Nur, wenn Petrus mitspielt

  20.04.2021 Muri

Bei den Wirten der Ausflugsrestaurants herrscht trotz Terrassenöffnung keine Euphorie

Ob das «Guggibad», der «Horben» oder der «Strebel»: alle sind Ausflugsrestaurants, stehen nicht an Hauptverkehrsachsen. An schönen Wochenendtagen sind die Terrassen mit Gästen gefüllt. Trotzdem, die Wirte sind skeptisch.

Annemarie Keusch

«Ich erhoffe mir nicht viel», sagt Stefan Villiger, Wirt der Alpwirtschaft Horben. Nur auf Terrassen Gäste zu bedienen, sei keine Lösung. «Es ist nicht planbar.» Trotzdem sagt er: «Wir versuchen, das Beste und Sinnvollste daraus zu machen.» Und das heisst aus seiner Sicht, abzuwarten. Frühestens am Samstag wird die Terrasse auf dem Horben offen sein. «Wir sind auf 818 Metern über Meer, haben oft Bise, am Samstag habe ich um die Mittagszeit 11 Grad gemessen», sagt Villiger. Verschiedene Konzepte, je nach Wettersituation, sollen helfen.

Aber für Villiger ist klar: «Voraussetzung, dass wir überhaupt öffnen, ist, dass das Wetter mitspielt.» Klar, bei warmen Temperaturen sei die Terrasse schnell voll. «Aber es wird zur Herausforderung, den starken Schwankungen der Gästefrequenz gerecht zu werden.» Gar erst am 26. April will Adrian Lauber, Wirt im «Guggibad», seine Türen öffnen. «Aufgrund der Wetterlage», erklärt er. Er sei überrascht gewesen, dass die Terrassen offen sein dürfen. «Ob das rentiert? Nein, nur 20 Prozent des Umsatzes werden auf der Terrasse generiert», spricht Lauber Klartext. Auch er spricht die Bise an, die den Gästen den Aufenthalt auf der Terrasse wenig angenehm macht. Entsprechend niedrig sind die Erwartungen. «Für uns wäre es besser gewesen, mit bestehendem Schutzkonzept den ganzen Betrieb zu öffnen.»

Wiedersehen mit Gästen

Die Freude über die Terrassenöffnung hält sich auch bei Cornelia Stähli, Wirtin des «Strebels» in Geltwil, in Grenzen. Sie spricht von einer Arbeitstherapie und einem ganz kleinen Schritt zu einem hoffentlich bald wieder einigermassen normalen Betrieb. «So kann niemand einen Betrieb rentabel führen», betont sie. Trotzdem öffnet sie die Terrasse, wenn es die Temperaturen zulassen. «Es braucht Flexibilität, auch von den Gästen.» Je nach Wetter sei die Speisekarte eben kleiner, damit nicht Lebensmittel weggeworfen werden müssen. Trotzdem gibt es bei Stähli auch positive Gefühle. «Ich freue mich, unsere Gäste wiederzusehen.»

Ähnlich tönt es auch bei Wirtinnen und Wirten in Muri.


Ein Schritt Richtung Normalität

Das sagen Murianer Wirtinnen und Wirte zur gestrigen Terrassen-Öffnung

Die Massnahmen sind streng. Vierertische, Maske tragen, ausser beim Essen oder Trinken, Abstand halten. Wer diese einhält, darf seine Terrasse öffnen. Die Wirtinnen und Wirte freuen sich vor allem darauf, dass sie mit ihren Gästen wieder in Kontakt treten dürfen. Den finanziellen Aspekt stellen sie in den Hintergrund.

Annemarie Keusch

Auf der Terrasse vor dem Eingang zum Restaurant Tomate sitzen einige Leute. Zwei Frauen trinken Apérol, ein Mann isst eine Pizza. Die Terrasse im «Wave» ist noch leer. Auch die Stühle vor dem «Frohsinn» sind leer. Beide öffnen erst ab Mittwoch ihre Terrassen. Im «Rütli» begrüsst Wirtin Marianne Haller ihre Gäste erst ab dem 3. Mai. Und seit gestern ist das «Benemobil» bei der Pflegi nicht mehr nur ein Take-away-Betrieb, sondern verfügt auch über Sitzgelegenheiten.

So macht es dem «Frohsinn»-Wirten wenig Spass

Seit gestern dürfen die Restaurants die Terrassen wieder öffnen. Strenge Konzepte brauchts dafür, verschiedenste Massnahmen müssen eingehalten werden. «Für uns war dieser Entscheid nicht nachvollziehbar, aber man muss ihn akzeptieren», sagt Quirin Fischer, der mit seiner Partnerin Eva Huber den «Frohsinn» führt. Noch zwei Wochen zuwarten, dafür dann die Restaurants auch in den Innenbereichen öffnen, das wäre ihre Vorstellung gewesen. Mit Abstandsregeln, Maskenpflicht und Vierertischen mache es wenig Spass. Noch weniger, wenn das Wetter ein entscheidender Faktor ist. «Wir müssen jeden Tag auf die Wetterprognosen setzen und hoffen, dass diese auch eintreffen», sagt Quirin Fischer.

