Acht Ammänner erlebt
06.12.2024 Region UnterfreiamtTägerig senkt den Steuerfuss um 2 auf neu 125 Prozent und verabschiedet seinen Gemeindeschreiber
Nach Jahren grosser finanzieller Herausforderungen durften die Tägliger an der «Gmeind» über eine Steuerfuss-Reduktion befinden. Weiter kam es zur ...
Tägerig senkt den Steuerfuss um 2 auf neu 125 Prozent und verabschiedet seinen Gemeindeschreiber
Nach Jahren grosser finanzieller Herausforderungen durften die Tägliger an der «Gmeind» über eine Steuerfuss-Reduktion befinden. Weiter kam es zur Verabschiedung von Gemeinderat Christian Vogel und von Gemeindeschreiber Rolf Meier, der nach 41 (!) Jahren im Dienst der Gemeinde in Pension geht.
Patrick Fischer
62 Stimmberechtigte durfte Gemeindeammann Thomas Widmer in der Mehrzweckhalle begrüssen, und da lediglich drei Geschäfte auf der Traktandenliste standen, durfte von einer kurzen Versammlung ausgegangen werden. Doch es kam anders.
Das Protokoll der letzten «Gmeind» gab zu keinerlei Diskussionen Anlass und wurde einstimmig genehmigt, ebenso die Überarbeitung des Personalreglements, welches seit 2008 bestand und «dringend auf einen aktuellen Stand gebracht werden musste, da sich die Arbeitswelt in den letzten 15 Jahren doch massiv verändert hat», wie Ammann Widmer betonte. Auf Begehren der Finanzkommission hin hat sich der Gemeinderat in den vergangenen Monaten dieses wichtigen Reglements angenommen und es in Zusammenarbeit mit Rechtsanwalt Patrick Bürgi aus Baden auf einen zeitgemässen Stand gebracht.
Flexibler entscheiden
Neu enthält das Reglement sogenannte Ausführungsbestimmungen, die der Gemeinderat in Eigenkompetenz erlassen und anpassen kann. Als Beispiel nannte Thomas Widmer das Thema Homeoffice. Auch was den Stellen-Etat angeht, kann die Tägliger Exekutive zukünftig selbstständiger entscheiden, immer nach Massgabe des bewilligten Budgets notabene. Hingegen werden die bisherigen Übergangsrenten gestrichen, und auch bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wurden moderate Anpassungen vorgenommen. Neu kommen die Angestellten der Gemeinde in den Genuss einer Treueprämie, wenn sie fünf Jahre bleiben. Auf der anderen Seite wird der Gemeinderat von der Pflicht entbunden, jede Stelle öffentlich publizieren zu müssen.
Beim Traktandum Budget stand Gemeinderat Christian Vogel zum letzten Mal am Rednerpult. Er verlässt das Gremium Ende 2024 nach elf Jahren aus beruflichen Gründen und durfte den Anwesenden eine Steuerfuss-Reduktion präsentieren. Er machte keinen Hehl daraus, dass ihn diese Entwicklung erfreut, sah es in den vergangenen Jahren doch mehrheitlich düster aus, was die Finanzlage der Gemeinde betrifft. «Im Herbst 2019 mussten wir den Steuerfuss auf 127 Prozent erhöhen, um vom zusätzlichen kantonalen Finanzausgleich profitieren zu können, auch eine Fusion wurde als möglicher Ausweg aus der Misere diskutiert. Doch das Dorf hat sich klar für die Eigenständigkeit entschieden und ist bereit gewesen, in den sauren Apfel zu beissen», fasste Vogel die Jahre zusammen, in denen er als Ressortvorsteher amtete und der Steuerfuss unrühmliche Höchstwerte erreichte.
