Alle ziehen am selben Strang

  14.09.2021 Sport

Seilziehen, Weltmeisterschaft: Schweiz startet mit grosser Sinser Beteiligung

Übermorgen Donnerstag startet in Getxo im Baskenland die Weltmeisterschaft im Seilziehen. Der Seilziehclub Sins ist einerseits als Verein und andererseits mit zahlreichen Mitgliedern verteilt auf mehrere Nationalteams vertreten. Die Freiämter haben grosse Ambitionen: Die World Games 2022 in den USA.

Josip Lasic

Die Mitglieder des Seilziehclub Sins zählen mehrmals nach. Ihnen fällt kein Verein ein, der mehr Leute für die Weltmeisterschaften im Seilziehen stellt. Zuerst startet Sins mit 13 Athleten an der Weltmeisterschaft der Vereine. Als einziger Schweizer Club sind die Freiämter in drei Kategorien vertreten. Bei den Männern bis 560 kg, bei den Frauen bis 500 kg und Mixed bis 580 kg. «Bei diesem Teil des Turniers kann jeder mitmachen, der will», erklärt Melanie Villiger, Pressechefin des Vereins und WM-Teilnehmerin.

Grosser Vereinszusammenhalt

Im zweiten Teil des Turniers treffen die Nationalteams aufeinander. «Für diesen Teil des Turniers muss man sich sportlich qualifizieren», sagt Villiger. Von den 13 Sportlern, die mit dem Seilziehclub Sins starten, werden elf anschliessend für die Schweiz antreten.

Acht Kategorien stehen auf dem Programm, unterteilt nach Geschlecht, Alter und Gewichtsklasse. Die Schweiz stellt in jeder ein Team. In sechs der acht Teams ziehen Sinser mit. Dazu kommt, dass mit Jürg Rogenmoser und Roland Peter zwei Sinser sämtliche Frauennationalteams betreuen. Wieso starten so viele Sinser für das Schweizer Nationalteam? Jürg Rogenmoser: «Wir betreiben seit 15 Jahren sehr intensive Juniorenarbeit.» Melanie Villiger ergänzt: «Wir haben viele Athleten, die gemeinsam angefangen haben. Die Harmonie ist da. Alle kommen gerne ins Training. Und wenn man viel trainiert, wird man automatisch besser.» Die Delegation der Sinser ist in diesem Jahr sogar eher klein. Covid-bedingt wurde die U23-Kategorie der Frauen abgesagt. Da wären drei weitere Sinserinnen dabei gewesen. Normalerweise wären mehrere Vereinsmitglieder dabei gewesen, die entweder beim Vereinswettkampf mitgezogen hätten oder als Zuschauer mitgekommen wären und das Land bereist hätten. Als das entfällt wegen der Pandemie.

Ziel: World Games in den USA

Die Ambitionen der Freiämter Sportler sind keinen Einschränkungen unterlegen. «Das Ziel ist ein Podestplatz», sagt Roland Peter, einer der beiden Trainer der Frauenmannschaften. Diese Zielsetzung betrifft sowohl die Vereinsweltmeisterschaft als auch die Nationen-WM. «Wenn man bei vorherigen Turnieren vorne dabei war, will man das bestätigen», sagt Johannes Zumbühl. Er wird mit dem Verein und dem Nationalteam der Männer bis 640 kg ins Rennen gehen. Und der Erfolg war in der Vergangenheit da. Sins gewann an der WM 2016 eine Bronze- und eine Silbermedaille. 2018 gab es bei den Frauen bis 500 kg einen 4. Platz. Die Schweiz konnte 2016 zehn Medaillen gewinnen – fünfmal davon Gold – und 2018 acht Medaillen – erneut fünfmal Gold.

Dieses Jahr ist der Erfolg besonders wichtig. «Bei den Männern bis 640 kg, der Mixed-Kategorie bis 580 kg und den Frauen bis 540 kg ist es das Ziel, unter die ersten sechs zu kommen», erklärt Melanie Villiger. «Das würde die Qualifikation für die World Games 2022 in den USA bedeuten.» Die World Games sind die «Olympischen Spiele» für Sportarten, die nicht im Programm von Olympia sind. Dazu gehören beispielsweise Unihockey, Bowling oder eben Seilziehen. Und die Teilnahme daran ist eine grosse Ehre. Johannes Zumbühl: «Ich war mit meinen 23 Jahren schon an sechs Weltmeisterschaften. An den World Games war ich nie.» Melanie Villiger: «Die Welt- und Europameisterschaften finden alle zwei Jahre statt. So ist jedes Jahr entweder EM oder WM. Die World Games sind nur alle vier Jahre.»

Viel Leidenschaft im Gepäck

Jürg Rogenmoser geht davon aus, dass die Qualifikation für die World Games auch der einzige Grund ist, dass die WM in diesem Jahr überhaupt durchgeführt wird. Wegen der Pandemie stand sie lange auf der Kippe. Roland Peter: «Wir haben wegen Corona strenge Auflagen. Verstösst man dagegen, droht die Disqualifikation.»

Davon aus der Ruhe bringen lassen sich die Sportler nicht. Johannes Zumbühl: «Die Bedingungen sind ja für alle Teams die gleichen.» Wobei das nicht ganz korrekt ist. Teams wie Taiwan, das unter dem Namen «Chinese Taipeh» antritt, oder Südafrika trainieren unter professionellen Bedingungen. Die Schweizer arbeiten alle tagsüber. Trainiert wird im Vorfeld der WM dennoch drei- bis viermal pro Woche. Roland Peter: «Und den Flug, das Hotel und alles drumherum müssen wir selbst bezahlen.» Einschüchtern lassen sich die Freiämter von den Profis nicht. Melanie Villiger: «Natürlich sind diese Teams enorm gut. Aber wenn sie ein paar Züge in den Knochen haben, sind auch sie schlagbar.»

Die Sinser bringen eine Menge Leidenschaft mit. Sowohl Training als auch finanzieller Aufwand sind ihnen für ihren Sport nicht zu schade. Jürg Rogenmoser: «Wir lieben unseren Sport. Das ist pure Leidenschaft. Wir ziehen wortwörtlich alle am selben Strang.» Und laut dem Nationaltrainer ist es von Vorteil, wenn sich die Seilzieher untereinander gut kennen und aufeinander abgestimmt sind. Mit so vielen Sinsern in den Teams kann fast nichts schiefgehen.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote