In der Phase der vielen Details

  12.02.2021 Muri

Der Um- und Anbau beim Roth-Haus schreitet planmässig voran

Es sind stressige Monate für Uwe Tischer, Geschäftsleiter des Roth-Hauses in Muri. Heimbetrieb, Baustelle, Provisorium, Coronamassnahmen. Alles müssen er und sein Team unter einen Hut bringen. Entsprechend gross ist die Vorfreude, wenn das Bauprojekt im Sommer abgeschlossen ist. Der Zeitplan stimmt.

Annemarie Keusch

Doch etwas dunkleres Grau? Fast weiss? Ein helleres Grau? Oder gar rot? Zig Muster liegen vor Uwe Tischer auf dem Tisch. Es geht um die Platten in den Küchen der vier Wohngruppen. Und die Baukommission muss entscheiden, welche Platten eingebaut werden. «Solche Entscheide müssen wir aktuell ganz viele Fällen», sagt Roth-Haus-Geschäftsleiter Uwe Tischer. Etwa, welches Material als Boden der Loggias eingebaut wird. Holz oder Stein?

Die Entscheide werden alle nicht nur danach gefällt, was besser aussieht, was besser passt oder was günstiger ist. In einer Institution für Schwerstbehinderte sind andere Aspekte zentraler. «Zu gesprenkelte Platten sind für Sehbehinderte schrecklich», weiss Uwe Tischer. Dafür sei Holz in der Loggia besser, weil die Klientinnen und Klienten wohl oft am Boden sitzen werden. Es sind zwei Beispiele für «Tausende Entscheide», die die Baukommission in der aktuellen Phase fällen muss. Uwe Tischer sagt: «Es braucht unglaublich viele Gespräche, Diskussionen und Sitzungen.»

Weiterhin vier Wohngruppen

Schon die fünfköpfige Gruppe habe teilweise Mühe, auf einen Nenner zu kommen. Darum ist klar, dass die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner bei solchen Entscheiden nicht mitreden können. «Abgesehen davon, dass viele unserer Klienten sich gar nicht mit ihrer Sprache mitteilen können, würde das den Rahmen sprengen.» Umso dankbarer ist Tischer dafür, dass die Leitung aller vier Wohngruppen langjährige Mitarbeitende innehaben. «Sie kennen ihre Klientinnen und Klienten genau, wissen um ihre Bedürfnisse.»

Vier Wohngruppen im Erdgeschoss und in den drei Obergeschossen à zuunterst vier und in allen anderen Wohngruppen acht Einzelzimmer entstehen aktuell. Die Zimmer sind im bestehenden Teil des Gebäudes, die Wohnzimmer, Küchen, Loggias im neuen Anbau. Entschieden, wer in welches Zimmer einzieht, ist schon. Auch das habe viele Abwägungen benötigt, sagt Uwe Tischer. Die Zimmer für Rollstuhlgänger etwa sind grösser, diejenigen für Blinde möglichst nahe an Küche und Aufenthaltsraum oder die Zimmer jener, die es lieber ruhig haben, möglichst weit weg. «Und natürlich, es gibt auch persönliche Präferenzen, die einflossen», sagt Uwe Tischer. Eine Frau wünschte sich ein Zimmer mit Blick auf die Rigi und hat dieses schon benannt, «Rigiblick».

Verwandte können Zimmer selber einrichten

Überhaupt, es komme immer wieder vor, dass Klientinnen und Klienten vor Ort beobachten, wie ihre Zimmer entstehen. «Die Vorfreude ist riesig, wie bei allen Menschen, die in eine neue Wohnung zügeln», sagt Uwe Tischer. Trotzdem, im Provisorium fühlen sich alle wohl. Seit eineinhalb Jahren leben die Roth-Haus-Bewohner in Räumlichkeiten der Pflegi. «Wir haben uns dort bestens eingelebt», sagt Uwe Tischer.

Die Vorfreude auf die neuen Räume ist aber nicht nur bei den Klientinnen und Klienten gross. Auch deren Eltern, Verwandte und Freunde freuen sich. «Viele kommen vorbei und besichtigten die Räume, auch weil sie, wenn sie wollen, die Zimmer selber einrichten können», erklärt Tischer. Einziger Nachteil: Die Inventurliste muss künftig doppelt geführt werden.

Digitalisierung «miteinbauen»

Das Bauprojekt ist laut Uwe Tischer im Zeitplan. Der Innenausbau läuft im Dachstock und im dritten Erdgeschoss. Maler, Zimmerleute, Elektriker, Gipser – zig Handwerker sind vor Ort. «Die Koordination ist nicht immer einfach», sagt Uwe Tischer. Läuft alles nach Plan, ist der Bau im Juni beendet. Ende Juni ist ein Tag der offenen Tür geplant, bevor der grosse Umzug ansteht. Ganz viele Dinge müssen laufend überprüft werden. Tischer erwähnt die Küche. «Diese soll offen sein, aber muss geschlossen werden können.» Die bisher offene Küche bezeichnet der Geschäftsleiter als «elendes Sicherheitsrisiko».

Miteinbezogen wird auch die Digitalisierung. Ziel von Tischer und der Baukommission ist es, dass die Nachtwachen nachher nicht mehr vier bis fünf Geräte auf sich tragen müssen, um möglichst mitzubekommen, wenn jemand Hilfe benötigt. Neu soll alles via Alarmzentrale und ein Gerät funktionieren. «Total spannend», sagt er.

Nicht einfach, alles unter einen Hut zu bringen

Aber das alles verschlingt auch viel Zeit. «Die Belastung ist für uns alle extrem momentan», sagt Uwe Tischer. Das Bauprojekt, der Heimbetrieb, das Provisorium, die Pandemie. Alles unter einen Hut zu bringen, sei nicht einfach. «Wir freuen uns sehr, wenn die Baustelle abgeschlossen ist. Das bringt dann viel Entastung.» Aktuell bleibe vieles liegen und Roth-Haus Geschäftsleiter Uwe Tischer hofft, nachher wieder Zeit zu finden, um sich mehr den eigentlichen Kernaufgaben zu widmen.

Noch bleiben also wenige Monate im Ausnahmezustand. Die Vorfreude ist bei allen riesig.


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