Zahlen im grünen Bereich
«Dank diesen Massnahmen und dem moderaten Wachstum unserer Gemeinde ist es gelungen, die finanziellen Kennzahlen wieder in den grünen Bereich zu führen und die Verschuldung auf ein tragbares Mass zu reduzieren», führte Vogel weiter aus. Zwar verkleinere sich der Zuspruch aus dem kantonalen Finanzausgleich durch die guten Jahresabschlüsse der vergangenen Jahre um fast 400 000 Franken massiv und auch die Ausgaben wachsen weiter. Trotzdem sei es dank den steigenden Steuererträgen angemessen, die Steuerbelastung nun wieder um zwei Prozentpunkte zu senken.
Ähnlich sah dies auch Fiko-Präsident Christian Bertschinger, der allerdings warnte, dass die positiven Jahresergebnisse vor allem steuerlichen Sondereffekten geschuldet seien, die in Zukunft wohl ausfallen werden. Und tatsächlich zeigt der Finanzplan auf, dass die Pro-Kopf-Verschuldung von aktuell 567 in den kommenden Jahren wieder etwa 2500 Franken steigen wird, dies insbesondere wegen anstehender Investitionen in die Infrastruktur. Trotzdem sei nun der richtige Zeitpunkt, die Steuerbelastung zu senken, was die anwesenden Stimmberechtigten ebenso sahen und dem Antrag des Gemeinderates ohne Gegenstimme folgten.
Am meisten Zeit in Anspruch nahm dann das Traktandum «Verschiedenes». Neben den Informationen zu aktuellen Geschehnissen stand die Verabschiedung von drei langjährigen Mitarbeitern der Gemeinde im Zentrum. In Abwesenheit wurden Wendelin Blattner (23 Jahre als Bauamts-Vorsteher tätig) und Myrta Meier (32 Jahre für die Reinigung des Gemeindehauses verantwortlich) geehrt und mit den besten Wünschen feierlich ins Pensionsalter entlassen.
Unvergleichliche Treue
Noch ein paar Wochen länger warten «muss» Gemeindeschreiber Rolf Meier, der an diesem Abend seine 86. Einwohner-Gemeindeversammlung in Tägerig erlebte und Ende Januar nach 41 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand geht. Es sind eindrückliche Zahlen, die der langjährige Chef der Verwaltung in seiner Abschiedsrede erwähnt: Nach seiner Lehre auf der Gemeindeverwaltung in Mellingen und Zwischenstationen beim Betreibungsamt in Wohlen und bei der Gemeinde Aristau war Rolf Meier 1984 als Gemeindeschreiber nach Tägerig gekommen und hat seither acht Gemeindeammänner, 30 Gemeinderäte sowie elf Leiter Finanzen erlebt. «Auch etwas mehr als 100 Trauungen durfte ich in all dieser Zeit durchführen», erzählt Meier aus seiner beruflichen Tätigkeit. «Wie viele davon immer noch verheiratet sind, weiss ich allerdings nicht», fügt er mit einem Schmunzeln an.
Kleiner Seitenhieb in Richtung Wohlen
Als «wandelndes Lexikon» bezeichnet ihn Ammann Widmer in seiner Laudatio und hebt insbesondere sein riesiges Know-how und seine grosse Einsatzbereitschaft hervor, aber auch sein trockener Humor sei legendär. Rolf Meier zeigte sich überwältigt von der Wertschätzung, die er in seiner Funktion als Tägliger Gemeindeschreiber erfahren durfte, und bedankte sich bei allen, die ihn in den letzten vier Jahrzehnten wohlwollend unterstützt haben. Einen speziellen Dank richtete er an seine Frau Christina, ohne die ein solches Engagement nicht möglich gewesen wäre. Weiter betonte er, dass Vertrauen das wichtigste Gut sei, damit eine Gemeinde gut funktioniere, besonders in schwierigen Zeiten, wie sie Tägerig in den letzten Jahren erlebt habe. «Was passiert, wenn das nicht der Fall ist, kann man aktuell gut am Beispiel Wohlen sehen», konnte er sich einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen …
Die Beschlüsse
Die 62 anwesenden Stimmbürger genehmigten alle Anträge des Gemeinderates. Es sind dies: 1. Protokoll. – 2. Personalreglement der Gemeinde Tägerig. – 3. Budget mit einem Steuerfuss von neu 125 Prozent.