Der Eishockey-Verrückte
13.02.2024 Sport, EishockeyMaximum rausholen
Freiämter Janick Steinmann ist Sportchef
Janick Steinmann musste seine Profikarriere früh beenden. Nun sorgt er als Sportchef für Aufsehen.
2015 musste er nach einigen Gehirnerschütterungen ...
Maximum rausholen
Freiämter Janick Steinmann ist Sportchef
Janick Steinmann musste seine Profikarriere früh beenden. Nun sorgt er als Sportchef für Aufsehen.
2015 musste er nach einigen Gehirnerschütterungen die Karriere beenden. Und das schon mit 28 Jahren. Er war für Zug, Kloten, Davos und Lugano im Einsatz und wollte mit dem Sport verbunden bleiben. Das gelang ihm bei den Rapperswil-Jona Lakers in der National League, wo er aus wenig Mitteln das Maximum rausholt. Steinmann – der seit 2017 in Muri lebt – spricht über die Vergangenheit und die Zukunft. --spr
Eishockey, National League: Der Murianer Janick Steinmann ist Sportchef der Rapperswil-Jona Lakers
Aus wenig Mitteln holt er das Maximum heraus. «Und ich will immer besser werden», sagt Janick Steinmann. Mit den Rapperswil-Jona Lakers erlebte er Höhenflüge. Doch jetzt ist der Wurm drin. «Irgendwann werde auch ich infrage gestellt», sagt der Ex-Profi, der sich seit sechs Jahren in Muri pudelwohl fühlt.
Stefan Sprenger
Es braucht nur wenige Momente, um zu merken, dass dieser Typ ein absoluter Eishockey-Verrückter ist. Seit der Saison 2019/20 ist er Sportchef der Rapperswil-Jona Lakers in der höchsten Schweizer Liga. Dazu sagt er: «Das ist für mich keine Arbeit, kein Zwang. Es ist meine Leidenschaft, ich gehe jeden Tag gerne zur Arbeit.»
Profikarriere in Zug, Davos, Kloten und Lugano
Der Mann aus dem Kanton Zug legte eine starke Profikarriere hin. Beim EV Zug wurde er ausgebildet, dort gab er auch sein Debüt in der Nationalliga A. Später spielte Steinmann für Davos, Kloten und Lugano. Mit dem HC Davos feierte er 2011 den Meistertitel. Sein letztes Eishockeyspiel machte er im Oktober 2015. Damals war er erst 28 Jahre jung. Mehrere Gehirnerschütterungen haben ihn zu diesem frühen Ende gezwungen. Es war rückblickend eine enorm schwierige Zeit. Auch heute noch spürt er die Auswirkungen der Gehirnerschütterungen, einige kognitive Fähigkeiten haben gelitten. Stundenlang vor dem Computer sitzen kann er beispielsweise nicht.
Trotz Karriereende auf dem Eis wollte er mit dem Sport verbunden bleiben. Bei seinem Heimatclub EV Zug gab man ihm die Chance. Er durfte dem Sportchef über die Schultern blicken, beim Scouting mithelfen, war Trainerassistent im Swiss-League-Team. Immer unterstützend war auch Hans-Peter Strebel, der Präsident und Mehrheitsaktionär des EV Zug, der ursprünglich aus Muri kommt.
Apropos Muri. Dort lebt Janick Steinmann – der am 10. Februar seinen 37. Geburtstag feierte – seit 2017. «Nach dem Karriereende suchten meine Frau und ich einen Ort, wo wir uns niederlassen können.»
Das Eisfeld in Wohlen und Lob an die Freiämter Vereine
Er stammt aus Zug, seine Frau aus Luzern. Voraussetzung war, dass es ein Ort ist, der zentral gelegen ist. «Und Muri ist perfekt.» Als sie eine hübsche Wohnung besichtigten, sind sie spontan quer durch Muri gelaufen – und waren auf Anhieb begeistert. Ihm, seiner Frau und den zwei gemeinsamen Kindern gefällt es hervorragend im Klosterdorf. «Es ist einfach eine lässige Gemeinde. Wir haben uns bestens eingelebt und integriert und kennen schon viele Menschen hier.» Sonntags geht die Familie beispielsweise oft in die offene Turnhalle in Muri. Die Familie Steinmann darf man mittlerweile als «Murianer» bezeichnen. «Und wir bleiben auch hier.»Er hat gemerkt, dass es in Muri viele EV-Zug-Fans gibt. Und die kennen ihn natürlich aus früheren Zeiten. Mit seinen Kindern besucht er auch, so oft er kann, ein Eisfeld. Das findet er in Wohlen im Schüwo-Park. «Ich kann mich noch an meine Zeit als Nachwuchsspieler erinnern, als wir in Wohlen oft Turniere spielten. Es hatte kein Dach. Es war – so glaube ich – das einzige Eishockeyspiel, bei dem ich bei vollem Schneefall dem Puck nachgespurtet bin. Unvergesslich.» Mittlerweile hat es ein Dach über dem Eisfeld in Wohlen. «Die Anlage ist sehr schön und ich höre immer wieder, wie die dortigen Eishockeyvereine gute Arbeit leisten.»
