«Dann hebe ich immer ab»
18.03.2025 MuriGalizia beeindruckte
Premiere im Sternensaal in Wohlen
«Öpeneso». So lautet sein neues Programm. Dabei macht sich Philipp Galizia seine Gedanken zum Anfang des Lebens. Und der weiteren Jahre. Der Kunstschaffende aus Muri tat dies im ...
Galizia beeindruckte
Premiere im Sternensaal in Wohlen
«Öpeneso». So lautet sein neues Programm. Dabei macht sich Philipp Galizia seine Gedanken zum Anfang des Lebens. Und der weiteren Jahre. Der Kunstschaffende aus Muri tat dies im Sternensaal in Wohlen auf eine beeindruckende Art und Weise. Humorvoll, authentisch und ab und zu mit etwas schrägen Geschichten. Das Publikum wurde jedenfalls bei der Premiere bestens unterhalten. Typisch Galizia. «Es war eine geile Premiere», sagt der 60-Jährige. Diese Einschätzung stimmt vollumfänglich. --dm
Philipp Galizia feierte mit seinem Programm «Öppeneso» eine beeindruckende Premiere im Sternensaal in Wohlen
Das Fazit könnte «öppeneso» klingen: Premiere sehr gelungen, Hauptdarsteller happy und erleichtert, Publikum sehr zufrieden und bestens unterhalten. Philipp Galizia bescherte dem Sternensaal einen wunderbaren Abend.
Daniel Marti
«Eigentlich», sagt Philipp Galizia, «ist es ja ein totaler Stress.» Allerdings, ein wenig ist er selbst überrascht über diesen einen Satz. Er muss schmunzeln, als er dies sagt während der Pause der Premiere für «Öppeneso». So ein neues Programm und vor allem die Premiere seien eben herausfordernd, sogar anstrengend, bis denn alles passt. Zwei Hauptproben habe er durchgespielt. Und danach sei er gar nicht zufrieden gewesen, gibt er zu. «Ich glaube, ich kann das Programm noch nicht gut genug», fügt er noch an. Das merkte man aber überhaupt nicht. «Ehrlich?», antwortet der Kunstschaffende aus Muri. «Das ist doch die grosse Erfahrung. Und wenn ich eines kann, dann das.» Er könne sich immer wieder gut «herausschnorren».
Philipp Galizia, der Tiefstapler? Ganz bestimmt. Und vorneweg: Er legte eine tolle Premiere hin im Sternensaal – trotz Stress. Das begeisterte Publikum wurde mit bester und wunderbarer Unterhaltung belohnt. Und wenn er auch mal bei einer Passage nachhaken musste, er konnte sich stets souverän herausreden. Seine Stärke eben. Philipp Galizia glänzte. Als Erzähler, als Musiker, als Künstler. Er war authentisch und einfach gut. Spontan und schlagfertig. Humorvoll sowieso. «Öppeneso» kommt an – «öppe» ziemlich gut.
Die «Chindlimachermusik»
Galizia macht sich «öppe» so seine Gedanken zum Anfang des Lebens. So die Ankündigung. Und tatsächlich fängt er ganz vorn, bei der Geburt an. Atmen. Pressen. Atmen. Pressen. So beginnt er das neue Programm. 97 von 100 Kindern werden im Spital geboren. Nur 0,7 Prozent aller Geburten sind Hausgeburten, weiss er zu erzählen. Und die eigene Geburt? Wenn er die Sorgen da draussen sehe, dann wäre er lieber noch ein wenig in der Mutter geblieben. Der Sechzigjährige erzählt ziemlich genau sein Leben – vor allem anhand der Instrumente, die er gelernt hat. Blockflöte, Trompete, Geige, Gitarre, Kontrabass. Die Blockflöte roch damals zwar nach Crevetten, von der Geige gab es nur ein paar wenige Töne. Aber: «Wer eine Gitarre hat, hat auch Frauen. Und mit dem Kontrabass kann man sich immer den Weg bahnen.» Schöne Weisheiten.
Zurück zur Geburt. Das Stück «Bolero» von Maurice Ravel, bekannt unter anderem durch den US-Spielfilm «Zehn – die Traumfrau», können auch Galizia am Kontrabass und Chrigi Roffler am Flügel perfekt. Genau dieses eine Stück habe er damals aus dem Elternzimmer gehört, erzählt Galizia. Neun Monate später sei sein Bruder auf die Welt gekommen. «Bolero» sei eben die «Chindlimachermusik», hat Galizia herausgefunden. Und so hat jede oder jeder seine Lieblingsmelodie (beim Kindermachen). «Und je nach Melodie gibt es coole Kinder.» Welche Kinder es mit der Schweizer Nationalhymne gibt, das deutete er nur an.
Er selbst – man mag staunen – verschrieb sich in jungen Jahren auch dem Punk. Und als der Redaktor von der Dorfzeitung bei einer Probe vorbeikam, sah sich die Punk-Band schon als Weltstars. Die Karriere endete im wirren Schulkonzert abrupt. Also frei nach Galizia waren es drei Konzerte. Das Erste, das Einzige, das Letzte.
Wie eine Heimkehr in den Sternensaal
Voller Humor und Leichtigkeit erzählte er über sein Leben. Eben an der Reihenfolge seiner Instrumente orientiert. Eigentlich einfach. «Eben nicht», widerspricht er nach der Vorstellung. «Alles stimmt bei dieser Geschichte nicht, aber sehr viel, das ist der Trick.» Einen Bruder hat er beispielsweise nicht – obwohl ihm das Stück Bolero gefällt. Fiktiv oder real – das Publikum soll es selbst herausfinden.
Ob als Musiker, Schauspieler, Erzähler oder Entertainer – das Publikum hatte seine helle Freude an Philipp Galizia und an seinem neuen Programm. «Öppeneso» kommt an. Sowieso im Sternensaal. Für Galizia war die Premiere im Sternensaal wie ein Heimkehren. Seine Premieren feierte er sonst stets in Baden, irgendwann in den 90er-Jahren einmal im Sternensaal in Wohlen. «Es macht Spass im Sternensaal, für mich ist das der beste Ort für eine Premiere», gibt er zu. Er mag dieses Kleintheater, die Sternensaal-Leute mögen Philipp Galizia. Drei ausverkaufte Premierenvorstellungen sind der Beweis dafür.
Aber auch im heimischen Sternensaal konnte er seine Nervosität vor dem Auftritt nicht verbergen. «Nervös?», fragte er, «wahnsinnig, immer wieder», und nahm hastig einen Zug nach dem anderen von seiner Zigi. Umso grösser war seine Erleichterung nach der Premiere. Nach dem tosenden Applaus und der Zugabe sei er froh gewesen, dass es vorbei war, und er spürte, «Öppeneso» kommt an. So allein auf der Bühne, das sei kein Durchlauf, kein Selbstläufer. Er sei erleichtert. «Ehrlich, es hat riesig Spass gemacht, das war schon eine geile Premiere.»
Ganz allein stand Philipp Galizia ja nicht auf der Bühne. Christian Chrigi Roffler am Klavier begleitete ihn bravourös. «Philipp ist einfach ein guter Geschichtenerzähler, eine Art Wolf im Schafspelz», und es mache unheimlich Spass, mit ihm auf der Bühne zu stehen, sagt Roffler. «Wir haben es immer gut miteinander und geniessen die gemeinsame Zeit», so der Musiker. Und die beiden ergänzen sich perfekt.
Auch ein Meister der Improvisation
Passend zur «Öppeneso»-Botschaft à la Galizia: «Man wird älter, mal gescheiter, mal dümmer.» Hauptsächlich soll man einfach eine gute Zeit geniessen. «Eifach en guti Zyt.» Das hatten das Premiere-Publikum und das Duo auf der Bühne.
Dass der Musiker dem Erzähler zwei- oder dreimal den Übergang erleichterte, kam schon vor, gehört jedoch zu einer Premiere. «Das hat alles gepasst», betont Roffler, «bei uns ist eben nichts fix, bei uns hat es immer Platz für Improvisation. Und Philipp reagiert stets auf meine Impulse.» Er sei ein Meister der Improvisation – auch das hat Galizia bewiesen. Wie harmonisch, diese beiden Künstler. Aber auch das entspricht der vorgelebten Gala bei «Öppeneso». Ein Kompliment, das Philipp Galizia natürlich sehr gerne teilt. «Wenn ich mit Chrigi auf der Bühne stehe, dann hebe ich immer so viel ab», sagt er und hält beide Arme weit auseinander.