Über den Bildschirm im Kloster

  14.05.2021 Muri

Bei der letzten Aussenrenovation der Klosterkirche trug Hans Martin Strebel die Verantwortung

In sechs Jahren feiert das Kloster Muri sein tausendjähriges Bestehen. Bis dann soll auch die Klosterkirche aussen wieder in neuem Glanz erstrahlen. 25 Jahre sind vergangen seit der letzten Aussensanierung. Der damalige Kirchenpflegepräsident Hans Martin Strebel blickt zurück.

Annemarie Keusch

Oft ist Hans Martin Strebel nicht mehr in Muri. Auch in der Klosterkirche nicht. Und trotzdem ist sie regelmässig ein Thema beim 84-Jährigen. «Wöchentlich sicher vier, fünf Stunden», sagt er und lacht. Dann sitzt er daheim vor seinem Computer, schaut ein Bild nach dem anderen an. Fotografien der Malereien von Francesco Antonio Giorgioli in der Klosterkirche. Einige hat er selber geknipst, andere wurden ihm zugeschickt. «Und man glaubt es nicht, ich entdecke immer wieder Neues», sagt Strebel. Immer wieder tauchen neue Fragen auf, zu denen er Antworten sucht. Los lässt ihn die Klosterkirche nicht, auch nicht, wenn er seit 1997 nicht mehr in Muri lebt.

«Früher ein besserer Katholik»

Hans Martin Strebel ist Buttwiler Ortsbürger, lebte jahrzehntelang in Muri, war bekannt als chirurgischer Chefarzt des Spitals Muri. Und er war Präsident der Kirchenpflege und der Baukommission, als vor 25 Jahren die letzte Aussensanierung der Klosterkirche durchgeführt wurde. Die Geschichte «seiner» Klosterkirche kennt er wie wenig andere. Und obwohl er die Malereien nur auf Fotos und nicht in der Klosterkirche selber anschaut, sagt er: «Es macht mir nach wie vor grossen Spass, darüber zu sprechen.» Diese Kirche hat ihn nie mehr losgelassen. Hans Martin Strebel meint damit nicht nur religiöse Gefühle, die das Kloster Muri in ihm auslöst. Er sagt sogar: «Ich war früher ein besserer Katholik als heute.»

Vielmehr ist es die lange Geschichte, die ihn fasziniert. Das Zusammenspiel von vielen Leuten, das es braucht, damit ein solches Kulturgut überhaupt erhalten werden kann. Einer in dieser wichtigen Kette war er selbst, und das in ganz unterschiedlichen Funktionen.


Vom grauen Entlein zum Schwan

Vor 25 Jahren startete die letzte Aussenrenovation der Klosterkirche – Hans Martin Strebel erinnert sich

Im Mai 1996 begannen die Arbeiten, im Herbst 1997 waren sie fertig. In der Zwischenzeit wurde die Klosterkirche aussen restauriert. Präsident der Baukommission und der Kirchenpflege war damals Hans Martin Strebel. Der langjährige Chirurg des Spitals Muri ist immer noch eng mit dem Kloster verbunden.

Annemarie Keusch

Aus seinem Büro im Spital Muri hatte Hans Martin Strebel genau den Blick auf die Klosterkirche. Die Pflegi war neu restauriert, strahlte hell. Die Klosterkirche nicht, sie war grau wie das hässliche Entlein. Zwar waren seit der letzten Aussenrestaurierung noch keine zwanzig Jahre vergangen, gelitten hat die Fassade aber trotzdem. «Auch in diesem Bereich hat sich vieles getan in den letzten Jahrzehnten. Heute wird spezieller Kalk verwendet, der länger hält», weiss Hans Martin Strebel. Graues Entlein nannte er für sich damals die Klosterkirche. Und er wollte dieses Entlein wieder zum Schwan machen.

Es war Anfang 90er-Jahre, als erste Gespräche mit der kantonalen und eidgenössischen Denkmalpflege stattfanden. Im Mai 1996 startete dann die Aussenrenovation der Klosterkirche. Erst wirklich aktuell wurde dieses Thema infolge eines Sturms, der «1990 oder 1991 – genau weiss ich es nicht mehr» über das Freiamt zog. Eloxierte Schindeln, die den hölzernen nachempfunden waren, wurden vom Dach gewindet. Nachbarn alarmierten den damaligen Innenrestaurator Josef Brühlmann, der fast täglich in der Kirche anzutreffen und darum für so vieles Ansprechperson war. Wasser war zwar noch keines in die Klosterkirche eingetreten, Handlungsbedarf wurde aber festgestellt – auch von der kantonalen Denkmalpflege.

