Bruggmann muss gehen
29.10.2021 SportTV Muri Handball trennt sich von seinem Trainer
Der Zeitpunkt erstaunt. Nach dem Derbysieg gegen Wohlen entlässt der TV Muri Handball Trainer Bruggmann.
Ohne Vorwarnung. Und das, obwohl man vor wenigen Tagen Rivale Wohlen im Derby relativ souverän besiegt hat. Dass sich der TV Muri Handball vom langjährigen Trainer Claude Bruggmann trennt, kommt überraschend, auch für Bruggmann selber. «Dieser Entscheid fiel uns nicht leicht», sagt Präsident Christoph Allemann. Bruggmann hingegen ist irritiert. «Jetzt, wo es wieder besser läuft», sagt er. --red
Überraschende Entlassung
Handball, 1. Liga: Der TV Muri trennt sich von Trainer Claude Bruggmann
Nach dem Derbysieg gegen Handball Wohlen wird TV-Muri-Trainer Claude Bruggmann entlassen. Es ist ein Rauswurf, der Fragen aufwirft. Warum jetzt? Und was sind die Gründe, dass man trotz klarer Aufwärtstendenz den jahrelangen Trainer nicht mehr will?
Stefan Sprenger
«Ich war überrascht und verwundert. Der Zeitpunkt ist merkwürdig», sagt Claude Bruggmann. Am vergangenen Mittwochabend wurde er vom Vorstand des TV Muri darüber informiert, dass er nicht mehr Trainer ist. In seiner sechsten Saison muss er gehen. Mittendrin. Ohne Vorwarnung. Und das, obwohl man vor wenigen Tagen Rivale Wohlen im Derby relativ souverän besiegt hat. «Der Vorstand hat Angst vor einem Abstieg und möchte etwas dagegen tun», meint der enttäuschte und gefasste Bruggmann.
In dieser Saison war vieles anders
Unter Bruggmann konnte der TV Muri einige Erfolge feiern. Mehrmals in den vergangenen Jahren spielten die Klosterdörfler an der Spitze der 1. Liga mit, schafften es (vor Einführung des neuen Modus) immer in die Finalrunde. Der TV Muri hatte nie etwas mit dem Abstieg zu tun. «Ich war eigentlich immer glücklich in den Bachmatten», so Bruggmann.
Doch in dieser Saison war vieles anders. Topskorer, Captain und Leistungsträger Carlo Femiano wechselte zu Stans in die NLB. Diese grosse Lücke gab es zu stopfen. Dazu kamen Abwesenheiten und Verletzungen von gleich drei wichtigen Teamstützen. Jan Heusi, Jerome Zucker und Lukas Schwenkfelder. Das «Abwehrbollwerk», wie es die Murianer gerne nennen, bröckelte heftig. 30 Tore kassierte das Team im Durchschnitt pro Spiel. Nur Schlusslicht Wohlen hat noch die schlechtere Defensive.
Doch nach einem schwachen Saisonstart zeigte die Formkurve zuletzt nach oben. Ein Unentschieden gegen das spielstarke Olten, der Derbysieg gegen Wohlen. Zudem sind Zucker und Schwenkfelder wieder aufs Feld zurückgekehrt. Und jetzt wird Trainer Bruggmann geschickt. «Jetzt, wo es wieder besser läuft, muss ich gehen. Sorry. Das ist doch einfach merkwürdig», findet Bruggmann.
Auch die Spieler sind überrascht
Auch für die erfahrenen Spieler kommt es überraschend. Jerome Zucker, 31, sagt: «Das kam unerwartet. Wir Spieler waren immer zufrieden mit dem Trainer. Er hatte in den letzten Monaten keinen einfachen Job mit vielen Verletzten, und auch die Trainingspräsenz war nicht sonderlich gut.» Goalie Tobias Wipf, 36, der früher auch in der Nationalliga A spielte, findet: «Nach einem Sieg im Derby den Trainer zu entlassen ist sicherlich überraschend. Auch, weil ein klarer Aufwärtstrend ersichtlich war.» Auch Wipf betont, dass Bruggmann ein starker Trainer sei. «Es ist, wie es ist. Die Hoffnung ist da, dass dieser Trainerwechsel neuen Schwung gibt.»
