Rekordverdächtige Abgaben

  12.03.2021 Muri

Tischlein deck dich Muri in Pandemiezeiten

In der Schweiz werden jährlich 2,8 Millionen Tonnen einwandfreie Lebensmittel vernichtet. Andererseits leben hier gemäss Bundesamt für Statistik (BFS) 660 000 Menschen am oder unter dem Existenzminimum. Tischlein deck dich, das 1999 gegründet wurde, rettet Lebensmittel vor der Vernichtung und verteilt sie armutsbetroffenen Menschen in der ganzen Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein. Pro Woche werden an den insgesamt 134 Abgabestellen rund 20 000 Menschen in Not erreicht. Seit zwölf Jahren öffnet die Abgabestelle in Muri jeweils dienstags ihre Türen. Corona fordert auch Tischlein deck dich. Wegen der Pandemie stellt Peter Rüetschi, Leiter der Abgabestelle in Muri, eine Zunahme der Kunden fest. «In letzter Zeit hatten wir rekordverdächtige Abgaben.» --sab


Nötiger denn je

Der spendenfinanzierte Verein Tischlein deck dich in Muri spürt Zunahme bei der Abgabe

Seit zwölf Jahren können armutsbetroffene Menschen bei Tischlein deck dich in Muri einmal pro Woche einwandfreie, vor der Vernichtung gerettete Lebensmittel beziehen. Die Covid-19-Pandemie hat auch den Non-Profit-Verein stark gefordert.

Sabrina Salm

Wie an jedem Dienstagmorgen werden an der Abgabestelle an der Seetalstrasse 13 in Muri die Lebensmittel für die Verteilung bereitgestellt. Wegen der Covid-19-Pandemie gibt es zahlreiche Sicherheitsvorkehrungen. Zum Beispiel warten die Kundinnen und Kunden gegenwärtig in angemessenem Abstand vor der Tür. «Seit infolge der Covid-19-Pandemie für alle Abgabestellen ein Schutzkonzept eingeführt wurde, werden die Lebensmittel nicht mehr auf Tische gelegt, an denen man sich bedienen kann, sondern von den Freiwilligen vorab in Einkaufstaschen ver packt und der Kundschaft überreicht», erklärt Peter Rüetschi, der Leiter der Abgabestelle in Muri. «Dies bedeutet zwar für die freiwilligen Helfer einen Mehraufwand, doch so lassen sich Menschenansammlungen vermeiden.»

Der Kontakt zwischen der Kundschaft und dem Freiwilligenteam wird dadurch aber stark reduziert. «Dass die soziale Komponente gänzlich fehlt, ist schade.»

Rekordverdächtige Abgaben

Wer Nahrung bei Tischlein deck dich beziehen möchte, muss sich mit einer Bezugskarte von einer sozialen Beratungsstelle ausweisen. Pro Bezug bezahlt man symbolisch einen Franken. Der wöchentliche Bezug ersetzt keinen Wocheneinkauf, entlastet aber das Haushaltsbudget. «Wir merken eine Zunahme des Bezugs», sagt Rüetschi. «Wir wissen nicht genau, um wie viel, doch die letzten Wochen waren fast rekordverdächtig.» Im Durchschnitt hatte die Stelle in Muri rund 28 Säcke befüllt und abgegeben. In letzter Zeit waren es über 42 Einkaufstaschen. Rund 140 bis 150 Menschen profitieren von Tischlein deck dich in Muri.

Wie die Geschäftsleitung des Non-Profit-Vereins schreibt, schlugen sich die coronabedingten Einschränkungen auch auf die Produktspenden von Tischlein deck dich nieder. Zum ersten Mal seit über 20 Jahren konnte der Verein im Jahr 2020 nicht mehr Lebensmittel retten als im Vorjahr. Insgesamt kamen knapp 4008 Tonnen zusammen – ein Minus von 11 Prozent gegenüber 2019, wovon allein während des ersten Lockdowns 800 Tonnen von dieser Mindermenge zu verzeichnen waren. Die geretteten Lebensmittel wurden jede Woche an über 20 000 Personen verteilt, die sich wegen der Pandemie oft in einer noch schwierigeren Situation als sonst befanden.

Armut lindern, Verschwendung verhindern

Zurück in Muri: Auch an diesem Dienstagmorgen befüllen in den Räumlichkeiten des Jugendhauses Muri13 vier Freiwillige, von insgesamt 18 in Muri, die Einkaufstaschen mit Gemüse, Brot und anderen Lebensmitteln. Das Angebot wechselt je nach Abgabe der Grossverteiler oder kleineren Lebensmittelhändler, Bäckereien oder Bauern. Überproduktionen oder bald ablaufende Lebensmittel werden gern von der Logistik-Plattform Zentralschweiz in Baar geholt und auf die verschiedenen Abgabestellen verteilt, kleinere Posten holen die Helferinnen und Helfer von Tischlein deck dich auch persönlich in der Region ab. «Es wäre schön, wenn wir mehr Waren aus der nahen Umgebung hätte.»

Auch zusätzliche Helfer seien willkommen, meint Peter Rüetschi. In beiden Fällen könnten sich Interessierte direkt bei ihm melden (peter. ruetschi@hotmail.ch, Tel. 079 647 32 09). «Mit unserem Engagement können wir gleichzeitig Armut lindern und die Verschwendung von Lebensmitteln verhindern», so Rüetschi. «Eine sinnvolle Sache. Nicht nur in Coronazeiten, doch nun nötiger denn je.»

Jeden Dienstag zwischen 9.30 und 10.30 Uhr findet die Lebensmittelverteilung in den Räumlichkeiten des Jugendhauses (Muri13) statt. www.tischlein.ch.


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