Architekt aus dem eigenen Dorf

Bis dann 1996 mit der Aussenrenovation begonnen wurde, vergingen einige Jahre. Und es brauchte viel Engagement, dass es so weit kam. An vorderster Front war damals Hans Martin Strebel dabei. Der langjährige Chirurg im Spital Muri wurde 1983 Präsident der Kirchenpflege, übernahm das Präsidium der Baukommission, investierte viel Zeit.

Nur schon bis der richtige Architekt für das Grossprojekt gefunden war, brauchte es viele Abklärungen. Fündig wurde man schliesslich im eigenen Dorf, in der Person des mittlerweile verstorbenen Fridolin Föhn. «Ein kleiner, magerer Typ, mit verbeultem schwarzem Hut, der selbst bei zehn Grad minus noch mit offenem Hemdkragen auftrat», beschreibt ihn Hans Martin Strebel. Aber auch ein ausgezeichneter Fachmann sei Föhn gewesen, ob im Büro oder auf dem Wind ausgesetzten Gerüst.

Am Ursprung der Freunde der Klosterkirche

Aber eben, die Zeit vor der letzten Aussensanierung der Klosterkirche ist ihm präsent. Auch die Geschichte der Kirchgemeinde mit den vorangegangenen Restaurierungen – etwa jene des Kreuzgangs 1953 bis 1957 oder jene der grossen Orgel 1965 bis 1970 kennt er und erzählt sie gerne. Er weiss, was seine Vorgänger in der Kirchenpflege Grossartiges geleistet haben, nennt ein paar Namen, jenen von Karl Schärer besonders oft. «Ein engagierter, lockerer Typ», wie Hans Martin Strebel sagt. Schärer war es, der Restaurierungen vorantrieb, der aber auch 1957 das Benediktiner-Hospiz ins Leben rief.

Nicht weniger innovativ zeigte sich Hans Martin Strebel während seinen rund 14 Jahren als Präsident der Kirchenpflege Muri. Er stand am Ursprung des Vereins Freunde der Klosterkirche Muri, der heute gegen 900 Mitglieder zählt. Rund 60 waren es, als Strebel 1992 als Gründungspräsident gewählt wurde. Aber warum braucht es überhaupt einen Verein? «Dass eine Kirchgemeinde zwei Kirchen unterhalten muss, ist eine ausserordentliche Last, die ich auf regionale, breitere Schultern verteilen wollte. Uns war klar, dass die Klosterkirche mit ihrem Augenmerk auf kulturelle Veranstaltungen weit über die Grenzen der Kirchgemeinde hinausstrahlte. Das wollten wir nutzen.» Strebel erkannte, dass die Leute zwar bereit seien, zu spenden, dies aber viel lieber auf privater Basis tun, als dass sie eine öffentlich-rechtliche Organisation wie eine Kirchgemeinde unterstützen.

Sanierungskosten von 4,2 Millionen Franken

Und Strebels Idee funktionierte. Seither sind die Freunde der Klosterkirche immer wieder zur Stelle, wenn es darum geht, die Finanzierung für einzelne Projekte sicherzustellen. Eng mit ihnen verbunden ist das jährlich erscheinende Vereinsblatt «Die Posaune». Auch sie ist von Hans Martin Strebel ins Leben gerufen worden. «Abgekupfert von der Renovation der Dreifaltigkeitskirche in Bern. Dort habe ich das gesehen», sagt er und lacht. Von den Gesamtkosten von 4,2 Millionen Franken, die die Aussensanierung damals kostete, übernahmen Bund und Kanton rund 80 Prozent. Ein stattlicher Rest musste selber finanziert werden, weitgehend übernahmen das die Freunde der Klosterkirche. Der sonst schon relativ hohe Steuerfuss der Kirchgemeinde musste also nicht weiter erhöht werden.

Als das Geld zusammen war und es losging, sei die Sanierung mehr oder weniger problemlos verlaufen. Neben den Säulen in der Vorhalle, die bei einer früheren Restaurierung mit Betonelementen verbaut wurden und wieder in den Originalzustand mit massivem Sandstein zurückgeführt wurden, tauchten kaum unvorhergesehene Kosten auf. Hans Martin Strebel spricht von schönen Erinnerungen. Aber er sagt auch: «Sobald das Projekt nur noch rund lief, war ich weniger involviert.» Dann interessierte es ihn weniger. Die schwierigeren Fälle waren eher seine. Sowohl als Chirurg als auch bei seinem Engagement für die Pfarrei und die Klosterkirche. So sagt er, angesprochen auf die Einweihung nach der Sanierung: «Ich habe kaum Erinnerungen. Es war ein schlichtes Hochamts-Fest mit Abt Benno Malfèr.»


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