyer damals verantwortlich. «Viele Leute kamen immer wieder. Es war eine schöne, gesellige, aber auch strenge Zeit.»

Spanferkel zum Fussballmatch

An Wochenenden oft den ganzen Tag, an Werktagen mindestens ab Mittag war die Beiz geöffnet und Urs Meyer auf dem Platz. «Natürlich, wir haben nicht immer alles selber gekocht, aber ab und zu auch.» Meyer erinnert sich an den Topf Risotto, der über dem offenen Feuer gemacht wurde, oder das Spanferkel. «Der 9.9.2009 wars», sagt auch Stefan Staubli. Er meint den Tag, als eben dieses Spanferkel gebraten wurde. «Ein Fussballspiel lief noch», sagt er. Eine kurze Recherche zeigt: Die Schweizer Nati spielte im Rahmen der WM-Qualifikation gegen Lettland. Am Schluss stand es 2:2. Nicht das bleibt Staubli in Erinnerung. «Für diesen Anlass führten wir einen Vorverkauf und sämtliche Plätze waren innert kürzester Zeit ausverkauft, die Stimmung am Abend entsprechend bestens.»

Schulklassen kamen und lernten den Wald und die Arbeit der Forstleute besser kennen. Kinder sassen staunend neben dem Kohlemeiler, der am Schluss 726 Säcke Kohle lieferte. Erwachsene prosten sich in der ausgelassenen und fröhlichen Stimmung zu. Timber-Athleten zeigen ihr teilweise waghalsiges Können. Interessierte können eine Massivholz-Bank selber machen. Eine abschliessende Liste der Möglichkeiten, der Bilder, der Erinnerungen ist unmöglich zu erstellen. So vielfältig war die Feier zum 100-Jahr-Jubiläum des Freiämter Forstvereins. Und so lebendig sind die Erinnerungen noch heute.

Nach Monaten, in denen es kaum noch Anlässe gab und Abstandhalten das Mass aller Dinge ist, erinnern sich viele gern zurück an Zeiten, in denen man ganz unbekümmert feiern konnte. Die Redaktion tut dies im Rahmen der Sommerserie «Grosse Kisten».


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