Weibliches Potenzial nutzen

  01.06.2021 Kelleramt

Die Gesamterneuerungswahlen des Gemeinderates bringen einige Änderungen ins Gremium

Seit den letzten Wahlen ist der Joner Gemeinderat ein reines Männergremium. Das könnte sich bald ändern. Nach den Rücktritten von zwei Gemeinderäten bringen sich zwei Ortsbürgerinnen in Position, während Vizeammann Philipp Ackermann sich für die Gesamtleitung zur Verfügung stellt.

Roger Wetli

Eine spannende Ausgangslage zeigt sich in Jonen für die Gesamterneuerungswahlen des Gemeinderates vom 26. September. Gemeindeammann Jürg Rüttimann und Gemeinderat Reto Blättler stellen sich für keine weitere Amtsperiode zur Verfügung. Für Rüttimann könnte sein Vize Philipp Ackermann nachrutschen, während Gemeinderat Dieter Brodbeck Vizeammann werden könnte. Für die beiden frei werdenden Gemeinderatssitze interessieren sich die zwei Ortsbürgerinnen Doris Haas und Julia Huber. «Wir sehen es als Doppelkandidatur», betonen beide. «Obwohl wir gegen eine Frauenquote sind, erachten wir es als Gewinn für die Gemeinde, wenn im Gemeinderat zwei engagierte Frauen die Geschicke des Dorfes mitgestalten.»

Frauenmeinungen als Bereicherung

Jürg Rüttimann möchte mit seinem Rücktritt Platz für interessierte, teamfähige und diskussionsfreudige Personen machen, welche das Kollegialitätsprinzip leben. «Ich wünsche mir eine gute Durchmischung von Mann und Frau, Jung und Alt», erklärt er. «Auch wenn das reine Männergremium bestens geklappt hat, wäre eine Meinung aus Frauensicht äusserst wertvoll.»

Bei der 39-jährigen Julia Huber und der 54-jährigen Doris Haas handelt es sich um Ortsbürgerinnen aus verschiedenen Generationen. Trotz des Altersunterschieds verstehen sie sich blendend. «Julia Huber hat in ihrer Oberstufenzeit unseren erstgeborenen Sohn als ‹Babysitterin› gehütet. Wer hätte gedacht, dass wir nun 25 Jahre später gemeinsam für einen Sitz im Gemeinderat kandidieren», schmunzelt Doris Haas, die Mutter von drei heute erwachsenen Kindern ist. Die Bäuerin und medizinische Praxisassistentin zog 1991 zu ihrem Mann nach Jonen und wurde mit der Heirat 1992 zur Ortsbürgerin. Sie war in den Vorständen verschiedener Vereine tätig. «Der Gemeinderat ist auf mich zugekommen mit der Frage, ob ich mir eine Kandidatur vorstellen könnte. Dies zu einem Zeitpunkt, an dem ich mir überlegt habe, wohin mich meine Interessen noch führen könnten», erklärt sie. «Die Entwicklung des Dorfes und die Dorfbewohner von Jonen sind mir wichtig. Jonen soll eine lebenswerte, ländliche Gemeinde für jedes Alter sein und sich nachhaltig und gesund entwickeln», erklärt sie.

Rückkehrerin setzt sich ein

Erst seit diesem April wohnt Julia Huber mit ihrem Partner im ehemaligen Elternhaus wieder im Dorf. Sie wuchs hier auf und zog mit 21 Jahren weg, hielt aber durch ihre Familie ständigen Kontakt zu Jonen. Huber war zehn Jahre als Teamleiterin Spitalpharmazie im Kantonsspital Aarau tätig und nimmt sich zurzeit eine Auszeit. Sie kandidiert für den Gemeinderat, weil es ihr wichtig ist, dass sich der Gemeinderat aus möglichst unterschiedlichen Alters- und Berufsgruppen sowie Männern und Frauen zusammensetzt. «Er soll die ganze Bevölkerung vertreten. Ich möchte gerne die jüngere Generation repräsentieren und sie dazu ermuntern, ebenfalls am Geschehen in der Gemeinde teilzunehmen», erläutert Julia Huber. Sie möge Herausforderungen und es reize sie, allfällige Stolpersteine mit den bestmöglichen Lösungen zu beseitigen.

