Abkühlung direkt aus Italien
14.07.2020 VillmergenIn Villmergen steht die erste Drive-in-Gelateria im Freiamt
Drei Geschwister starten mit einer Gelateria durch. Wegen Corona wurde die Garage kurzerhand zum Drive-in umfunktioniert.
Chantal Gisler
Die Idee, eine Gelateria im Freiamt zu eröffnen, hatten die Geschwister schon seit ihrer Kindheit. Dass daraus aber ein Drive-in wird, damit hätten Leonardo, Lorena und Angelo Lepore nicht gerechnet.
«Es war eine spontane Idee», erzählt Leonardo Lepore. Obwohl es noch nicht Mittag ist, herrscht im Drive-in viel Betrieb. «Wir haben Kunden, die teilweise von weit her extra zu uns fahren, um unsere Glace zu kaufen. Das freut uns enorm.» Wenn Lepore spricht, sprechen auch seine Hände. Ganz der Italiener eben. Sein Bruder und seine Schwester sind unterwegs, Leonardo Lepore hält in Villmergen die Stellung. Aktuell sind fünf Geschmackssorten im Angebot: Pistazie, Nuss, Zitrone, Fior di Latte und Pfrsich-Maracuja.
Man kann die Gelateria zu Fuss, mit dem Auto oder dem Velo erreichen. Dafür wurde die Garage des Wohnhauses kurzerhand zum Drivein umgebaut. An der Wand steht ein riesiger, brummender Kühlschrank. In einer Ecke wurde aus Paletten eine Lounge gebaut. Ein weisser Sonnenschirm bietet Schutz vor der Sonne. Am Eingang steht eine kleinere Eistruhe und an der Wand wurde ein Tresen montiert. Jeder Kunde darf sich durch das Sortiment probieren. Natürlich mit Schutz. Lepore trägt Handschuhe und Mundschutz. Die Becher und Löffel sind recycelbar. Sicherheitsabstand ist vorgeschrieben.
Leben wie in Italien
Jedem vorbeifahrenden Auto winkt er freundlich zu. Die meisten Nachbarn kennt der Villmerger, obwohl die Familie erst im Januar von Fischbach-Göslikon hierher gezogen ist. «Wir leben wie in Italien in einem Mehrfamilienhaushalt. Nonna, Mamma und wir Kinder.» Ganz wie in Italien eben. Zu seiner Heimat hat Lepore eine starke Verbindung. Das hat auch mit der Glace zu tun. Denn die wird in Italien hergestellt. «Meine Tante hat sich 1990 im Süden von Italien selbstständig gemacht», erzählt Lepore. Als Kinder haben sie in der Gelateria ausgeholfen. «Sie macht das beste Gelato auf der Welt», schwärmt Lepore. So gut, dass es die Geschwister in die Schweiz importieren und sich hier im Freiamt mit der Gelateria ebenfalls selbstständig machen wollen.
Schon einiges erlebt
Eigentlich wollten sie im März mit einem Eiswagen in der Schweiz an verschiedenen Standorten sein. Doch dann kam Corona. «Unseren Eiswagen haben wir in Italien umbauen lassen. Wegen der Pandemie konnten wir ihn nicht abholen.» Eine neue Idee musste her. «Wir dachten uns, wenn wir nicht zu den Leuten gehen können, dann können sie mit dem Auto, Velo oder zu Fuss zu uns kommen.» Die Drive-in-Gelateria war geboren. Und sie läuft. «Wir haben viele Kunden aus dem Dorf, aber auch aus dem ganzen Freiamt und sogar aus anderen Kantonen», freut sich Lepore. «Einmal fuhr hier ein Auto mit einem Basler Kennzeichen durch. Sie sind von Basel bis nach Villmergen gefahren, fast zwei Stunden, nur für unser Gelato.» Das freut Leonardo Lepore besonders. «Für uns ist klar, dass das Gelato unserer Tante das beste auf der Welt ist», sagt er und lacht. «Aber dass die Schweizer es ebenfalls gut fnden und dafür extra zu uns kommen, das wärmt uns das Herz.» Die Glace wird in Italien produziert und in die Schweiz gebracht. «Uns ist wichtig, dass die Zutaten alle aus Italien stammen.» Doch nicht immer läuft alles so, wie geplant. «Wir haben schon alles erlebt, das schiefgehen kann», so Lepore und lacht. So ist beispielsweise eine Palette mit Gelato beim Transport in Mailand verschwunden. Einfach weg. «Es wurde vermutlich falsch angeschrieben. Nach zwei Wochen wurde die Palette in Spanien gefunden.» Er erinnert sich noch an einen weiteren Zwischenfall: «Wir hatten die Kühltruhe gerade installiert. Da gab es in Villmergen einen Stromausfall.» Die Geschwister hatten Angst, dass die Kühlkette nicht mehr erhalten werden konnte. «Wir riefen bei den Gemeindewerken an und erklärten ihnen die Situation mit unserer grossen Kühltruhe.» Zwei Mitarbeiter der Gemeindewerke kamen vorbei. «Sie brachten sogar einen Generator mit, an dem wir die Kühltruhe anschliessen konnten. Das war wirklich sehr nett von ihnen.»
Ausbau nach Anglikon
Die Geschwister haben drei Jahre auf ihren Traum gespart. «Wir haben als Kinder zwar immer davon gesprochen, dass wir eines Tages eine Gelateria eröffnen wollen. Aber bis vor drei Jahren ist die Idee versandet.» Was war ausschlaggebend? «Ich weiss es nicht. Ich glaube, es hat einfach gepasst.» Die Geschwister entwerfen einen Businessplan und suchen nach Möglichkeiten, um eine Gelateria zu eröffnen. In Anglikon werden sie fündig. «Ab September werden wir in der Nähe des Kreisels eine Gelato-Boutique eröffnen. Darauf freuen wir uns besonders.» Dort werden weitere Glace-Sorten verkauft und eine Besonderheit: mit Gelato gefüllte Früchte. An denen haben die Geschwister lange getüftelt. Vorsichtig wird die Haut von Früchten abgezogen und mit Glace gefüllt. «Das Kleinste, das wir bieten, sind Erdnüsse, die wir mit Gelato füllen.»
Die Geschwister probieren immer wieder neue Kreationen aus. «Kürzlich haben wir aus Tomaten Gelato gemacht», so Lepore. Erstaunlich gut sei es geworden. An Ideen mangelt es den Geschwistern sicherlich nicht.