Nach Höhenflug ist jetzt der Wurm drin
Gute Arbeit geleistet hat auch Janick Steinmann. Er wurde 2022 gar zum Sportchef des Jahres ausgezeichnet. Er war Bestandteil und wichtiges Puzzlestück in den starken Saisons der Rapperswil-Jona Lakers. 2021 endet der Weg erst im Halbfinal, 2022 im Viertelfinal. Die Qualifikationsphase der Saison 2021/22 beendet das Team auf dem 4. Rang, eine Saison später sogar auf dem 3. Rang. Das Team aus dem Kanton St. Gallen schaffte es gar in die Champions Hockey League. «Die Erwartungshaltung ist seither gestiegen. Der Druck ebenso», sagt Steinmann. Mit wenigen Mitteln ist es gelungen, das Maximum herauszuholen. Und er ist dabei ein wichtiger Faktor. Er hat sich ein immenses Beziehungsnetz aufgebaut, um die notwendigen Informationen zu erhalten. Er setzt auch auf junge Spieler, schenkt ihnen das Vertrauen. Und er überlässt es bei der Verpflichtung eines Spielers so wenig wie möglich dem Zufall.
Er montiert die Lampen in der Wohnung der Profis
Steinmann ist kein gewöhnlicher Sportchef. Das zeigt nur schon der Umstand, dass er den ausländischen Spielern beim Suchen und Einrichten der Wohnung hilft. «Ich fahre mit ihnen in die Ikea, suche mit ihnen Möbel aus», sagt Steinmann lachend. «Und ich erwische mich immer wieder dabei, wie ich dann in der Wohnung dieses Spielers die Lampen montiere.» Das macht ihn nur noch sympathischer und bodenständiger.
Seine Hilfsbereitschaft und sein akribisches Schaffen haben auch Nachteile. «Hart arbeiten ist nicht immer einfach», sagt er. Es zehrt an den Nerven, manchmal hat er zu wenig Zeit für andere Dinge. Steinmann weiss das, aber er macht eben einen Job, der für ihn Leidenschaft pur ist.
Nach zwei richtig starken Saisons sieht es aktuell nicht so rosig aus für die Rapperswil-Jona Lakers. Rang 12 (von 14 Teams). Es droht gar die Teilnahme an den Play-outs. Rang 10 und die damit verbundene Play-in-Qualifikation scheint kaum noch möglich. «Wir müssen auf uns schauen, Spiel für Spiel nehmen», sagt er. «Der 10. Platz liegt vielleicht noch drin.»
«Fehler haben wir einige gemacht»
Janick Steinmann ist schon in der Planung für die nächste Saison. Spieler, Staff, Coaches – auch für den Nachwuchs. Dies alles gilt es zusammenzustellen für die Saison 2024/25. Wichtig: Man will aus den Fehlern lernen. «Und von denen haben wir einige gemacht diese Saison.» Er ist dabei auch selbstkritisch, hinterfragt sich stets. «Auch ich habe Entscheidungen getroffen, die im Nachgang nicht immer richtig waren.» Falls die Negativspirale anhält, könnte man irgendwann auch seine Person infrage stellen. «Das sind die Mechanismen im Sport, dessen bin ich mir bewusst.» Doch davon lässt er sich nicht beeinflussen. Und es gibt auch andere Erklärungen für den ausbleibenden sportlichen Erfolg: «Wir hatten sehr viel Verletzungspech.»
Was er sich für die Zukunft wünscht, ist mehr Bodenständigkeit. «Plötzlich waren wir ganz vorne dabei, gehörten zu den besten vier Teams des Landes. Wir müssen uns aber vermehrt auch an unserem Budget messen. Die Realität ist eher ein Platz unter den Top 10, dann wäre das schon richtig gut. Rapperswil-Jona ist und bleibt ein kleiner Verein.» Zwei Dinge scheinen sicher zu sein für Janick Steinmann: «Erstens wird es mir wohl nicht langweilig werden in diesem Job.» Und zweitens? «Ich liebe Eishockey und liebe diese Arbeit.»