Paul Stöckli und Jan Heusi übernehmen
Und genau das erhoffen sich auch die Verantwortlichen des TV Muri. Präsident Christoph Allemann sagt: «Es ist ein Entscheid für eine neue und nachhaltige Lösung – und nicht gegen Bruggmann. Wir sind ihm extrem dankbar für seine starke Arbeit in den letzten Jahren.» Gemäss Allemann war für den Vorstand schon länger klar, dass es für Bruggmann die letzte Saison in Muri sein werde. «Irgendwann braucht es neue Inputs, neue Ideen und einen neuen Trainer.»
Und dieser neue Trainer ist Paul Stöckli, der bisherige Co-Trainer. Der verletzte Spielmacher Jan Heusi wird sein Assistent. Doch Stöckli ist in Muri bestens bekannt und war auch schon Trainer des «Eis». Kann er denn neue Inputs reinbringen? «Er hat Erfahrung mit jungen Spielern. Und angesichts des Generationenwechsels ist dies wichtig», so Präsident Allemann. Das Trainerduo Stöckli/Heusi sei auch eine Option für die weitere Zukunft. Dies sei aber unter anderem davon abhängig, ob Jan Heusi nach seiner Verletzung nochmals aufs Feld zurückkehrt – oder nicht.
Zum Zeitpunkt der Trainerentlassung meint Allemann: «Lieber jetzt als im Frühling. Paul Stöckli hat nun für die restlichen Spiele die Möglichkeit, ohne Druck zu arbeiten. Die Abstiegsrunde im neuen Jahr ist gebucht. Die Resultate der verbleibenden Spiele bis zur Abstiegsrunde spielen keine grosse Rolle. Der Zeitpunkt ist somit richtig.» Der TV Muri will in der Abstiegsrunde so stark wie möglich aufgestellt sein und den Klassenerhalt erreichen. «Die Diskussionen über einen allfälligen Trainerwechsel gab es schon länger. Es war nicht resultatabhängig. Für uns war es wichtig, dass wir einen Neustart machen», so Allemann. Trotzdem: Nach einem Sieg im Freiämter Derby wurde wohl noch nie ein Trainer entlassen.
«Jetzt bin ich auch mal entlassen worden»
Bruggmann, der zu NLB-Zeiten beim TV Muri spielte und als Trainer in der 1. Liga bei Dietikon und der NLB beim TV Endingen engagiert war, hat den Humor nicht verloren. Es sagt augenzwinkernd: «Jetzt bin ich auch mal entlassen worden und weiss, wie sich das anfühlt.» Und wie fühlt es sich an? «Nicht gut», sagt er und fügt an: «Ich glaube, wir hätten jetzt die Kurve gekriegt. Ich glaube, der TV Muri hat einen Fehler gemacht.» Dass ein Coach trotz steigender Formkurve entlassen wird, «kenne ich so aus der Sportwelt nicht».
Bruggmann gönnt sich jetzt eine Handball-Pause. «Ich kann in den Spiegel schauen und weiss, dass ich immer alles für den TV Muri gegeben habe. Für den Erfolg habe ich alles getan. Den Entscheid des Vorstandes kann ich aber nicht beeinflussen. Die Zukunft wird zeigen, ob es sich gelohnt hat», so Bruggmann, der auch in dieser schwierigen Situation anständig und fair gegenüber dem Verein bleibt. Präsident Christoph Allemann meint ebenfalls: «Bruggmann hat in Muri immer gute Arbeit geleistet. Die Trennung fiel uns emotional enorm schwer. Ende Saison sehen wir, ob dieser Entscheid den erwünschten Erfolg gebracht hat – oder nicht.»
Auswärts gegen Altdorf
Am Samstag (18 Uhr) spielt der TV Muri erstmals mit dem neuen Trainerduo Paul Stöckli und Jan Heusi. Es geht zum dritten Mal in dieser Spielzeit gegen den KTV Altdorf. In der Meisterschaft verlor man knapp (26:27). Beim vergangenen Aufeinandertreffen im Schweizer Cup war man chancenlos. Nach dem ersten Saisonsieg gegen Handball Wohlen reisen die Murianer aber mit breiter Brust in die Urschweiz. --tvm