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10.09.2024 BremgartenBundesasylzentrum: Besichtigung und Infoanlass stossen auf grosses Interesse
Über 200 Menschen nahmen am Samstag an der Begehung des bald eröffnenden Bundesasylzentrums unter dem Alterszentrum teil. Dabei versuchten die Verantwortlichen Sorgen und Bedenken zu ...
Bundesasylzentrum: Besichtigung und Infoanlass stossen auf grosses Interesse
Über 200 Menschen nahmen am Samstag an der Begehung des bald eröffnenden Bundesasylzentrums unter dem Alterszentrum teil. Dabei versuchten die Verantwortlichen Sorgen und Bedenken zu entkräften und Abläufe zu erklären. So entstand ein rundes Bild, wie der Betrieb hier in den nächsten sechs Monaten funktionieren wird. Am 23. September kommen die ersten Flüchtlinge.
Marco Huwyler
Die Verantwortlichen haben sich Mühe gegeben. Für insgesamt 270 000 Franken wurde die Geschützte Sanitätsstelle (GSS) in den vergangenen Wochen zu einer Unterkunft für Geflüchtete. Und doch können auch Tier- und Landschaftsbilder oder kleine Deko-Elemente wie Strohblumen kaum kaschieren, dass sich das Bunkersystem unter der Bärenmatt ziemlich trist und spartanisch präsentiert. Mit Neon beleuchteter Beton, fernab von Tageslicht. Eng, ungemütlich. Bett an Bett – Privatsphäre unmöglich. Ein Luxusleben ist es wahrlich nicht, was die bis zu 120 Flüchtlinge im kommenden halben Jahr in Bremgarten erwartet. Im Gegenteil.
Davon konnten sich am Samstag auch über 200 Bremgarterinnen und Bremgarter überzeugen, die anlässlich der Infoveranstaltung des Staatssekretariats für Migration (SEM) an einem geführten Rundgang durch die GSS teilgenommen haben. Vor dem Eingang in die Bunkeranlage bildete sich teilweise eine beträchtliche Schlange. «So ist es besser, als wenn niemand kommt», schmunzelte Reto Kormann, stv. SEM-Chef für Information und Kommunikation. Gemeinsam mit seinem Team führte er nicht nur durch die Räumlichkeiten – es wurde auch versucht auf Fragen aller Art einzugehen. Auf das, was die Bremgarterinnen und Bremgarter bewegt, vor der Ankunft der geflüchteten Gäste aus aller Welt.
Zu Beginn nur rund 20
Weil diese Fragen von Tagesablauf, über Sicherheit bis hin zu Details der Rahmenbedingungen und Einrichtung reichten, erhielt man am Samstag einen ziemlich runden Eindruck zum neuen Bundesasylzentrum in Bremgarten.
Am 23. September werden die ersten Geflüchteten im Städtli eintreffen. In einer ersten Tranche nicht gleich hundert, sondern vorerst um die 20. Allein reisende, volljährige Männer, die erst ein paar Tage in der Schweiz sind und nach einem ersten Check aus der Zentrale in Basel in Bremgarten eintreffen. Dabei handelt es sich um «reguläre Flüchtlinge» – also nicht jene mit Status S aus der Ukraine. In Bremgarten sollen sie so lange bleiben, bis eine andere, oberirdische Lösung für sie gefunden wurde. Maximal ein bis drei Monate soll dies in der Regel dauern. Drei Betreuer der Organisation ORS – eine spezialisierte Dienstleisterin im Bereich Immigration – kümmern sich um die Gekommenen, wobei mit steigender Flüchtlingszahl auch ihre Anzahl steigen würde. Darüber hinaus sind permanent drei Securitas im Einsatz.
Struktur im Alltag
Zentral, damit möglichst wenig Probleme entstehen und den Geflüchteten ein menschenwürdiges Dasein in Bremgarten ermöglicht wird, ist die Frage nach der Beschäftigung. Da sind sich eigentlich alle einig. Die Organisatoren resp. die Betreuer versuchen deshalb, möglichst viel Struktur in den Tag der hier Gestrandeten reinzubringen. Vier Stunden sind die Asylbewerber jeden Tag mit einem fixen Programm beschäftigt. Dazu gehört unter anderem die Hausarbeit, zu der alle hier Untergebrachten verpflichtet sind. Daneben können die Flüchtlinge angebotenen freiwilligen Aktivitäten, wie etwa Ausflügen oder Pingpong-Turnieren, nachgehen. Und: nach Möglichkeit bezahlter Arbeit. «Dafür muss man sich aber durch tadelloses Verhalten qualifizieren», sagte Yves Häberli, Objektverantwortlicher des SEM.
