«Der Entscheid ist definitiv»
02.05.2025 MuriSpital: Entscheid ist definitiv
Weit über 7000 Unterschriften in zwei Petitionen. Ein offener Brief von verschiedenen Parteien der Bezirke Muri und Bremgarten. Die vor gut zwei Monaten angekündigte Schliessung der Geburtshilfe am Spital Muri löste in der ...
Spital: Entscheid ist definitiv
Weit über 7000 Unterschriften in zwei Petitionen. Ein offener Brief von verschiedenen Parteien der Bezirke Muri und Bremgarten. Die vor gut zwei Monaten angekündigte Schliessung der Geburtshilfe am Spital Muri löste in der Bevölkerung und in der Politik so einiges an Reaktionen aus. «Das hat uns tief bewegt», schreiben die Verantwortlichen in einer Medienmitteilung. Sie betonen aber gleichzeitig, dass der Entscheid definitiv sei. --ake
Spital Muri nimmt Stellung zu den Reaktionen zur Schliessung der Geburtshilfe
Dieser Entscheid hat einiges ausgelöst. Dass die Geburtshilfe per Ende Jahr schliesst, liess Bevölkerung und Politik emotional reagieren. Ein offener Brief ging ein, zwei Petitionen wurden lanciert. Nun nimmt das Spital Stellung und nimmt vorneweg: «Der Entscheid bleibt bestehen.»
Annemarie Keusch
«Wir bitten Sie eindringlich, die Entscheidung zu überdenken.» In einem offenen Brief wandten sich Die Mitte Bezirk Muri, SP Bezirk Muri, FDP Bezirk Muri, Grüne Bezirk Muri, Die Mitte Bezirk Bremgarten und SP Bezirk Bremgarten vor rund zwei Wochen an die Spitalleitung. Nochmals machten sie alle Argumente geltend, die gegen eine Schliessung der Geburtshilfe am Spital Muri sprechen. So, wie sie in zwei Petitionen vorher bereits aufgeführt wurden. 7331 Unterstützer zählte die Petition «Herz und Seele bewahren – Nein zur Schliessung der Geburtshilfe», 236 die Petition «Frauen brauchen Hebammen in Muri». Die geplante Massnahme löste viele Emotionen aus – Unmut, Unverständnis, Ohnmacht. Die grosse Zahl an Unterschriften und der offene Brief aus der Politik führten dazu, dass hie und da Hoffnung aufkam. Hoffnung, die nun seitens des Spitals in einer Stellungnahme zunichtegemacht wird. Es ist nur ein Satz: «Der Entscheid zur Schliessung der stationären Geburtshilfe ist definitiv.»
Die Verantwortlichen des Spitals schreiben aber auch, dass das grosse Interesse und die zahlreichen Reaktionen aus der Bevölkerung sie tief bewegt haben. «Sie zeigen die starke Verbundenheit mit unseren Mitarbeitenden, Hebammen und dem gesamten geburtshilflichen Team.» Die grosse Anteilnahme zeige auch, welch wichtige Rolle das Spital Muri in der Region spiele. Und nochmals halten sie fest, was sie schon Mitte Februar mit der Bekanntgabe des Entscheids betonten: «Der Entscheid zur Schliessung der stationären Geburtshilfe ist dem Stiftungsrat nicht leichtgefallen.» Sorgfältig abgewogen und mehrfach transparent erläutert sei er worden. Die strategischen Gründe wurden aufgezeigt und werden als Antwort an die Petitionäre und die Absender des offenen Briefes nochmals genannt.
Keine 40 Prozent aus den Bezirken Muri und Bremgarten
Einer der wesentlichen Faktoren ist dabei die rückläufige Nutzung des Geburtshilfeangebots. Die Zahl der Geburten ist in den letzten Jahren stetig gesunken. «Trotz hoher Qualität und Kompetenz und trotz fortlaufenden Bemühungen, das Angebot für Gebärende attraktiv zu gestalten», schreiben die Verantwortlichen. Eine Trendwende sei nicht in Sicht. Nicht einmal 40 Prozent der Babys aus den Bezirken Muri und Bremgarten kommen in Muri zur Welt. «Trotz der Schliessung der Geburtenabteilungen in Affoltern und Menziken. Gebärende und Familien aus der Region wählen also schon heute vermehrt andere Geburtseinrichtungen.»
Zudem heisst es in der Medienmitteilung, dass auch nach der Schliessung der Geburtshilfe in Muri von überall her im Freiamt innert 30 Minuten ein Gebärsaal zu erreichen sei. «Es gibt keinerlei Vorgaben, dass diese Zeit kürzer sein muss.» Komme hinzu, dass schon heute Zwillings- und Risikogeburten an spezialisierte Spitäler weitergeleitet würden. Auch Frühgeborene können in Muri nicht betreut werden, da das Spital keine Neonatologie habe. Darum betonen die Verantwortlichen: «Die geringe Zahl von 500 Geburten pro Jahr reicht nicht aus, um eine Geburtseinrichtung für qualifiziertes Fachpersonal attraktiv zu gestalten, dauerhaft eine hohe medizinische Qualität zu gewährleisten und wirtschaftlich zu betreiben.»
Eigenkapital ist an Infrastruktur gebunden
Dabei betonen die Verantwortlichen seitens des Spitals, dass der Fachbereich Gynäkologie mit seinem zertifizierten Brustzentrum von der Schliessung der stationären Geburtshilfe nicht tangiert sei. «Das Spital Muri bleibt ein verlässlicher und kompetenter Partner für moderne Frauenheilkunde und betreut Frauen von der Pubertät bis ins hohe Alter.» Die Anpassung des medizinischen Angebots an die demografische Entwicklung erlaube es dem Spital, verstärkt auf Bereiche mit wachsender Nachfrage wie die Orthopädie und die Akutgeriatrie einzugehen. Schliesslich sei man als Stiftung dem Zweck und Erhalt des Spitals verpflichtet.
«Gerade in der Geburtshilfe zeigt sich die strukturelle Unterfinanzierung im Tarifsystem besonders deutlich. Die Fallpauschalen decken die tatsächlichen Kosten bei Weitem nicht.» Um eine defizitäre Geburtenabteilung über weitere Jahre subventionieren zu können, dafür fehlten die überschüssigen flüssigen Mittel. «Ein grosser Teil des Eigenkapitals ist in der Infrastruktur gebunden.» Zudem müsse das Spital kreditwürdig bleiben, weil es für seine Geschäftstätigkeit stets auf eine Fremdfinanzierung angewiesen sei.
Der finanzielle Druck sei gross, wie bei den meisten Spitälern. «Die ambulanten und stationären Tarife sind unzureichend und die betriebswirtschaftlich notwendige Gewinnmarge von mindestens zehn Prozent wird seit Jahren nicht erreicht.» Damit fehle es an den finanziellen Mitteln, um nachhaltig in Infrastruktur und Fachpersonal zu investieren. «Beides ist jedoch zentral, um die medizinische Versorgung im Freiamt langfristig sicherzustellen.» Dabei halten die Verantwortlichen fest, dass die Verantwortung für Rahmenbedingungen nicht beim Stiftungsrat oder bei der Spitalleitung liege, sondern bei der Politik.
Diese Woche deponierten vier Freiämter Grossräte mit Sprecher Harry Lütolf eine Motion, um die kantonsweite Geburtshilfe unter medizinisch gesicherten Rahmenbedingungen sicherzustellen. Die Berichterstattung dazu findet man im Ressort Wohlen.