Undisziplinierte Hitzköpfe

  15.06.2021 Sport

Fussball, 1. Liga classic: Langenthal – Wohlen 2:0 (0:0)

Zwei Gegentore, zwei Platzverweise. In der Schlussphase verliert der FC Wohlen zuerst das Spiel und dann den Anstand. Nach einer guten ersten Halbzeit bricht der FC Wohlen ein und schlägt sich wieder einmal selber. Für Unverständnis sorgen zwei Tätlichkeiten in der Nachspielzeit.

Stefan Sprenger

95 Minuten sind gespielt. Das Spiel längst entschieden. 0:2 für Langenthal. Es kommt zu einer unrühmlichen Szene. Hitzkopf Esat Balaj lässt seinen Frust am Gegner aus. Balaj klopft einem Langenthaler auf die Brust. Es gibt eine Rudelbildung. Hitzkopf Nummer 2, Adijan Keranovic, eilt herbei. Vermutlich mit der Absicht, zu schlichten, packt er einen Gegner am Hals. Eine komische Art, eine solche Szenerie zu beruhigen. Es kommt zu tumultartigen Schubsereien und Provokationen. Der Schiedsrichter stellt Keranovic vom Feld. Kurios: Der Langenthal-Trainer will berichtigend eingreifen und macht den Schiedsrichter darauf aufmerksam, dass eigentlich Balaj fliegen müsste. Doch der Unparteiische bleibt bei seiner Entscheidung. Richtig wäre wohl gewesen, wenn beide Rot kassiert hätten.

Der Start war stark

Doch nur Keranovic sieht direkt Rot. Hauptzünder Esat Balaj darf zu Ende spielen. Er sagt zu dieser Szene: «Entweder müssen vier Spieler vom Platz fliegen oder keiner.» Was bleibt, ist ein fader, undisziplinierter Nachgeschmack einer total verkorksten zweiten Halbzeit.

Zum Positiven: Der FC Wohlen startet stark in dieses Spiel und powert. 2. Minute: Balaj wird im Strafraum gelegt. Elfmeter. Ronny Minkwitz tritt an und scheitert. Auch den Nachschuss ballert der Deutsche an die Latte. «Das war einfach Kacke», so Minkwitz zu seiner verpassten Riesenchance. Der FC Langenthal, ein Tabellennachbar der Wohler, kommt kaum vors Tor. Die erste Halbzeit gehört nur den Freiämtern. «100 Prozent Dominanz», meint Captain Marko Muslin. Das Problem: Wohlen belohnt sich nicht für die gute Darbietung. Die stürmerische Abteilung um Vilson Doda, Luiyi Lugo und Debütant Javi Gabathuler hat nur wenig Durchschlagskraft. Oder es fehlt die Genauigkeit. Viele Fehler prägen diese Partie. Doch der FC Wohlen hat alles im Griff.

Aus Dominanz wird Arroganz

Bis zum Anpfiff zur zweiten Halbzeit. Der FC Wohlen verwandelt sich. Aus Dominanz wird Arroganz. «Vielleicht dachten wir, es wird jetzt einfacher», versucht es Captain Muslin zu erklären. Doch es ist unverständlich, wieso der FCW den Spielbetrieb praktisch einstellt und zusieht, wie Langenthal immer stärker wird. Nach 66 Minuten säbelt Gianluca Calbucci einen Gegenspieler unnötig von den Beinen. Zweite Gelbe Karte. Platzverweis. Mit einem Mann weniger auf dem heissen Kunstrasen bricht das Team immer mehr ein. Langenthal drückt, kreiert sich viele Chancen. FCW-Goalie Luca Thaler kann sich mehrmals auszeichnen. Doch irgendwann ist auch er geschlagen. Es kommt, wie es kommen muss. 78. Minute: Oliver Jonjic trifft zum 1:0. 82. Minute: Jakob Johannsmeier legt nach. 2:0. Vom FC Wohlen kommt nichts mehr. Die Luft ist draussen.

Doch anstatt mit Anstand zu verlieren, verliert man in der Nachspielzeit die Nerven. Die (bekannten) Hitzköpfe Balaj und Keranovic sorgen für den unrühmlichen Abschluss und stehen sinnbildlich für die Disziplinlosigkeit der zweiten Halbzeit.

Captain Muslin: «Alles versaut»

FC-Wohlen-Verwaltungsratspräsident André Richner war einer von wenigen FCWlern, die an diesem Spiel live dabei waren. Er sagt: «Ich dachte eigentlich, wir sind auf gutem Weg. Jetzt führen wir wieder dieselben Diskussionen wie letzten Herbst. Wir stellen uns nicht clever an. So etwas darf nicht passieren. Wir müssen jetzt aber auch kein Fass aufmachen.»

Ähnlich sieht es Captain Marko Muslin: «In der zweiten Halbzeit haben wir uns alles versaut. Am Ende sollten wir einfach die Emotionen im Griff haben, die Niederlage akzeptieren und mit Anstand vom Feld gehen.» Balaj, von dem die unrühmliche Aktion ausging, meint: «Das war ein normales Gerangel. Das gehört dazu. Fussball lebt von Emotionen.» Mit Calbucci und Keranovic fehlen dem FC Wohlen nebst einigen angeschlagenen Spielern jetzt noch mehr Stammkräfte vor dem Heimauftritt gegen Delémont (Samstag, 15 Uhr). Eines ist klar: Die Mannschaft muss beim letzten Heimspiel dieser Saison dann ein anderes Gesicht zeigen, um so wieder eine friedliche und positive Stimmung zu erzeugen.


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