«Berührt vom Stolz der Metzger»
05.09.2025 Region Oberfreiamt, LiteraturChristof Burkards zweiter Krimi
Auch wenn er seit vielen Jahren in Zürich lebt, ist Christof Burkard dem Freiamt eng verbunden. In Waltenschwil aufgewachsen, engagiert er sich mittlerweile in der örtlichen Kulturkommission. Und der Jurist ist auch Autor ...
Christof Burkards zweiter Krimi
Auch wenn er seit vielen Jahren in Zürich lebt, ist Christof Burkard dem Freiamt eng verbunden. In Waltenschwil aufgewachsen, engagiert er sich mittlerweile in der örtlichen Kulturkommission. Und der Jurist ist auch Autor geworden. Mit «Saubermann» präsentiert er nun seinen zweiten Krimi und damit den zweiten Fall von Kommissar Blum. Dabei taucht er ein in die Welt der Metzger. Burkard hat einst als Jurist beim Fleischfachverband gearbeitet. --ake
Der gebürtige Waltenschwiler Christof Burkard veröffentlicht mit «Saubermann» seinen zweiten Krimi
Drei Leiharbeiter einer Fleischfabrik kommen ums Leben. Kommissar Blums zweiter Fall führt in Kühlräume, aber auch ins Labyrinth der Kryptowährungen. Themen, die auch Autor Christof Burkard beschäftigten. Er spricht über seine Inspiration und verrät, dass auch sein zweiter Krimi einen Bezug zu seiner Freiämter Heimat hat.
Annemarie Keusch
Christof Burkard: Vor einem Jahr ist «Starkstrom» erschienen. Christof Burkards erster Krimi. Der Jurist wagte sich ans Schreiben eines Krimis. Und er hat Spass daran gefunden. «Ich mag Probleme, irgendwie», sagte Burkard damals. Dass sein erster auch sein einziger Krimi bleiben würde, schloss er schon vor einem Jahr aus. Nun erscheint «Saubermann», Kommissar Blums zweiter Fall.
Gut ein Jahr ist vergangen, seitdem Sie den ersten Krimi veröffentlicht haben. Hat das Schreiben gleich viel Spass gemacht?
Ja, auf jeden Fall. Besonders wertvoll war, dass ich Kommissar Blum schon aus meinem ersten Krimi wirklich gut kenne. Ich weiss, wie er sich kleidet und auf Frauen zugeht, auch bin ich mir sicher, dass er Countryrock von Kris Kristoffersen und John Denver liebt. Die von mir erfundene Figur ist mir jetzt so vertraut, dass ich sie nicht nur im Aargau, sondern auch am Jurasüdfuss ermitteln lassen kann. Das gilt auch für seine Assistentin Sabine und andere Vertreter der Polizei. Sie haben ihre Rolle gefunden, sodass ich mehr aus ihrer persönlichen Geschichte erzählen kann.
Der erste Krimi spielte in der Energiebranche, nun im Metzgermetier. Sie haben als Jurist für den Fleischfachverband gearbeitet. Welche Verbindungen gibt es in die Branche?
Meine ersten Erinnerungen an das Metzgergewerbe habe ich aus meiner Kindheit in Waltenschwil. Als mir Metzger Stöckli über die Theke plötzlich keine Wursträdli mehr reichte, realisierte ich schmerzlich, dass das Älterwerden auch Nachteile hat. Ich arbeitete zwei Jahre als Jurist beim Fleischfachverband und habe in dieser Zeit sehr viel über die Freuden und Leiden der gewerblichen Metzgereien gelernt, die keine Nachfolger finden und keine treuen Kunden mehr haben. Ich durfte Einblick in die Gewerkschaft, die Verbandsorganisation und die industrielle Schlacht- und Importwirtschaft gewinnen. Als Kind sah ich noch Hofschlachtungen, längst ist das Metzgen ein geheim gehaltener Akt geworden. Bis heute fühle mich mit Metzgern freundschaftlich verbunden, auch habe ich wursten gelernt und gebe Wurstworkshops, das letzte Mal vor zwei Monaten im Ortsmuseum Waltenschwil.
Was inspirierte Sie zu diesem zweiten Blum-Krimi?
Zwei Momente. Erstens die sogenannte Ausbeinmeisterschaft, an der ich als Zuschauer einmal teilgenommen habe. Ich war berührt vom Stolz der Metzger, ein Selbstbewusstsein, das ja gegen jeden Zeitgeist geht. Zweitens die Einsichten in das industrielle Schlachtgewerbe, das uns den Fleischgenuss inzwischen fast ohne Schweizer Metzger ermöglicht.
Sie verbinden in «Saubermann» die Metzgerbranche mit Kryptowährungen.
Ich habe viel recherchiert, auf den Spuren aus meiner Verbandsarbeit. Ein ehemaliger Klient wurde Opfer eines Phishings und wandte sich vor zwei Jahren an mich. Er hat übrigens durch vorgetäuschte Kryptoanlagen über eine halbe Million Franken verloren. Daneben kenne ich andere, die mit denselben Anlagen finanzielle Unabhängigkeit gewonnen haben.
Was bereitet Ihnen Spass beim Schreiben von Krimis?
Krimis tragen eine Dringlichkeit in sich. Es gibt ein Problem, meistens ein Todesopfer, das Aufklärung verlangt.
Das Verbrechen treibt einen an, dem Täter auf die Spur zu kommen, es entsteht ein Sog, der einen durch eine ganze Welt führt und so fast von selbst die Story entstehen lässt. Man will ihr Ende kennen, bis der Täter überführt ist. Mit meiner Frau Hildegard Keller, die selbst auch Autorin und Literaturprofessorin ist, diskutiere ich oft über die Frage: Was nehmen Lesende in Kauf, damit sie bis zur letzten Seite am Ball bleiben?
Was gefällt Ihnen am Genre Krimi?
Der Krimi stellt am Anfang eine Frage, die nicht banal sein darf. Die Frage lautet: Wer war es und warum? Eigentlich muss die ganze Geschichte Hinweise und Holzwege enthalten. Es müssen Andeutungen zum Täter kommen, aber auch Hinweise, die einfach nur interessant sind, aber letztlich zum Falschen hinführen.
Im ersten Krimi «Starkstrom» kam das Freiamt am Rande vor – in «Saubermann»?
Das Freiamt bildet die Szenerie für den Anfang: das Countryfestival am Waldrand bringt die Magie der früheren Countryfestivals Stefan Gürbers zwischen dem Wohler Oberdorf und Waltenschwil ein: am Bremgarter Wald, der von der BDB in poetischen Kurven durchschnitten wird, muss Kommissar Blum dann zu einem schweren Verkehrsunfall, für den auch die renaturierte Bünz eine Ursache ist. Und es ist ein Kater aus dem Freiamt, der zu tragischen Schicksalen führt.
Ist das der Kater, der auf dem Cover abgebildet ist?
Genau, das ist der «Saubermann». Diesen Namen gab ihm meine Frau, die wie bei all unseren Büchern auch das Cover gestaltet hat. Wenn es hier um Oscars ginge, bekäme dieser Kater einen für die wichtigste Nebenrolle. Die Katze ist ein wenig das göttliche Prinzip, ist immer da und greift in gewissen Momenten ein, ist aber überhaupt nicht zu verstehen. Man sagt: «Es ist für die Katz» und meint dabei: für nichts. Aber dieses Nichts ist das unvorstellbar Grosse. Ich liebe Katzen. Sie sind unbestechlich, nicht dressierbar und für mich zumindest von überirdischer Weisheit. Die Katze auf dem Cover habe ich vor zehn Jahren auf dem Seelisberg kennengelernt. Sie suchte Kontakt, frass mir ein ganzes Pack Fleischkäse weg und verschwand dann ohne ein Zeichen von Verbundenheit. Sie hat mich mit ihrer vornehmen Arroganz verzaubert.
Persönlich
Christof Burkard, 1963, verlebte seine Jugend in Waltenschwil als jüngster Sohn einer Ladenbesitzerfamilie, was er nie ganz hinter sich gelassen hat. Er wohnt in Zürich und arbeitet als Jurist für einen nationalen Gewerbeverband. Für «Die Maulhelden» entwickelt er Stadttouren, stets auch mit kulinarischen Aspekten. Sein Debüt «Starkstrom» erschien 2024. Burkard pflegt die Verbindungen nach Waltenschwil nach wie vor und ist Teil der hiesigen Kulturkommission.