Diese potenziellen Arbeiten werden in Zusammenarbeit mit der Stadt festgelegt und dürfen das lokale Gewerbe nicht konkurrenzieren – Beispiele dafür wären Anti-Littering-Massnahmen oder Neophytenbekämpfung. Maximal 30 Franken pro Tag (5 Franken pro Stunde) können sich die Asylbewerber so dazuverdienen – zu ihrem Sackgeld von 3 Franken pro Tag. Ein für die Asylbewerber lukrativer Nebenverdienst also. «Es könnte gut sein, dass eure Wege und Flure in den kommenden Monaten deshalb so sauber sind wie noch nie», schmunzelte Häberli.
Wirksame Strafen
Essen, Schlafmöglichkeit und die medizinische Grundversorgung erhalten die Geflüchteten kostenlos. Letzteres ist im Falle von Immigranten öfters wichtig. Da sie von ihrer langen, oftmals beschwerlichen Reise nicht selten verschleppte Krankheiten oder nicht richtig verheilte Wunden mit sich bringen. Menschen mit ernsthaften gesundheitlichen Problemen werden allerdings gar nicht erst in Bremgarten untergebracht.
Bezüglich Mahlzeiten haben die Verantwortlichen eine Vereinbarung mit dem Alterszentrum geschlossen, welches im nächsten halben Jahr auch die GSS unter ihm mit Essen versorgt.
Die Geflüchteten unterliegen im Bundesasylzentrum einer Hausordnung, auf deren Einhaltung sie immer wieder sensibilisiert werden. Dazu gehört auch die Meidung «sensibler Zonen», wie dem Schulareal oder die Einhaltung der Ruhe- und Ausgangszeiten. Bei Zuwiderhandlung sind Strafen möglich: «Das reicht von der Streichung des Sackgeldes bis hin zur Verlegung in eine andere Unterkunft», erklärte Häberli. Etwa ins «Besondere Zentrum» im neuenburgischen Les Verrières, wo renitente Asylsuchende unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen untergebracht sind. Delikte, die dem Schweizer Strafgesetz unterliegen, werden darüber hinaus selbstverständlich polizeilich verfolgt und geahndet.
Gut organisiert
Insgesamt gilt es zu konstatieren, dass der Informationsanlass gut organisiert war. Dank ständig mehrerer parallelen Führungen entstanden trotz des beträchtlichen Andrangs kaum längere Wartezeiten. Das Publikum setzte sich aus einem bunten Mix aus Anwohnern, Pensionierten, Betroffenen, Politikern und sonstigen Interessenten zusammen. Entsprechend bunt und vielfältig waren auch die spontan eingeworfenen Fragen. Einige konkret und dank kompetenter Experten gut beantwortbar. Andere wiederum aus diffusen Ängsten genährt und deshalb schwer zufriedenstellend zu beantworten. So wollte etwa eine Anwohnerin wissen, wie sie sich noch sicher fühlen könne, auf ihrem Morgenspaziergang die Promenade entlang. Erfahrungswerte und ein Verweis auf die Vorkehrungen mussten als Antwort reichen. Noch schwieriger war es, auf vereinzelte Unmutsbekundungen einzugehen, weshalb diese Menschen überhaupt in die Schweiz oder insbesondere in Bremgarten untergebracht werden müssen. Fragen, die politischen Prozessen zugrunde liegen. Fernab der Kompetenz der am Samstag Informierenden.
Grosso modo dominierte aber Zufriedenheit über einen gelungenen Einblick. Zumal sämtliche Gekommenen sich zum Schluss auch noch über eine Gratiswurst freuen durften. Und auch die Veranstalter des SEM rund um Reto Kormann waren zufrieden: «Es war ein guter, konstruktiver Austausch. Ruhig und friedlich.» So darf es in den kommenden Monaten rund ums Bremgarter Bundesasylzentrum gerne weitergehen.