Neue Tischgarnituren erwarten Gäste im «Wave»

Für 38 Personen bietet die Terrasse vor dem «Frohsinn» normalerweise Platz. Nach geltenden Regeln sind es maximal 28. Sitzen an den Vierertischen nur zwei Gäste, werden es noch weniger. Rentabel ist das nicht. Auch, weil die Bäume, die zwar im Sommer angenehmen Schatten spenden, nicht vor Regen oder Wind schützen. «Wir öffnen darum nur, wenn das Wetter passt», sagt er und hofft darauf, dass sich die Bedingungen zum Wirten bald weiter verbessern. «Immerhin ist es ein Schritt in die richtige Richtung.»

Mit mehr Euphorie haben Tatjana Fiabane und Andrea Meier die Meldung der Terrassenöffnung aufgenommen. Die beiden sind Geschäftsführerinnen des «Wave». Fiabane sagt: «Endlich kehrt wieder Leben ein.» Bis zu hundert Leute finden Platz vor der Café-Bar. «Wir haben extra neue Tischgarnituren gekauft», sagt Fiabane. Der grosse Schirm, der vor Regen und Sonne schützt, folge in den nächsten Wochen. «Klar, der Aufwand ist gross, es braucht Investitionen. Aber die Freude überwiegt. Es ist höchste Zeit, dass es wieder losgeht.» Montags und dienstags bleibt das «Wave» geschlossen. «Ob es wirklich rentiert, wissen wir nicht. Es wird abhängig sein vom Wetter und von der Trinkfreude der Gäste», meint Andrea Meier schmunzelnd. Platz vor dem «Wave» hätte es für über 60 Gäste.

«Rütli»-Wirtin wartet zu

Schleifen, streichen, erneuern, pflanzen, reinigen, abstauben. Bevor das «Wave» am Mittwoch zumindest draussen wieder Gäste empfangen wird, stand einiges an Arbeit an. Arbeit, die Fiabane, Meier und der langjährige Mitarbeiter Joel Scheuber gerne auf sich nahmen. «Wir hoffen auf gesellige, schöne Abende, wie es sie vor der Pandemie gab. Ein Stück Normalität. Und ein Wiedersehen mit Leuten, die wir in den letzten Monaten vermissten.»

Noch zuwarten mit der Öffnung ihrer Terrasse will «Rütli»-Wirtin Marianne Haller. «Es ist ok», sagt sie kurz und knapp auf die Frage, was der Entscheid, dass die Terrassen wieder geöffnet sein dürfen, in ihr ausgelöst habe. Am 3. Mai will sie draussen Gäste empfangen, «je nach Wetter und mit reduzierten Öffnungszeiten». Sie freue sich, ihre Gäste wieder zu sehen. «Das ist mir wichtig, darum werde ich öffnen, finanziell bringt es wahrscheinlich nichts.» Bis zur Öffnung stehe noch der Frühlingsputz auf dem Programm. Und die Tische wollen wieder so gestellt werden, dass die nötigen Abstände eingehalten sind.

«Tomate»: Zusätzliches Personal einstellen

Schon gestern empfing Wirt Nefti Gäste auf der «Tomate»-Terrasse. «Es tat gut, mit den Gästen zu sprechen, einen Witz zu machen oder sie einfach zu sehen», sagt er. Trotzdem empfindet er die schnelle Öffnung der Terrassen als negativ. «Das Wetter macht nicht mit und der Entscheid kam viel zu kurzfristig.» Die Vorbereitungszeit sei zu kurz gewesen. «Alles putzen, bepflanzen, die Beleuchtung installieren, neue Tische aufstellen und vor allem die Personalplanung braucht Zeit.»

Gerade Letzteres ist es, was ihm in Bezug auf die Terrassenöffnung Kopfzerbrechen bereitet. «Klar, stimmt das Wetter, dann ist es gut. Aber kommen nicht viele Leute, sind die Kosten für das Servicepersonal zu hoch.» Um bei den langen Öffnungszeiten im Schichtbetrieb zu arbeiten, muss er zusätzliches Personal einstellen. «Darum hoffe ich sehr, dass bald wieder alles so ist, wie es einmal war.»

«Benedikt» bleibt für Externe zu

Nicht direkt von der Terrassenöffnung profitiert das Restaurant Benedikt. Dieses bleibt für externe Gäste weiterhin geschlossen, also auch das Gartenrestaurant. «Für uns als Pflegeheim sind diesbezüglich zusätzliche Vorgaben definiert», sagt Pflegi-Direktor Thomas Wernli. Seit mehreren Monaten bietet das «Benemobil» eine Alternative. Und im Fürstabtgarten und im Pflegipark gibt es seit heute auch Sitzgelegenheiten für die Gäste. «Wer die Mahlzeiten nicht in den Take-away-Boxen mitnimmt, dem werden die Menüs auf Porzellangeschirr serviert», führt Wernli aus.

Die Öffnung freue ihn für die Gastrobranche und für die Pflegi. «Wir erhoffen uns dadurch mehr Leben im Park. Zudem fördert es sicher die Motivation der Mitarbeitenden im Gastrobereich. Natürlich hoffe er darauf, dass sich dank den Sitzgelegenheiten der Umsatz im «Benemobil» steigere. «Aber wir freuen uns auf die Rückkehr der Stammgäste des Restaurants Benedikt.»


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