Psychische Gesundheit: In Wohlen gibt es geleitete Angehörigen-Gruppentreffen
Wenn jemand psychisch erkrankt ist, leidet nicht nur diese Person. Unterstützung brauchen auch die Angehörigen. Die VASK, Vereinigung der Angehörigen von psychisch Kranken ...
Psychische Gesundheit: In Wohlen gibt es geleitete Angehörigen-Gruppentreffen
Wenn jemand psychisch erkrankt ist, leidet nicht nur diese Person. Unterstützung brauchen auch die Angehörigen. Die VASK, Vereinigung der Angehörigen von psychisch Kranken Aargau, bietet Hilfestellungen an. Auch in Wohlen werden Selbsthilfegruppen geleitet.
Sabrina Salm
In der somatischen Medizin wird der Mensch mit einer Selbstverständlichkeit betreut. Die Gesellschaft zeigt Mitgefühl, die Angehörigen werden in den Heilungsprozess eingebunden und für die Pflege zu Hause nach dem Spitalaufenthalt ein Konzept entwickelt. Bei psychisch Erkrankten ist die Auswahl im Angebot bescheidener als in der somatischen Medizin. Die Angehörigen werden bedauerlicherweise zu oft im Behandlungsprozess ausgeschlossen. Dies ist einerseits der Schweigepf licht der Fachpersonen geschuldet, die dem Schutz des Patienten dient. Anderseits geht durch die Verweigerung der psychisch Erkrankten gegenüber der Zusammenarbeit mit den Angehörigen die Aufmerksamkeit des Beziehungsfeldes verloren, das sie so sehr benötigen. Der Prozess zur Heilung, wenn die dann möglich wird, ist unter Umständen äusserst langwierig und schmerzhaft für alle Beteiligten und kann die Angehörigen in eine Hilflosigkeit führen.
Eigene Resilienz stärken
Um Betroffenen Unterstützung zu bieten, werden von der VASK, Vereinigung der Angehörigen von psychisch Kranken Aargau, Selbsthilfegruppen angeboten. Die Gruppentreffen sind offen für Angehörige von psychisch Kranken und auch für Freunde, Bekannte und Personalverantwortliche in Unternehmungen, die mit psychisch beeinträchtigten Menschen zusammenarbeiten. Die von der VASK Aargau geleitete Selbsthilfegruppe gibt es seit 2011 auch in Wohlen. Marie-Therese Keller ist Coach und die Leiterin solcher Treffs.
«Alles, was im Raum gesprochen wird, bleibt im Raum», erklärt Keller. Der Fokus im Austausch liege auf der Resilienz jedes einzelnen Anwesenden. «Als Leiterin höre ich aktiv zu und biete bei Schwierigkeiten Lösungsideen an.» Jede einzelne Person übernimmt die Eigenverantwortung, wie viel sie der Gruppe mitteilen möchte. Es seien jeweils Angehörige anwesend, die nicht mehr weiterwissen, wenn in der Familie oder am Arbeitsplatz sich jemand psychotisch verhält. «In die Gruppe kommen Angehörige, die offen für neue Gedanken sind.»
Einen geschützten Raum bieten
Angehörige von psychisch Erkrankten brauchen dringend Information über die Krankheitsbilder, sagt Marie-Therese Keller. «Weiter benötigen sie einen geschützten Raum, in dem ihnen zugehört wird und in dem sie sich ernst genommen fühlen.» Neue Impulse von aussen können helfen, um die Schwierigkeiten im Alltag mit einem psychisch Erkrankten besser auszuhalten. «Angehörige benötigen keine Therapie, sondern ein offenes Ohr und ehrliche Rückmeldungen vom gesunden Gegenüber, damit sie ihre Resilienz und ihr Selbstvertrauen stärken können.»
Stigmatisierung ist wahrzunehmen
Oft wird das Thema psychische Probleme in unserer Gesellschaft nach wie vor tabuisiert. «Die Stigmatisierung ist immer noch wahrzunehmen», bedauert Keller. «Es fehlen die Informationen, wie die Allgemeinheit einem psychisch Erkrankten begegnen könnte, der völlig in einer anderen Welt lebt, fühlt, denkt und handelt.» Die Gesellschaft könnte Toleranz gegenüber «anders» denkenden, «anders» fühlenden und «anders» handelnden Menschen entwickeln. Was hingegen besser geworden sei, ist, dass man ganz allgemein mehr und mehr über psychische Krankheiten spricht. Den Mut entwickeln, offen über die psychische Krankheit zu sprechen, müsse mehr im Fokus stehen. «Sich mit den Schuld- und Schamgefühlen aussöhnen», sagt Marie-Therese Keller. «Und die Angst des Schweigens überwinden.»