Das Leben selbst schwer gemacht
14.05.2024 Sport, FussballFussball, 1. Liga classic: FC Münsingen – FC Wohlen 2:0 (1:0)
Beim FC Wohlen ist der Wurm drin. Beim dritten Spiel in der Serie tun sich die Freiämter schwer, Tore zu erzielen. Münsingen ist cleverer und effizienter und gewinnt am Ende mit ...
Fussball, 1. Liga classic: FC Münsingen – FC Wohlen 2:0 (1:0)
Beim FC Wohlen ist der Wurm drin. Beim dritten Spiel in der Serie tun sich die Freiämter schwer, Tore zu erzielen. Münsingen ist cleverer und effizienter und gewinnt am Ende mit 2:0.
Josip Lasic
«Schämen müssen wir uns alle. Schämen.» Wohlen-Stürmer Patrik Gjidoda ist nach der Partie gegen Münsingen ausser sich. Die Berner haben die Gäste aus dem Freiamt mit einfachsten fussballerischen Mitteln in die Knie gezwungen und sind in der Tabelle am FCW vorbeigezogen. Der Frust ist nachvollziehbar.
Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt. In der 7. Minute ist FCW-Captain Alban Pnishi der einzige, der Florian Ajeti attackiert. Als dieser an Pnishi vorbeiziehen kann, ist der Rest der Freiämter Abwehr zu weit weg, um dem Berner irgendwie gefährlich werden zu können. Er zieht ab und trifft zum 1:0. So steht es bis zur 88. Minute. Dann kommt Münsingen nach einem Fehlpass der Wohler zu einer Konterchance. Mileta Matovic kann den Gegenstoss nur mit einem Foul aufhalten. Den Penalty verwandelt Leandro Maqaj zum 2:0. Dazwischen läuft der FCW verzweifelt auf das gegnerische Tor an und scheitert immer wieder. Am gegnerischen Goalie, an der Abwehr und oft an sich selbst. «Es fehlt uns an Qualität», fasst Wohlen-Trainer Piu zusammen. «Es ist ja nicht so, als würden wir nicht zu Torchancen kommen. Aber wir gehen fahrlässig damit um.» Unter anderem zischt ein Kopfball von Gjidoda knapp am Pfosten vorbei. Und als Leotrim Nitaj allein vor dem gegnerischen Goalie auftaucht, schiesst er diesen ab. «Ich schaue mir die Torschützenliste an und sehe, dass bei anderen Vereinen Flügelspieler regelmässig treffen oder Leute aus dem Mittelfeld. Und bei uns scheitern alle. Der Ball muss ins Tor, sonst können wir nicht gewinnen. Da gibt es nichts zu diskutieren.»
Die Cleverness fehlt in vielen Situationen
Was man erwähnen muss: Die Wohler waren mit einer sehr jungen Mannschaft unterwegs. Guillaume Taty hat verletzt gefehlt, Bijan Dalvand war gesperrt. Leotrim Nitaj musste angeschlagen zuerst auf der Ersatzbank Platz nehmen, ebenso wie Patrik Gjidoda. Piu wollte es gegen Münsingen mit einem schnellen Angriff versuchen. Dieser Plan wurde schnell über den Haufen geworfen, als Pnishi in der 29. Minute verletzt rausmusste. Gjidoda kam rein, Wohlen fehlte aber ein weiterer Routinier.
Die Berner, bei denen kein Spieler unter 20 Jahre alt war, waren die erfahrenere und vielleicht dadurch auch etwas cleverere Mannschaft. «Das allein kann aber nicht der Grund sein», sagt Piu. Er verweist darauf, dass Noel Romano, der vor einer Woche gegen Muttenz nach seiner Einwechslung Schwung in die Partie gebracht hat, viel unsicherer wirkte. «Er spielt regelmässig und hat jetzt auch schon eine gewisse Erfahrung. Trotzdem ist ihm in diesem Spiel weniger gelungen als noch eine Woche zuvor.» Der Trainer weist ausserdem darauf hin, dass nicht nur die jüngeren Spieler Torchancen vergeben haben, falsche Entscheidungen trafen und sich Aussetzer wie Fehlpässe geleistet haben.