Freude am Amt

Werden die beiden Frauen gewählt, würden sie die Geschicke von Jonen vielleicht mit Philipp Ackermann als neuem Gemeindeammann mitgestalten. Dieser ist seit 12,5 Jahren im Gemeinderat tätig, seit den letzten Wahlen als Vizeammann. «Die Aufgabe als Gemeinderat gefällt mir auch nach all den Jahren immer noch bestens», ist er begeistert. «Es bereitet mir Freude, und wir haben in den letzten drei Amtsperioden viel erreicht in Jonen. Es reizt mich, zukünftig meine Aufgabe als Ammann zu erweitern und das Gremium zu leiten.» Die flexiblen Arbeitszeitmodelle und die Digitalisierung würden seine Einsatzmöglichkeiten enorm steigern. Zudem sei sein Ressort «Finanzen und Ressourcen» gut ortsunabhängig auszuführen. «Dank dem bewilligten Kredit für die Erneuerung der Software und des elektronischen Geschäftsverwaltungssystems wird sich die Situation nun noch weiter verbessern. Ich bin mehr als zuversichtlich, Familie, Arbeit und die Tätigkeit als Gemeindeammann gut vereinbaren zu können.»

Als Vizeammann könnte Dieter Brodbeck nachrutschen. «Ich bin jetzt seit 2,5 Amtsperioden im Gemeinderat und ab 2022 nach Philipp Ackermann der zweitälteste Amtsträger», schaut Brodbeck voraus. «Ich fühle mich im Gemeinderat wohl, kenne die Abläufe und die Themen. Ich bin bereit, noch mehr Verantwortung zu übernehmen.»

Gemeinderat Reto Blättler möchte dagegen gerne mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. Deshalb tritt er nach zwei Legislaturperioden nicht mehr als Gemeinderat an. Er freut sich, dieses Amt jetzt noch ein halbes Jahr ausführen zu dürfen. «Ich spüre aber auch Wehmut, von den geschätzten Menschen und interessanten Aktivitäten langsam Abschied zu nehmen», gesteht er.

Exodus verhindern

Für Gemeindeammann Jürg Rüttimann ist der Zeitpunkt für seinen Rücktritt ideal. «Jonen steht solide da, die Hausaufgaben sind gemacht und die Gemeinde ist bereit für die Zukunft. Ich kann beruhigt zurücktreten, da weiterhin ein sehr kompetenter, weitsichtiger Gemeinderat im Amt ist», betont er. Rüttimann ist seit 14 Jahren im Gremium und war zuvor vier Jahre in der Schulpflege engagiert. «Ich gehe auch jetzt, um in vier Jahren einen möglichen Exodus zu verhindern», gibt er Einblick. Der Ammann blickt mit Stolz auf das zurück, was das Gremium erreicht hat. Beispiele dazu gebe es einige: «Dazu zählen das neue Schulhaus, der Kläranlagenanschluss, die Dorfstrasse und der Hochwasserschutz.»

Weitere Akzente setzen

Auch sein möglicher Nachfolger, Philipp Ackermann, sieht das so: «Diese Projekte haben der Gemeinde finanziell alles abverlangt. Die nächsten vier Jahre wird Jonen noch weiter wachsen, aber nicht im selben Tempo.» Das private Projekt Kreuz werde im nächsten Jahr fertiggestellt. «Dort konnten wir mit dem Eigentümer vereinbaren, dass wir einen Dorfplatz mit Brunnen gestalten dürfen. Kombiniert mit unserem Projekt Begegnungszone werden wir eine in der weiteren Umgebung einmalige Dorfplatz-Situation erstellen können.» Jonen ist im «Bundesinventar schützenswerter Dorfbilder» verzeichnet. «Da möchten wir weitere Akzente setzen», so Ackermann. «Zudem wartet mit ‹Feld Ost› ein Grossprojekt am Dorfrand auf uns und die Verlegung Kantonsstrasse Richtung Litzi wird auch in den kommenden Jahren in Angriff genommen», schaut Ackermann voraus.

Dabei werden ihm möglicherweise neben den wieder kandidierenden Gemeinderäten Dieter Brodbeck und Luigi Alberti auch Julia Huber und Doris Haas zur Seite stehen. Letztere möchten dabei ihre guten Ortskenntnisse einbringen und den Dialog mit der Bevölkerung pflegen.


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