Über die Kultur im Austausch
11.07.2025 Region Oberfreiamt, MusikKultur unterwegs
Für einmal sind Kulturinteressierte in der Natur unterwegs. Sie scheint gut anzukommen, die Verbindung von Bewegung, Begegnung und guter Musik. 85 Kulturinteressierte wollten sich die Musikwanderung im Rahmen des Festivals ...
Kultur unterwegs
Für einmal sind Kulturinteressierte in der Natur unterwegs. Sie scheint gut anzukommen, die Verbindung von Bewegung, Begegnung und guter Musik. 85 Kulturinteressierte wollten sich die Musikwanderung im Rahmen des Festivals «Boswiler Sommer» nicht entgehen lassen. --tst
Im Rahmen des Festivals «Boswiler Sommer» stand auch eine Musikwanderung auf dem Programm
Sie scheint gut anzukommen, die Verbindung von Bewegung, Begegnung und guter Musik. 85 Kulturinteressierte wollten sich die Musikwanderung im Rahmen des Festivals «Boswiler Sommer» nicht entgehen lassen.
Thomas Stöckli
Zum Zwitschern der Vögel gesellen sich virtuose Geigenklänge. Sie werden lauter, je näher die Wandernden der Forsthütte über Boswil kommen. Es ist die zweite Station einer Wanderung, die um 9.30 Uhr beim Künstlerhaus ihren Anfang genommen hat. Beim ersten Zwischenhalt, in der neuen Kirche Boswil, hatten Studierende aus der Klasse von Thomas Grossenbacher das mobile Publikum in die Welt der Violoncelli entführt.
Neue Erfahrung – auch für die Musikerinnen
Im Forst stehen nun zwei Geigen im Fokus. «Für mich ist das Format neu», verrät Violinistin Julia Schuller, als sie sich vor dem Eintreffen der Wandersleute für das Konzert bereit macht. «Es ist eine grosse Ehre, an dem Festival spielen zu dürfen», äussert sie sich zum Ansehen, welches sich der «Boswiler Sommer» erarbeitet hat. Und sie schätzt die neue Erfahrung, im Wald zu spielen, die Instrumente dahin zurückzubringen, wo das Material herkommt, aus dem sie gefertigt sind. Ihre Kollegin Anna Schultsz hat ihr Instrument zwar schon mal im Wald vor Publikum erklingen lassen, das Konzept der Musikwanderung ist allerdings auch für sie neu.
Die beiden Violinistinnen begeistern ihr Publikum mit einem virtuosen Duett-Repertoire. Die 85 Zuhörerinnen und Zuhörer geniessen – nach der schweisstreibenden Etappe mit vielen Höhenmetern in der Hitze – die Pause auf den bereitgestellten Bänken im Schatten der Baumriesen, staunen über die gute Akustik und lassen sich von der Atmosphäre in der idyllischen Naturkulisse verzaubern. Dazu passen das Plätschern des Brunnens und die Schmetterlinge, die über den Köpfen des Publikums zu tanzen scheinen.
Zuhören – der Musik und den Mitmenschen
Das Stichwort beim letzten Halt sei «einander gut zuhören» gewesen, ruft Co-Wanderleiter Michael Solomicky, stellvertretender Chefredaktor der «Schweizer Familie», in Erinnerung und schliesst mit einer rhetorischen Frage an: «Welche Disziplin bringt uns das besser bei als die Musik?»
Gleiches gilt für die Musikwanderung an sich. Sie schafft Begegnungen, bringt Menschen miteinander ins Gespräch, wie es ein konventionelles Konzert nicht vermag, und fördert das gemeinsame Lachen. Solomicky spricht in diesem Zusammenhang von «Errungenschaften der Zivilisation», vom «Gegenteil von Barbarei» und appelliert an die Kulturgemeinde, der Demokratie, der Gastfreundschaft und der Toleranz Sorge zu tragen. Denn schliesslich habe die Musik etwas Verbindendes: «Sie ist eine Sprache, die wir alle verstehen und empfinden.»
Gute Akustik im Wald
Und wie haben die jungen Violinistinnen es erlebt, vor Wandersleuten zu spielen? «Es hat total Spass gemacht», sagt Julia Schuller. Bewährt habe sich, die Noten nicht auf Papier, sondern auf dem iPad dabeizuhaben. «Die können nicht wegfliegen», sagt sie und lacht. Ein Thema ist die überraschend gute Akustik, nicht zuletzt dank des Forsthauses im Rücken der Musikerinnen.
Auf dem Weg von Boswil nach Oberschongau kommen die Wandersleute in den Genuss von insgesamt drei Konzerten sowie einem Mittagessen mit Grilladen und Salat. Vom Zielort zurück nach Boswil geht es im Bus. Zu diesem Zeitpunkt haben die Wandersleute schon gegen 300 Höhenmeter in den Beinen – und das bei drückender Sommerhitze.
Das Festival läuft weiter
Das Musikfestival «Boswiler Sommer läuft noch bis am Sonntag, 13. Juli. Dann steht unter anderem um 11 Uhr das Familienkonzert mit Maurice Ravel, Felix Mendelssohn und Bohuslav Martinu auf dem Programm, «da werden die Kinder aktiv einbezogen», betont Claudio Rossetti, Co-Wanderleiter und Geschäftsführer des Künstlerhauses. Am Violoncello wird dort auch Benjamin Nyffenegger zu hören sein, der das Festival gemeinsam mit Julia Fischer leitet. Auf der Wanderung hat er noch die Gelegenheit genutzt, sich unters Publikum zu mischen.
Weitere Infos zum «Boswiler Sommer» unter www.kuenstlerhausboswil.ch.