Hoffnungsschimmer: Debütanten
Im Gegenteil waren einige der jüngeren Spieler noch etwas vom Positiven, was man aus Münsingen mitnehmen konnte. Insbesondere das Trio, das zum ersten Mal in der 1. Liga classic zum Einsatz kam. Marlon Rizzo (18 Jahre alt), Leon Alimi (17) und Luca Nascimento (16) sind nach ihren Einwechslungen nicht abgefallen gegenüber ihren Teamkollegen. Besonders der junge Nascimento, Sohn von Trainer Piu, ist mit viel Mut und Kampfgeist aufgefallen. Er ging resolut in die Zweikämpfe und hat viele davon gewonnen. «Dass wir Fussball spielen können, wissen wir. Aber damit allein ist es noch nicht getan. Wir müssen auch ein Kämpferherz an den Tag legen», so Piu. Er hebt dabei Javi Gabathuler besonders hervor. Doch auch dieser leistete sich einen grösseren Aussetzer, als er in der ersten Halbzeit einen Ball mit voller Wucht in Richtung eigenes Tor schoss. Glück aus Wohler Sicht war, dass er am Tor vorbeiging. Es scheint, als wäre beim FCW vieles Kopfsache. Gegen Münsingen wirkte die Mannschaft nervös und spielte oft zu kompliziert. Ganz im Gegenteil zum Gegner, der mit einfachen Mitteln den Wohlern den Zahn ziehen konnte.
Piu und sein Staff müssen das in den kommenden zwei Spielen abstellen. Am nächsten Samstag, 16 Uhr, gastieren die Black Stars Basel auf den Niedermatten. Am letzten Spieltag, am Samstag, 25. Mai, spielen die Freiämter dann auswärts bei der U21 des FC Thun. «Die Black Stars werden mit Vollgas auf die Niedermatten kommen. Sie haben noch Chancen, in die Aufstiegsbarrage zu kommen, und werden sicher alles dafür geben», so Piu. «Aber wir müssen dagegenhalten und nochmals alles geben.» Aktuell liegen die Freiämter auf Rang 11. Im allerschlimmsten Fall könnte man bis zum Saisonschluss auf den 14. Rang runterrutschen. «Das wäre tragisch bei dem Aufwand, den wir betrieben haben, und gemessen daran, wie wir gespielt haben.» Der FC Wohlen war in vielen Spielen mit dem Gegner auf Augenhöhe, wenn nicht gar das bessere Team, und hat trotzdem verloren. Wie in Münsingen machen sich die Freiämter aber diese Saison das Leben selbst schwer.
Kader nimmt Formen an
Zehn Spieler bleiben beim FC Wohlen
Während Mannschaft und Staff versuchen, die laufende Saison zufriedenstellend zu beenden, laufen im Hintergrund beim FC Wohlen bereits die Planungen für die kommende Spielzeit. Mehrere Spieler haben ihre Verträge schon unterschrieben und bleiben dem Verein erhalten.
Dazu gehören die beiden Goalies Joel Bonorand und Cédric Künzli, die Routiniers Guillaume Taty, Mileta Matovic, Edison Golaj und Bijan Dalvand sowie die jungen Noel Romano, Javi Gabathuler und Justin Pfister. Demnächst erwartet man auch eine Einigung mit Leotrim Nitaj. «Damit haben wir ein Gerüst, um das sich herum aufbauen lässt», sagt Gregorio Trovato, Verantwortlicher «Sport» beim FC Wohlen. Weitere Gespräche stehen aus mit Patrik Gjidoda, Alban Pnishi, Sandi Sulejmanagic und Djordje Komatovic. «Wir haben auch schon Gespräche mit potenziellen Neuzugängen geführt. Es ist aber noch nichts spruchreif.»
Kleineres Kader geplant
Aktuell stehen noch viele weitere junge Spieler im Kader der ersten Mannschaft, wie Nermin Rogentin, Anto Franjic oder Noah Jappert. Diese möchte der FC Wohlen ebenfalls gern halten, aber die Teams ein wenig umstrukturieren. «Die zweite Mannschaft soll als verlängerter Arm der ersten Mannschaft dienen. Noch intensiver, als das bis jetzt der Fall ist», erklärt Trovato. «Im Juni werden wir Trainings durchführen, um danach zu beurteilen, wer im Kader in der 1. Liga classic steht und wer in der 2. Liga. Aber die Übergänge sind jetzt schon fliessend und das soll in Zukunft noch intensiver so gehandhabt werden.» Die Kaderplanung läuft beim FC Wohlen auf Hochtouren. --jl