Unterwegs auf Mission Peking

  16.02.2021 Sport

Serie «Freiämter Olympioniken»: Nicolas Gygax aus Islisberg – Olympia 2018 in Pyeongchang

Bei der Olympia-Teilnahme 2018 in Pyeongchang war Nicolas Gygax noch ein unbeschriebenes Blatt. Mittlerweile ist er Aerials-Weltmeister und nimmt mit Peking 2022 die nächste Olympia-Teilnahme in Angriff.

Josip Lasic

Nicolas Gygax trägt es mit Fassung. Er nimmt die Situation mit so viel Humor, wie er nur kann. Bei seinem Olympia-Debüt in Pyeongchang misslingt dem Islisberger sowohl beim ersten als auch beim zweiten Qualifikationssprung die Landung. Den Final hat der damals 22-Jährige deutlich verpasst. Er blickt in die Kameras des Schweizer Fernsehens, verschränkt die Arme. Seine trockene Reaktion: «Jäno.»

«Was hätte ich denn sagen sollen?», fragt Gygax lächelnd. «Ich habe am Ende Rang 23 belegt von insgesamt 25 Athleten. Wirklich brilliert habe ich nicht», so der Islisberger.

Ständig auf Reisen
Aktuell befindet sich Gygax wieder einmal in der Schweiz. «Endlich mal wieder zu Hause», wie er sagt. Im Dezember war er mit dem Schweizer Aerials-Team im finnischen Ruka. Dort hat er den ersten Welt- und Europacup der Saison bestritten. Es folgten Weltcups in Yaroslavl (Russland), Moskau, Raubichi (Weissrussland) und zuletzt im US-amerikanischen Deer Valley. Bisher läuft die Saison gut für den Ski-Freestyler. Mit Ausnahme von Deer Valley hat er bei jedem Weltcup den Final erreicht.

Jetzt kann er durchatmen zu Hause in Islisberg. Für ein Treffen mit dieser Zeitung ist er dennoch nur virtuell zu haben. «Zoom, Telefon, da bin ich überall dabei. Ich treffe aber aktuell ungern Leute ausserhalb meines nächsten Umfeldes.» Am 8. und am 11. März findet im kasachischen Almaty die Weltmeisterschaft der Aerials statt. Kurz darauf, am 13. und 14. März, findet ebenfalls in Almaty der letzte Weltcup statt. «Wegen der Pandemie möchte ich nichts riskieren und ich reduziere meine sozialen Kontakte auf das Minimum. Es wäre unschön, wenn ich krank werden würde und an den beiden Wettkämpfen nicht starten könnte.»

Cinderella-Story vor zwei Jahren

Wie hoch ist der Druck vor der Weltmeisterschaft für Nicolas Gygax? Vor zwei Jahren rutschte er bei der Weltmeisterschaft in Deer Valley durch zwei Verletzungen in das Team.

Neben Carol Bouvard und Noé Roth hätten eigentlich Dimitri Isler oder Pirmin Werner im Team starten sollen. Werner und Isler mussten allerdings verletzungsbedingt Forfait geben. Gygax rutschte ins Team nach, zeigte den besten Sprung und holte damit den Weltmeistertitel für das Schweizer Aerials-Team. «Das war ein schönes Erlebnis. Aber deswegen mache ich mir für die Weltmeisterschaft nicht mehr Druck», sagt der mittlerweile 25-Jährige. «Ich will an beiden Wettkämpfen in den Final kommen und dort eine gute Leistung zeigen.»

Gut sind seine Leistungen bisher ohnehin. Im Gesamtweltcupranking ist er momentan auf dem 12. Rang klassiert. So gut war er noch nie. Und – die aktuelle Klassierung ist auch schon Teil der Olympia-Qualifikation für Peking 2022. Die 25 Besten in der Weltcup-Rangliste qualifizieren sich für die Olympischen Spiele. Dazu kommt, dass pro Nation nur vier Athleten zugelassen werden. Sind mehr als vier Ski-Freestyler einer Nation unter den Top 25, rücken die nächsten nach. In Pyeongchang qualifizierten sich die Schweizer Dimitri Isler, Mischa Gasser, Noé Roth und Nicolas Gygax beispielsweise über die Ränge 26, 27, 28 und 30 für die Spiele, da Nationen wie China, Weissrussland und die USA zu viele Ski-Akrobaten in der Rangliste vor den Schweizern hatten. Die Ausgangslage ist diesmal also deutlich besser.

Vorfreude auf Olympia ist gross

Und Nicolas Gygax freut sich auch stark auf die Olympischen Spiele. «Peking ist mein nächstes grosses Ziel.» Pyeongchang hat einen grossartigen Eindruck beim Islisberger hinterlassen. «Die Eröffnungsfeier war etwas vom Eindrücklichsten, das ich je erlebt habe. Im Wettkampf ist man so fokussiert, dass man den Unterschied zwischen Weltcup und Olympia nicht so stark wahrnimmt. Aber das ganze Drumherum, das ist eindrücklich.»

Eine schöne Erinnerung ist auch, dass seine Eltern und sein Bruder Gianluca in Südkorea dabei waren und ihn zum ersten Mal bei einem solchen Wettkampf erlebt haben. Bruder Gianluca ist übrigens Hobby-Magier. «Einen Weg, mich aufs Podest zu zaubern, hat er aber noch nicht gefunden», sagt Nicolas Gygax lachend und ergänzt: «Und bloss keine Zaubertränke. Sonst werde ich noch gesperrt.»

Kultureller Austausch fasziniert

Der Freiämter probiert lieber eine einheimische Spezialität zum Essen aus. «In Südkorea wusste ich teilweise nicht, was ich esse. Manchmal wollte ich es auch nicht wissen. Aber ich probiere gern neue Dinge.» Auf die Frage, ob er in China Fledermaus kosten würde, bricht Gygax in Gelächter aus. «Lieber nicht.»

Generell fasziniert ihn die asiatische Kultur. Vor Pyeongchang war das Schweizer Aerials-Team beispielsweise in einem japanischen Dorf. «Es war faszinierend. Die Einheimischen haben uns mit Geschenken überhäuft. Als Schweizer wird dir das irgendwann unangenehm. Dennoch bin ich von den asiatischen Bräuchen und Traditionen sehr fasziniert.»

In Peking wird es aber nicht um solche gehen, sondern um sportliche Leistungen. Gygax weiss, dass diesmal mehr drinliegt als der 23. Rang. «Wenn ich zurückdenke an Pyeongchang: Noé und ich hatten nur schon mit dem Schwierigkeitsgrad unserer Sprünge keine Chance auf die Finalteilnahme. Noé Roth ist sauber gesprungen und gelandet, aber die Tricks, die er gezeigt hat, waren im Vergleich zu jenen der Top-Athleten zu einfach.»

Jetzt ist das Schweizer Team stärker und weiter. Nach dem «Jäno» 2018 sagte Gygax gegenüber dieser Zeitung: «Die Leistung von Pyeongchang möchte ich in Peking ungern 1 zu 1 wiederholen.» Aktuell ist der WM-Titel mit dem Aerials-Team sein grösster sportlicher Erfolg. Vielleicht kommt im Almaty in März noch einer dazu. Gygax: «Aber eine olympische Medaille wäre noch ein grösserer Erfolg.»

 


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