Der Abend des Jahres

  23.02.2021 Kallern

Kallerer Dorfabend findet statt – einfach anders

Der Dorfabend ist in Kallern Kult. 2020 musste er abgesagt werden. Für 2021 suchten die Organisatorinnen nach anderen Möglichkeiten.

«Spiel mit» wäre heuer das Motto gewesen. «1, 2 oder 3» wäre im Dachsaal Trumpf gewesen. So war es geplant, anders wird es ausgeführt. Der Kallerer Dorfabend kann zum zweiten Mal hintereinander nicht so stattfinden, wie er im Dorf eine lange Tradition hat. Davon liessen sich die Schulleiterin Rebekka Glanzmann und Schulpflegerin Manuela Keusch-Horat nicht irritieren. --ake


Die heilige Kuh soll weiterleben

In Kallern organisieren Schule und Schulpflege den traditionellen Dorfabend etwas anders

Es ist jeweils der Anlass, an dem fast das ganze Dorf teilnimmt. Von Kindern bis zu Grosseltern, alle sind dabei. Schon letztes Jahr fiel der Kallerer Dorfabend der Pandemie zum Opfer. «Kein zweites Mal», dachten sich Schule und Schulpflege und liessen sich einiges einfallen.

Annemarie Keusch

Eigentlich stiege in Kallern am Samstag das grosse Fest. «Ja, der Dorfabend ist so etwas wie das grosse Highlight im Jahr», sagt Manuela Keusch-Horat. Sie ist in Kallern aufgewachsen und lebt mittlerweile mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern im Dorf. Nicht ganz seit Anfang und dem ersten Dorfabend, der 1982 stattfand, ist sie dabei. Viele verpasst hat sie aber auch nicht. «Mit dem Dorfabend sind wunderbare Erinnerungen verbunden», sagt sie. Vor allem als Kind seien die Abende der grosse Höhepunkt im Jahr. «Es ist der Anlass, an dem die Fünfjährigen bis in die Morgenstunden dabei sein dürfen», weiss sie aus eigener Erfahrung.

Aber auch für die Älteren im Dorf sei das Zusammenkommen an solchen Anlässen wichtig. «Eigentlich für alle», fasst Schulpflegerin Manuela Keusch-Horat zusammen.

Auch Schulleiterin Rebekka Glanzmann weiss um die Wichtigkeit des Anlasses im Dorf. «Sicher alle, die Kinder im Schulalter haben, sind dabei», sagt sie. Denn der Abend wird Jahr für Jahr von der Schulpflege in Kooperation mit der Schule organisiert. Alle Klassen studieren mit ihren Kindern Darbietungen ein. Die Vereine machen mit, auch einzelne Privatpersonen aus dem Dorf. Dass sich diesen Abend nicht viele Kallererinnen und Kallerer entgehen lassen, liegt entsprechend auf der Hand.

«Obenabe», «Slalom» oder «Trumpfbuur»

Der Dorfabend ist der Abend, bei dem die Bevölkerung dabei sein will, gar Ferien danach richtet. Nun fällt der traditionelle Anlass zum zweiten Mal der Pandemie zum Opfer. «Dass das passieren könnte, hätten wir vor einem Jahr schlicht nicht geglaubt», gesteht Manuela Keusch-Horat. Aber zwei Jahre hintereinander gänzlich ohne Dorfabend, das war auch unvorstellbar. Vor allem auch, weil die Einnahmen ein wichtiger Zustupf für die Skilager-Kasse sind. Also disponierte man um. «Normalerweise arbeiten wir nach genauen Checklisten und sind ein eingespieltes Team», sagt Rebekka Glanzmann. Für den Dorfabend 2021 mussten neue Ideen her.

Mikado-Stäbe für neues Pausenspiel verzieren

Möglichst viel Geld für das Skilager generieren, das war und ist das Ziel. Dass das Essen abgeholt werden kann, statt dass es im Dachsaal serviert wird, war schnell klar. Auch die Idee der zwei Lieder, die die Kallerer Kinder aufnahmen, kam schnell. Zudem können Mikado-Stäbe gekauft, verziert und zur Schule zurückgebracht werden. Daraus entsteht ein neues Pausenspiel. «Spiel mit» – so würde das Motto des kommenden Dorfabends heissen. Und so heisst es auch, wenn alle Teilnehmenden den Dorfabend bei sich zu Hause geniessen. Passend dazu heissen die verschiedenen Bestellmöglichkeiten «Obenabe», «Slalom», «Näll» oder «Trumpfbuur».

45 Familien haben sich bisher angemeldet, 144 Menüs sind bestellt. «Das freut uns ungemein», sagt Manuela Keusch-Horat. Sie freut sich, dass sich am Dorfabend viele Kallererinnen und Kallerer nah sind, trotz Distanz. «So können wir den Leuten in dieser schwierigen Zeit trotzdem etwas bieten», sagt Schulleiterin Glanzmann. Und das kommt an. «Es haben mir auch Leute geschrieben, die nicht mehr im Dorf leben, und gesagt, wie schön es ist, dass wir so etwas auf die Beine stellen», sagt Manuela Keusch-Horat. «Wir müssen und wollen das Feuer dieses Anlasses am Brennen halten», ergänzt Rebekka Glanzmann. Beide betonen, wie wichtig solche Anlässe gerade in kleinen Gemeinden seien.

Zentral ist der Dorfabend aber auch für das Skilager, die zweite «heilige Kuh» im Dorf. «Ja, auch da geht man als Kallerer Kind Jahr für Jahr mit», erzählt Manuela Keusch-Horat aus eigener Erfahrung. 20 Jahre am Stück war sie dabei, am Schluss als Leiterin. Heuer wäre sie als Verstärkung in der Küche mitgegangen. Sie ist ein Beispiel dafür, wie das Kallerer Skilager organisiert ist. Leute aus dem Dorf planen die Woche in Emmetten, kochen, sind Ski- und Snowboardlehrerinnen und -lehrer. Und dank den Einnahmen aus dem Dorfabend ist die Lagerwoche sehr günstig, 120 Franken für Kallerer Kinder.

Zukunft wegen Abschaffung der Schulpflege ungewiss

Wie es mit dem Dorfabend weitergeht, ist noch offen. Die Schulpflege, die eine treibende Kraft ist, wird per Ende Jahr aufgelöst. «Es sind verschiedene Szenarien denkbar», sagt Manuela Keusch-Horat. Zu weit in die Zukunft wolle man noch nicht schauen. Das letzte Jahr hat Spuren hinterlassen. Auch in Kallern wird nicht mehr weit im Voraus geplant. Auch weil dieser etwas andere Dorfabend zeigt, dass Ideen für Alternativen da sind und diese Ideen von der Bevölkerung mitgetragen werden.

Mehr Infos: www.kallern.ch.


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