Auf voller Fahrt

  11.05.2021 Bremgarten

St.-Benedikt-Leiter Philipp Zimmermann ist gut gestartet

Letzten August übernahm der Fachmann die Gesamtleitung von Pia Iff. Eine erste Zwischenbilanz des neuen «Kapitäns» fällt positiv aus.

André Widmer

Auch für die stationäre Sonderschule St. Benedikt sind es bewegte Zeiten. Da ist die Coronapandemie, die auch an der in Hermetschwil-Staffeln beheimateten Institution nicht spurlos vorübergangen ist. Wegen einzelnen Fällen musste zwei Mal der Schulbetrieb für einige Tage unterbrochen werden. Und da ist die Fortführung der strategischen Ausrichtung mit einer Stärkung der Familienarbeit, die weiter intensiv verfolgt wird.

Just in dieser herausfordernden Phase erfolgte aufgrund der Pensionierung von Pia Iff der Wechsel in der Gesamtleitung. Im August startete Philipp Zimmermann, ein ausgewiesener Fachmann mit langjähriger Erfahrung. Zimermann gehörte vor dem Wechsel zum St. Benedikt dem Leitungsteam des Wohnheimes Dynamo in Luzern an. Dieses bietet ebenfalls wie St. Benedikt unter anderem eine 365-Tage-Betreuung an. Er arbeitet seit 25 Jahren im stationären Bereich, war auch im Jugenddorf Knutwil tätig. Pädagogik und Therapie sind seine Kernthemen. Auch er verfolgte bisher einen interdisziplinären und lösungsorientierten Weg, wie dies auch die Strategie des St. Benedikt vorsieht.

«Funktionierendes Team in allen Bereichen»

Vor dem Ende des ersten Schuljahres unter seiner neuen Gesamtleitung kann Philipp Zimmermann eine erste positive Zwischenbilanz ziehen. «Ich habe mich sehr gut eingelebt, habe ein funktionierendes Team in allen Bereichen angetroffen, motiviert und eingespielt. So macht es Freude zu arbeiten», sagt Zimmermann. Als Gesamtleiter sei er nicht überall operativ tätig, umso erfreulicher zu wissen, dass die Bereiche gut laufen würden. Ihn freut auch, dass vorbeispazierende Menschen am Fenster manchmal das Gespräch mit ihm suchen, externe Besucher anzutreffen sind. Die Nutzung der Turnhalle durch die öffentliche Schule sowie lokale Vereinen soll auch Offenheit signalisieren. Ganz allgemein soll das St. Benedikt nicht als eine Insel, sondern als Bestandteil von Hermetschwil-Staffel und Bremgarten wahrgenommen werden. Ein Tag der offenen Tür zum Beispiel ist durchaus denkbar – wenn es die Pandemielage dann mal zulässt.

Extern, aber begleitet wohnen

Sozusagen erste punktuelle, eigene Stempel setzen konnte der 50-Jährige unter anderem im administrativen Bereich, wo er die Digitalisierung vorantrieb. Arbeitsabläufe sollen einfacher gestaltet werden. Die Energie solle weniger in die Verwaltung gesteckt als vielmehr in die tägliche Arbeit mit den Kindern investiert werden. Abläufe will man direkter, Aufgaben klarer zugeteilt, Sitzungen gestrafft und zielgerichteter gestalten.

Struturell wurde der Bereich des Wohnangebotes angepasst. Das St. Benedikt verfolgt das Prinzip des progressiven Wohnens - Klienten im Lehrlingsalter sollen lebensnaher wohnen können, weshalb in Bremgarten West eine Wohnung angemietet wird. Die Jugendlichen können dort begleitet wohnen, befinden sich aber näher am Puls der Gesellschaft, können besser den Anschluss finden. «Ein Zwischenschritt zwischen dem St. Benedikt und dem Austritt», so Zimmermann. Dieses Angebot entspricht so ganz der Philosophie des St. Benedikt, die ein durchlässigeres Angebot ermöglicht. Ebenfalls angestossen hat Philipp Zimmermann das Qualitätsmanagement, das vom Kanton Aargau gefordert wird. Der Standard will auch von sozialen Institutionen externe Audits; Zimmermann hat sich dabei für ein System entschieden, das er bereits aus seiner früheren beruflichen Tätigkeit kannte. «Es wird im Juni damit gestartet.» Die Gesamtbelegschaft soll involviert werden, es soll von der Basis her gearbeitet werden. Es wird ein einjähriger Zyklus aufgegleist, welcher eine stete Weiterentwicklung der Arbeitsqualität unterstützt.

Wichtige Familienarbeit

Wichtig für die Ausrichtung der Sonderschule St. Benedikt, die über vier altersdurchmischte Kinderwohngruppen und eine Jugendwohngruppe verfügt, ist auch die Familienarbeit. Denn die Arbeit des St. Benedikt ist systemorientiert – das heisst, es wird nicht nur mit dem Kind oder dem Jugendlichen gearbeitet, sondern mit der ganzen Familie, falls dies aufgrund der Konstellation möglich ist.

«Es reicht nicht, nur mit dem Kind zu arbeiten», so Philipp Zimmermann. Vielmehr soll die Entwicklung die ganze Familie betreffen. Denn schliesslich muss die Familie als Ganzes funktionieren. Das ambulante Angebot Familienarbeit 3+, das in der Bremgarter Unterstadt räumlich situiert ist, entspricht dieser Ausrichtung. Die Zusammenarbeit mit diesem Angebot hat sich nun nach einer ersten Aufbauphase bereits intensiviert. «Es geschieht eine Vernetzung, eine Verzahnung», schildert Zimmermann.

Nichtsdestotrotz registriert Zimmermann auch das zunehmende Bedürfnis für einen 365-Tage-Betrieb. St. Benedikt spürt hier etwas den Druck aus anderen Kantonen – insbesondere aus dem Kanton Luzern –, die offenbar nicht über genügend solche Angebote verfügen. Gerade für Kinder aus einem schwierigen familiären Umfeld ist ein solches Angebot wichtig.

Lehrermangel macht sich bemerkbar

Neben allen positiven Punkten gibt es aber durchaus auch zähere Herausforderungen zu bewältigen.

Die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt hat es mit sich gebracht, dass nicht alle Lehrerstellen besetzt wurden. Darum konnte die stationäre Sonderschule St. Benedikt auch nicht all ihre Plätze für Kinder und Jugendliche voll belegen. «Das war ein bewusster Entscheid, um eine gute Pädagogik zu gewährleisten und den Bedürfnissen gerecht zu werden», erläutert Gesamtleiter Zimmermann. Dennoch hat das St. Benedikt als erste Sonderschule im Aargau dem Lehrplan 21 entsprechend auch Chemie und Physik ins Fächerangebot aufgenommen. Den Kindern und Jugendlichen will man das Rüstzeug mit auf den Weg geben können, welches für gute schulische und berufsbildende Anschlusslösungen nötig ist.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote