Begeistert vom Fliegen
25.04.2025 Region BremgartenDer Modellflugsportverein Reusstal in Künten wird dieses Jahr 50 Jahre alt
1975 gründeten elf Jugendliche aus Künten, Stetten und Niederwil den heutigen Modellflugsportverein Reusstal mit eigenem Modellflugplatz. Der Präsident und langjährige ...
Der Modellflugsportverein Reusstal in Künten wird dieses Jahr 50 Jahre alt
1975 gründeten elf Jugendliche aus Künten, Stetten und Niederwil den heutigen Modellflugsportverein Reusstal mit eigenem Modellflugplatz. Der Präsident und langjährige Künter Gemeindeammann gehört zu den Gründern. Er schaut auf fünf Jahrzehnte Vereinsgeschichte zurück.
Roger Wetli
Fliegen fasziniert Werner Fischer schon sehr lange. Der gebürtige Stetter gehörte einer Gruppe Jugendlichen an, die sich in den 70er-Jahren regelmässig trafen, um gemeinsam ihre Modellflieger zu starten. «Diese Leidenschaft konnte ich mir in all den Jahren bewahren», lacht er. Fischer ist nicht der Einzige. Von den elf Gründern gehören dem Verein nach wie vor vier Personen an, wovon eine längst nach Australien ausgewandert ist. «Besucht Manuel Riedrich aber die Schweiz, taucht er auch auf unserem Modellflugplatz auf. Und er frönt diesem Hobby auch in Down Under», weiss Werner Fischer.
Gerne erinnert er sich an die Anfänge des Vereins zurück. «Wir haben geschaut, wo Modellflieger starten und landen, sind dorthin mit dem Fahrrad gefahren und haben uns kennengelernt.» Modellflugplätze habe es damals zwei in Nesselnbach, einen in Niederwil und einen in Künten gegeben. «Wobei ‹Modellflugplatz› ein grosses Wort ist. Wir starteten und landeten zum Beispiel auf der damals noch schwach befahrenen Strasse zwischen Gnadenthal und Nesselnbach.» Ihre Modellflieger hätten sie in Veloanhängern transportiert.
Aus dieser losen Gruppierung wuchs bald der Wunsch, als Modellfluggruppe offiziell von einem überregionalen Verband anerkannt zu werden und sich dort auszutauschen. «Dafür braucht es den Verein», so Fischer, der bis heute im Vorstand des Modellflugverbandes Zentralschweiz tätig ist. Die Regionalverbände bilden zusammen im Aero-Club der Schweiz den Schweizerischen Modellflugverband. Die Jugendlichen hatten allerdings ein Problem: 1975 erlangte man die Volljährigkeit erst mit 20 Jahren. Diese brauchte es für einen offiziellen Vorstand. «Ausser dem Küntener Faruk Yeginsoy erfüllte von uns niemand dieses Kriterium. Wir schafften die Vereinsgründung trotzdem. Faruk wurde unser erster Präsident.»
Kein Geld für Drogen
Platz für einen offiziellen Modellflugplatz erhielten sie durch den Künter Landwirt Philipp Schürmann, dessen Söhne ebenfalls Teil der Gruppe waren und teilweise bis heute sind. «Philipp Schürmann gehört zu den Landwirten, welche den grossen Wert unseres Hobbys sahen. Er meinte, es sei ihm lieber, wenn wir an Modellfliegern basteln und diese fliegen lassen, als wenn wir in der Zürcher Drogenszene landen», ist Werner Fischer dankbar. «Wir haben alle dank diesem Hobby sehr viel gelernt. Einerseits, was die Technik betrifft, andererseits auch über die Fliegerei. Und wir hatten auch kein Geld für Drogen, weil wir alles in diese Modellflieger investierten», lacht er. Ein einfacher Flieger habe schnell mal 100 bis 200 Franken gekostet. «Wollte man ihn mittels einer damals modernen transistorisierten Funkfernsteuerung zusätzlich steuern, waren rund 1200 Franken nötig. Das entsprach damals dem halben Monatsgehalt eines Facharbeiters und dieser ‹Traum› war schier unerreichbar.»
Gibt es heute Simulatoren, mit denen man das Fliegen virtuell lernen könne, um danach mit wenig Schaden am richtigen Modell zu fliegen, sei das in den 70er-Jahren etwas ganz anderes gewesen. «Es kam vor, dass der Flieger nach der zweiten Kurve abstürzte und dann innert zweier intensiver Wochen repariert werden musste, um beim Nachfolgeflug drei Kurven zu schaffen», lacht Fischer.
Tolerante Nachbarn
Er erzählt, dass die Entwicklung der Modellflieger in den letzten 50 Jahren einen Quantensprung gemacht hat. «Die Akkus wurden kleiner, leichter und leistungsfähiger. Der so mögliche Elektroflug verdrängte immer mehr die mit fossilen Brennstoffen angetriebenen Geräte. Das ist aber auch gut für die Nachbarschaft, welche dadurch weniger gestört wird.» Auf deren Toleranz ist der Modellflugsportverein Reusstal, Künten, angewiesen. Und dies, obschon sich der Modellflugplatz in einer Landwirtschaftszone weit ausserhalb von der Wohnzone befindet und die Piloten gesetzlich ausschliesslich auf Sicht fliegen müssen. «Die ersten Einschränkungen unserer Trainingsflüge gab es um 1985. Es entstand im guten Einvernehmen mit den Anwohnern», schaut Fischer zurück. Seit 2012 ist der Modellflugplatz offiziell als Anlage in der Landwirtschaftszone mit strengen Auflagen bewilligt. «Wir waren einer der ersten Schweizer Modellflugvereine, die ein solches Bewilligungsverfahren durchlaufen mussten. Eine Nachbarschaft wehrte sich damals gegen den Modellflugplatz und brachte das Bewilligungsverfahren ins Rollen. Selbstverständlich halten wir die Auflagen ein und nehmen so weit wie möglich Rücksicht. Aber allen recht machen kann man es nicht», weiss der langjährige ehemalige Künter Ammann, der vor drei Jahren sein Amt abgab. Er betont, dass sich der Verein als Künten-Gruppierung sehe und sich von Anfang an in der Öffentlichkeit engagierte und sich bei Festivitäten im Dorf beteiligte. «Früher führten wir auch eigene öffentliche Flugtage durch. Wegen Haftungsfragen verzichten wir heute darauf.»
Eigentlich attraktiv für Frauen
Im Modellflugsportverein Reusstal, Künten, ist Werner Fischer erst der zweite Präsident. Er löste Faruk Yeginsoy ab, war aber vorher nicht im Vorstand. «Ich unterstützte den Verein als Mitglied sehr.» Fischer freut sich, dass über alle 50 Jahre der Mitgliederbestand von anfangs 15 schon bald jeweils um 40 Personen betragen hat. «Leider hatten wir bis auf eine kurzzeitige Ausnahme nie Frauen dabei. Das wundert mich, denn es gibt historisch gesehen einige berühmte weibliche Pilotinnen.» So habe die spätere deutsche Erotikshop-Ketten-Betreiberin Beate Uhse im Zweiten Weltkrieg als Testpilotin der deutschen Luftwaffe gearbeitet und diesen Höchstrisiko-Job überlebt. «Das taten viele ihrer männlichen Kollegen nicht», weiss Fischer. «Frauen sind feinmotorisch den Männern gleichwertig bis überlegen. Sie behalten in brenzligen Situationen eher die Nerven und gehen weniger Risiken ein, nur um jemandem etwas zu beweisen.» Das seien alles Eigenschaften, welche den Modellflugsport auch für das weibliche Geschlecht attraktiv machen würden, ist Werner Fischer überzeugt.
Neue Leute begeistern
Da viele Vereinsmitglieder mittlerweile über 60 Jahre alt sind, setzen Werner Fischer und sein Verein vermehrt auf Nachwuchsförderung. Es brauche Leute jedes Alters und jedes Geschlechts. Diese Förderung geschieht mit einer eigenen Modellflugschule, welche letztes Jahr gestartet wurde. «Es funktioniert gut», freut sich der Präsident. Zudem möchte der Verein künftig Ferienpasskurse anbieten und gezielt interessierte Familien akquirieren. «Es ist ein tolles Hobby für Mamas, Papas mit ihren Töchtern und Söhnen», schwärmt Fischer. Zu den nächsten Vorhaben gehört aber auch die sukzessive Erneuerung des Vorstands. «Alle fünf langjährigen Vorstandsmitglieder sind jetzt für weitere zwei Jahre gewählt. Danach möchten die Ersten ihr Amt weitergeben», blickt er voraus. Etwas Schub erhofft sich Werner Fischer aber auch von der Hallenflug-Weltmeisterschaft, welche im Februar im Sportzentrum Burkertsmatt stattgefunden hat. Der Modellflugsportverein Reusstal, Künten, war mit einem eigenen Piloten dabei und unterstützte den Anlass im Hintergrund tatkräftig.
Das 50-Jahr-Jubiläum wird der Verein wohl im November mit einem internen Ausflug feiern. «Natürlich wäre ein öffentlicher Flugtag eine tolle Sache. Aber da hätten wir wieder Haftungsbedenken, denn ohne ein entsprechendes Gelände und ein sehr anspruchsvolles Sicherheitsdispositiv ist ein Flugtag heute nicht mehr machbar. Zumal präsentierte Flugzeuge bis 30 Kilogramm schwer sein können und Spannweiten über 6 Meter aufweisen. Passiert da schon mit einem kleinen Modell ein Unfall, könnte es gravierende Folgen haben», so Fischer. Deshalb werden die Mitglieder ihr Hobby auch weiterhin für sich geniessen. Und hoffen, dass sie es noch möglichst lange tun können.